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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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Nachbarin.
    „Gut. Wenn die Reporter Ihnen Fragen stellen, sagen Sie ihnen, dass sie in …“, Fitzgerald schaut auf seine Uhr, „… ungefähr einer Stunde mit ihnen sprechen werden.“ An mich gewandt fügt er hinzu: „Reicht das, damit Sie Ihre Gedanken sammeln und mit Mrs. Gregory sprechen können?“
    Ich nicke, auch wenn ich in Wahrheit keine Ahnung habe, ob ich dann bereit sein werde oder nicht.
    „Sie und Mrs. Gregory und Mrs. Clark werden als Erste sprechen. Dann gebe ich der Presse einen kurzen Überblick über den Stand der Ermittlungen und beantworte alle Fragen, die möglicherweise gestellt werden. Okay?“
    Ich nicke erneut und stehe auf. „Ich geh und hole Fielda“, sage ich resigniert.
    Auf einmal herrscht draußen großer Aufruhr, einige Rufe ertönen, aber sie sind nicht wütend. Sehr wahrscheinlich die Presse. Schnell geht Agent Fitzgerald zu einem Fenster an der Vorderseite des Hauses.
    „Mr. Gregory, Sie gehen besser hinten raus“, instruiert er mich. „Verdammte Presse“, flucht er dann noch leise.
    Ich eile an seine Seite und sehe, was ihn so beunruhigt. Fielda steigt aus dem Auto ihrer Mutter und geht benommen die Auffahrt der Clarks hoch. Eine Reporterin und ihr Kameramann kommen auf sie zu, und sie sieht so verwirrt aus. Ängstlich huschen ihre Augen hin und her auf der Suche nach Hilfe, und ich stürme aus dem Haus und renne zu ihr.
    „Sind Sie mit einem der vermissten Mädchen verwandt?“, will die Reporterin wissen. „Was wissen Sie über die Beweise, die im Garten gefunden wurden?“
    Fielda schaut mich verzweifelt an. Ihr blumenbedrucktes Kleid ist zerknittert, ihre Haare auf einer Seite ganz platt gelegen, zerwühlt, die Wimperntusche unter den Augen verschmiert, und auf einer Wange kann man noch den Abdruck des Kopfkissens sehen.
    „Wir haben gehört, dass die Mutter von Jenna McIntire in der Stadt ist. Haben Sie Mary Ellen McIntire schon getroffen? Hat sie Ihnen irgendwelche Tipps gegeben, wie Sie mit der Situation umgehen sollen?“ Die Reporterin, eine seriöse Frau in einem roten Anzug, streckt uns ein Channel-4-Mikrofon ins Gesicht.
    Fielda wird ganz steif und schaut zu mir auf. Einen fürchterlichen Moment lang denke ich, dass sie ohnmächtig wird. Kurz verdreht sie die Augen, aber ich umfasse fest ihre Schultern und halte sie eng an mich gedrückt. Sie fängt sich wieder, und ich führe sie von Antonias Haus weg. Antonia folgt uns. Agent Fitzgerald nimmt unseren Platz ein und stellt sich der Reporterin vor.
    Fielda atmet ein paarmal tief durch. „Es geht mir gut, Martin. Sag mir, was los ist. Ich kann damit umgehen.“
    Meine Zweifel müssen mir anzusehen sein, denn sie wirft mir einen harten Blick zu. „Martin, es geht mir gut! Versprochen. Es muss mir gut gehen, wenn ich Petra irgendwie helfen will. Sag mir, was los ist, damit wir entscheiden können, was als Nächstes zu tun ist.“

Ben
    Calli, erinnerst du dich noch daran, als ich in einem Baum geschlafen habe? Der große Kletterbaum kurz hinter Willow Wallow? Ich war neun, also musst du vier gewesen sein, hast schon nicht mehr gesprochen. Ich hatte die Nase so voll davon, wie jeder versucht hat, dich zum Reden zu bringen. Das war alles, was Mom noch interessierte, dich dazu zu bringen, irgendetwas zu sagen.
    Sie setzte dich immer an den Küchentisch und sagte Sachen wie „Willst du etwas Eis, Calli?“.
    Du hast genickt. Ich meine, welches Kind würde an einem Dienstagmorgen um halb zehn kein Eis wollen?
    „Sag bitte , Calli“, forderte Mom, „und dann kannst du leckere Eiscreme haben!“ Sie sprach in dieser hohen, nervtötenden Tonart, die man bei Babys benutzt, wenn man ihnen blöden Kartoffelbrei einflößen will.
    Natürlich hast du nie geantwortet. Aber Mom hat es wieder und wieder versucht. Das Eis war schon ganz weich und warm geworden, und sie saß immer noch am Tisch und hat versucht, dich zum Essen zu überreden, obwohl du nichts anderes wolltest, als Sesamstraße zu gucken.
    Am Ende hattest du immer noch nichts gesagt, und Mom hat dir eine neue Schüssel mit Eis gegeben, die du vor dem Fernseher essen konntest. Kein wirklich großer Anreiz, wenn du mich fragst. Selbst eine Vierjährige hat nach zwei oder drei Mal durchschaut, dass sie nur lang genug warten muss, um trotzdem ihr Eis zu bekommen.
    Eines Tages hatte ich einfach genug. Ich ertrug es nicht mehr zuzusehen, wie Mom versuchte, dich zu bestechen, damit du endlich wieder sprichst, wo sogar ich wusste, dass das nicht passieren

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