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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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Rettungsaktion den Felsen hinunter ist bei Tageslicht schon schwierig genug, aber im Dunkel der Nacht wird es sehr kompliziert. Ich habe angeordnet, dass mehrere geländegängige Fahrzeuge zum Weg kommen, um die Sache zu beschleunigen. Außerdem habe ich die Vermittlung angewiesen, den Hubschrauber aus Iowa City in Bereitschaft zu halten, falls wir es mit schweren Verletzungen zu tun haben.
    „Petra ist nicht tot, Martin.“
    Er schaut mich an. „Hat Calli dir das gesagt?“
    „Nicht in Worten, aber ich habe sie befragt. Sie hat gezeigt, dass Petra oben am Hobo Hollow ist. Sie ist verletzt, aber sie konnte nicht sagen, wie schlimm.“
    „Hat sie dir gesagt, wer das getan hat?“, stößt Martin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, keuchend vor Anstrengung.
    „Nein, dazu hat sie nichts gezeigt. Das war in dem Moment, als du in meinem Auto … Willst du dich mal einen Augenblick hinsetzen und ausruhen, Martin?“
    „Nein, mir geht es gut.“ Schweigend setzen wir den Weg fort.
    „Ich könnte denjenigen umbringen, der das getan hat, Louis. Wirklich und wahrhaftig umbringen.“
    „Das wäre aber keine Lösung, Martin. Es würde die Dinge nur noch schlimmer machen, viel schlimmer.“
    „Du hast ein Kind, einen Sohn.“ Das war keine Frage.
    „Ja. Sein Name ist Tanner, er ist vier.“
    „Und du würdest alles für ihn tun?“ Martin konzentriert sich bei seiner Frage auf den Weg vor sich.
    „Ja, ich denke, das würde ich.“
    „Dann könntest du jemanden töten, der deinem Kind wehgetan hat“, sagt er bestimmt.
    Ich schaue ihn einen Moment von der Seite an. Sein Gesicht ist wächsern. Eine Schweißschicht bedeckt seine Stirn, und er wischt sie mit einem Taschentuch ab, das er aus der Hosentasche zieht. „Ich würde vermutlich den Wunsch haben, denjenigen umzubringen, der Tanner etwas getan hat, aber ich glaube nicht, dass ich es wirklich tun würde. Vor allem, wenn die Polizei bereits da wäre, um zu helfen.“
    „Sie hat ‘Ben’ gesagt und Petras Kette und Unterwäsche in der Hand gehalten. Was glaubst du, geht mir da durch den Kopf?“ Er hält für den Bruchteil einer Sekunde inne, schüttelt den Kopf und eilt dann weiter. „Wir müssen zum Gipfel kommen, und dann sehen wir, was weiter passiert.“
    Ich spreche kurz in mein Walkie-Talkie, um mitzuteilen, wo wir uns befinden, und mich zu informieren, wie weit die Vorbereitungen unten am Weg sind. Die Krankenwagen sind soeben eingetroffen. Einer, um Calli und Toni ins Krankenhaus zu bringen, ein anderer, um auf weitere Anweisungen zu warten. Zwei Polizisten mit allradgetriebenen Quads, einige zu Fuß und weitere auf Pferden werden bald zu uns stoßen. Ich erinnere jeden daran, dass wir noch keinen Verdächtigen und keine Beschreibung eines Verdächtigen haben. Dass alle einfach Ausschau nach Petra und Ben halten sollen. Die meisten Officer kennen die beiden vom Sehen, aber es werden auch Fotos verteilt.
    Wir nähern uns der Gabelung, und ich zeige mit meinem Arm die Richtung an, die wir nehmen. „Was immer wir da oben auch finden werden, Martin, du musst auf jeden Fall mich den ersten Schritt machen lassen. Dein erster Gedanke wird sein, zu Petra zu gehen, aber tu das nicht.“ Ich trete vor ihn, um ihn zum Anhalten zu bringen. „Hast du mich verstanden, Martin? Du kannst nicht einfach da hochstürzen. Es könnte jemand dort sein, der gefährlich ist. Zum Teufel, vielleicht werden wir gerade von jemandem beobachtet. Du musst mich darüber entscheiden lassen, was wir tun. Ohne die anderen Officer sollten wir eigentlich gar nicht hier oben sein.“
    „Du hättest mich nicht aufhalten können“, sagt Martin.
    „Nein, darum bin ich ja auch mit dir gekommen. Ich will nicht, dass du verletzt wirst oder jemanden verletzt. Wenn wir oben ankommen, wirst du warten. Du wartest, bis ich dir sage, was du tun sollst. Du bleibst die ganze Zeit hinter mir. Verstanden?“
    Martin verzieht den Mund und sieht aus, als wolle er widersprechen, aber er tut es nicht. „Ich verstehe“, sagt er und geht weiter. Sein Durchhaltevermögen erstaunt mich. Er geht immer forschen Schrittes, obwohl selbst meine Beine schon anfangen, wehzutun. Ich bin sicher, dass Adrenalin bei Martin eine große Rolle spielt. Morgen früh wird er sich vor Muskelkater nicht mehr bewegen können.

Calli
    Ihre Mutter hatte nur einen Blick auf ihre zerschundenen, blutenden Füße geworfen und sie hochgehoben, hielt sie wie ein Baby, Brust an Brust, sodass Callis Kinn auf ihrer Schulter ruhte.

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