Das Flüstern der Stille
sitzt schief auf meiner Nase, und ich nehme sie ab, um sie wieder gerade zu biegen. Ich sehe, dass sich die Vorhänge bewegen. Fielda muss das vorfahrende Auto gehört haben. Ich sehe, wie sie kurz hinausschaut, dann öffnet sich die Eingangstür, und sie eilt mir entgegen, um mich zu begrüßen. Hinter ihr stehen ihre Mutter und eine Frau, die ich nicht kenne.
„Hast du sie gefunden, Martin, hast du Petra gefunden?“ Sie umklammert meinen Arm, und in ihrer Stimme höre ich den hysterischen Unterton, den sie schon bei ihrem Gespräch mit Agent Fitzgerald hatte. Ich frage mich kurz, was mit ihm passiert ist; ich habe seit Stunden nichts mehr von ihm gehört.
Ich ziehe Fielda in meine Arme und halte sie fest. Ich fühle, wie ihr Körper gegen meinen sinkt, und sofort wird mir mein Fehler bewusst.
„Sie lebt.“ Ich bringe es nicht über mich zu sagen, es geht ihr gut. Das kann ich meiner Frau nicht sagen.
Fielda schreit vor Erleichterung und Glück auf. „Danke, Gott, danke!“, ruft sie, immer noch an mich geklammert. „Danke, Martin, dass du sie gefunden hast. Wo ist sie? Wo ist sie?“ Fielda schaut sich um, als ob Petra irgendwo im Vorgarten spielen würde.
Ich räuspere mich. Vorsicht, ermahne ich mich. Versetz sie nicht in Panik. „Sie ist im Krankenhaus.“
„Oh, natürlich.“ Sie schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. „Es geht ihr doch aber gut, oder?“
„Ich denke, es wird ihr wieder gut gehen. Du musst jetzt so schnell wie möglich zu ihr“, sage ich.
„Was soll das heißen, du denkst, es wird ihr wieder gut gehen? Was ist passiert, Martin? Los, lass uns das Auto holen und zu ihr fahren.“
„Sie haben sie ins Krankenhaus nach Iowa City gebracht. Die Sanitäter meinten, es sei das beste Krankenhaus für sie.“
„Iowa City? Warum das?“ Fielda tritt einen Schritt zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. Die Frau, die ich nicht kenne, kommt auf uns zu und legt beschützend eine Hand auf Fieldas Schulter.
„Fielda?“, sagt die Frau. „Fielda, ist alles okay?“, fragt sie.
„Ich weiß es nicht.“ Fieldas Stimme ist zu laut für die Stille der Nacht. Sogar die Grillen haben aufgehört zu zirpen. „Ich weiß es nicht“, wiederholt Fielda. „Martin?“
Ich nehme ihre Hand und ziehe Fielda mit mir, lasse die Frau einfach stehen.
„Du sagst mir jetzt sofort, was passiert ist!“ Im Licht der Terrassenlampe kann ich die Tränen in Fieldas Augen sehen. Ich muss es ihr jetzt sagen, und ich muss ihr alles sagen.
„Wir haben Petra auf dem Felsen gefunden. Sie war verletzt …“ Ich schlucke schwer. „Sie war auf viele Arten verletzt, aber sie hat noch geatmet. Sie hatte Schnitte und Prellungen am Kopf. Ein Helikopter hat sie von da oben heruntergeholt. Sie haben sie nach Iowa City geflogen. Inzwischen sollte sie dort angekommen sein. Du musst jetzt zu ihr, Fielda, sie braucht dich.“
„Wird sie sterben?“, fragt Fielda. „Wird mein kleines Mädchen sterben?“ Ihre Stimme hat einen stählernen Unterton, als wollte sie mich dazu herausfordern, zuzugeben, dass der Tod eine Möglichkeit sein könnte.
„Nein!“, sage ich mit mehr Überzeugung, als ich empfinde. „Kannst du allein nach Iowa City fahren?“
„Warum?“ Fielda sieht verwirrt aus. „Warum kommst du nicht mit?“
„Ich kann nicht. Ich muss bei den Ermittlungen helfen“, sage ich in der Hoffnung, dass sie keine weiteren Fragen stellen wird.
„Ermittlungen? Haben sie den Kerl, der das getan hat? Wer war es, Martin, weißt du es?“
Ich nicke. „Ich weiß es. Du musst jetzt gehen. Kannst du allein fahren, Fielda?“
Fielda sieht mich an, als ob sie noch etwas fragen will, aber irgendetwas an meinem Gesichtsausdruck hält sie davon ab.
„Ich kann sie hinbringen“, wirft die unbekannte Frau ein, während sie näher kommt. Und zum ersten Mal schaue ich sie mir genauer an.
„Ich bin Mary Ellen McIntire.“ Sie streckt mir die Hand entgegen, und ich erkenne sie aus den Nachrichten, als sie damals um die sichere Rückkehr ihrer Tochter gefleht hatte.
Ich nehme ihre Hand. „Ich habe von Ihnen gehört, von Ihrer Familie. Es tut mir wirklich aufrichtig leid.“
„Ich werde Fielda und ihre Mutter fahren.“ Sie schaut Fielda an, ob ihr das recht ist. Fielda nickt, mustert mich aber immer noch aufmerksam.
„Was ist mit dir passiert, Martin? Ist das Blut?“ Sie zeigt auf mein fleckiges Hemd.
„Mir geht es gut. Und jetzt geh bitte. Ich komme nach, so schnell ich kann. Sag Petra, dass ich
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