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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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darüber nachgedacht und mich letztendlich entschlossen, Ihnen den kompletten Fall in einem Brief darzustellen. Eine Kopie befindet sich an einem sicheren Ort. Schließlich muss ich mich davor schützen, dass mir etwas zustößt. Würde es doch noch herauskommen, wer Kardinal Tosca getötet hat und warum, wäre dies ein echter Skandal.
    Nachdem nun dieser aufgeblasene Schnösel Holmes nicht länger unter uns weilt, freue ich mich auf ein langes Leben bei bester Gesundheit. Dessen seien Sie versichert!
     
    Colonel Sebastian Moran
     
    Nachdem ich dieses außergewöhnliche Dokument zu Ende gelesen hatte, fragte ich Holmes zunächst, ob er Zweifel an dessen Authentizität hege.
    »Auf jeden Fall ist es seine Handschrift, und seinen Stil habe ich auch erkannt. Schau, drüben im Regal stehen noch zwei seiner Bücher: ›Großwild im westlichen Himalaja‹ und ›Drei Monate im Dschungel‹.«
    Ich erinnerte mich, dass Holmes die Bände kaufte, kurz nachdem er den Fall »Das leere Haus« gelöst hatte.
    »Man mag ja über Moran denken, wie man will«, fuhr Holmes fort, »aber ein Feigling war er nicht. Auf seine seltsame Art war er womöglich sogar ein Patriot. Seine Familie stammt aus Conamara und ist der anglikanischen Kirche beigetreten, nachdem Wilhelm III. 1690 in der Schlacht am Boyne gesiegt hatte. Sein Vater war Ritter des Bath-Ordens und britischer Gesandter in Persien. Als junger Mann studierte Moran am Trinity College in Dublin, sowie in Oxford und Eton. Das Anwesen der Familie liegt in Derrynacleigh. Aber das ist dir ja alles schon von damals bekannt, als du ihm anlässlich des Falls »Das leere Haus« begegnet bist. Wenn ich sage, dass er kein Feigling und auf gewisse Weise sogar ein Patriot war, will ich damit keineswegs von seinen Schwächen ablenken. Er verfügt über beachtliche kriminelle Energien. Schon als junger, mittelloser Student liebte er den Luxus, die Frauen und das Glücksspiel und besserte sein Einkommen mit Bagatelldelikten auf.
    Immerhin konnte er genügend Geld aufbringen, um ein Offizierspatent zu erwerben, und diente beim Ersten Pioniersregiment in Bengalore in Indien, wo er in mehreren Schlachten kämpfte und in Felddepeschen namentlich erwähnt wurde. In Indien hat er einen Großteil seiner Militärzeit verbracht und sich unter anderem als Großwildjäger einen Namen gemacht. In der Lobby des Kildare Street Clubs stand, bis man Moran hinauswarf, ein ausgestopfter Königstiger, den er erlegt hatte. Man erzählt sich, dass er dem verwundeten Tier durch einen Entwässerungsgraben gefolgt ist, um es zur Strecke zu bringen. Der Mann muss Nerven wie Drahtseile gehabt haben.«
    Ich schüttelte verdutzt den Kopf. »Warum bezeichnest du ihn als Patrioten? Willst du damit andeuten, dass er im Dienst der irischen Republikaner stand?«
    Holmes schmunzelte. »Er war ein Patriot, ein mutiger Mann, aber einer mit ausgeprägten kriminellen Neigungen. Derart strukturierte Persönlichkeiten werden gern vom Staat benutzt, um gewisse Aufgaben zu erfüllen. Moran betont, wie du gelesen hast, dass ihn Inspektor Gallagher über jeden Schritt, den wir unternahmen, auf dem Laufenden hielt. Bedauerlicherweise wurde Gallagher kurze Zeit später in Ausübung seiner Pflicht getötet, so dass wir ihn nicht mehr fragen können, aber ich denke, wir können Moran glauben. Warum war es wichtig, dass er ständig informiert wurde? Weil er für den Geheimdienst tätig war!«
    »Du willst doch nicht etwa behaupten, er hat für den britischen Geheimdienst gearbeitet?«, rief ich bestürzt. »Großer Gott, Holmes, heißt das, unser Geheimdienst hat den Mord am Kardinal in Auftrag gegeben? Das wäre unerhört! Verwerflich! Unsere Regierung würde so etwas nicht unterstützen!«
    »Sofern sie überhaupt davon wusste. Leider ist es meistens so, dass der Geheimdienst niemandem Rechenschaft schuldet. Wenn du mich fragst, steckt aber noch eine andere Organisation dahinter, und Moran stand in ihrem Dienst.«
    »Ich kann dir nicht folgen, Holmes.«
    »Ich will damit sagen, dass Moran und seine Auftraggeber meiner Ansicht nach einer extremistischen Splittergruppe des Oranier-Ordens angehörten.«
    »Einer Splittergruppe des Oranier-Ordens? Ich verstehe immer noch nicht.«
    »Der Oranier-Orden wurde 1796 gegründet, um die Vormachtstellung der anglikanischen Oberschicht in Irland zu festigen und eine Union des irischen Parlaments mit dem britischen Parlament zu verhindern. Doch 1801 kam es zu dieser Union, und der Oranier-Orden verlor

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