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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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ohne einen Zoll zurückzuweichen. »Dass ich das Leben eines Mannes gerettet habe, den du bis zum Morgengrauen hättest verbluten lassen?«
    Als Antwort schlug Inevera Leesha ins Gesicht und kratzte ihr mit ihren scharfen Nägeln die Haut auf. Leesha wurde zur Seite geschleudert, und bevor sie sich fangen konnte, zückte die Frau eine gekrümmte Klinge und griff sie wieder an.
    »Du bist es nicht wert, dich in der Gegenwart meines Gemahls aufzuhalten, geschweige denn, in seinem Bett zu liegen!«, spuckte Inevera.
    Leesha griff blitzschnell in eine ihrer vielen Schürzentaschen, und als Inevera näherkam, schnippte sie der Damajah ihre Finger ins Gesicht und verstreute ein winziges Wölkchen Blendpulver.
    Kreischend wich Inevera zurück und schlug die Hände vors Gesicht, während Leesha ihre Balance wiederfand. Inevera schüttete sich einen Krug Wasser ins Gesicht, und als sie dann Leesha anstarrte, rann ihr Schminkpuder in hässlichen Streifen herunter. Ihre stark geröteten, hasserfüllten Augen funkelte mörderisch.
    »Genug!«, donnerte Jardir und stellte sich zwischen die beiden Frauen. »Ich verbiete euch, miteinander zu kämpfen!«

    » Du willst mir etwas verbieten?!«, höhnte Inevera. Leesha empfand ähnlich wie sie - Jardir konnte ihr genauso wenig Vorschriften machen wie Arlen - doch Jardir richtete das Wort einzig und allein an Inevera. Er reckte den Speer des Kaji in die Höhe, damit jeder ihn sehen konnte.
    »In der Tat!«, brüllte er. »Hast du die Absicht, dich meinem Befehl zu widersetzen?«
    Ein beklemmendes Schweigen senkte sich über den Raum, und die anderen dama’ting tauschten verstörte Blicke. Inevera mochte über sie gebieten, aber Jardir war die Stimme ihres Gottes. Leesha konnte sich sehr gut vorstellen, was passieren würde, wenn Inevera nicht nachgab.
    Aber die Frau schien zu wissen, wann sie sich geschlagen geben musste. Sie wirbelte herum und rauschte aus dem Hospital; mit einem Fingerschnippen bedeutete sie den anderen dama’ting, ihr zu folgen, die hastig aufstanden und ihr mit wehenden Gewändern hinterher segelten.
    »Dafür werde ich büßen«, murmelte Jardir vor sich hin. Er sprach Krasianisch, aber Leesha hatte ihn verstanden. Einen Moment lang ließ er die Schultern hängen, und er sah nicht mehr aus wie der unbesiegbare und unfehlbare Anführer Krasias, sondern eher wie ihr eigener Vater nach einem Streit mit Elona. Sie konnte beinahe sehen, wie Jardir sich die unzähligen Möglichkeiten vorstellte, mit denen Inevera ihm das Leben zur Qual machen konnte, und es zerriss ihr das Herz.
    Doch dann gellte der Schrei einer Frau durch die Stille; Jardir schüttelte seine Müdigkeit ab und war wieder ganz der mächtigste Mann der Welt.

29
    Eine Prise Nachtschatten
    333 NR - Sommer
     
     
    D er nordländische Riese brüllte wie ein Löwe, als Jardir aus dem Sanktuarium der dama’ting herausstürzte, dicht gefolgt von Leesha. Amkaji und Coliv hatten dem Holzfäller Stricke um die Handgelenke geschlungen, und jeweils drei dal’Sharum zogen an einem Arm und versuchten ihn zu bändigen wie einen tobenden Hengst. Ein Krieger klammerte sich hartnäckig an seinen kolossalen Rücken, verschränkte seine Arme vor der Kehle des Hünen und gab sich alle Mühe, ihm die Luft abzudrücken, doch man merkte Gared nicht an, ob er diese fruchtlosen Versuche überhaupt spürte. Die Füße des Kriegers pendelten hoch über dem Boden, und auch die Männer, die an den Stricken zerrten, mussten hin und her stolpern, um ihn nicht loszulassen.
    Rojer wurde von einem anderen dal’Sharum gegen eine Wand gedrückt; der Jongleur war völlig hilflos, während der Krieger, der ihn mit einer Hand geradezu lässig festnagelte, mit amüsiertem Grinsen die Vorgänge beobachtete.
    »Was ist hier los?«, schnauzte Jardir. »Wo ist die Frau, die gerade geschrien hat?«
    Ehe einer der Sharum antworten konnte, ertönte wieder ein Schrei; er kam aus einer Gasse zwischen den Gebäuden. »Jedem Krieger, der einem der Nordländer auch nur ein Haar krümmt,
werden die Hände abgehackt, sobald ich zurückkomme!«, brüllte er, bevor er an allen anderen vorbei und in die Gasse hineinrannte.
    In dem Durchgang entdeckten sie Wonda; ein Krieger hielt sie von hinten fest, der plötzlich ein Geheul ausstieß, als sie ihn in den Arm biss. Ein zweiter Mann krümmte sich am Boden und presste sich die Hände in den Schritt, und ein dritter, Jurim, lehnte an der Mauer und starrte entsetzt auf seinen Arm, der in einer bizarren

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