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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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Körper eingenistet: Ihr Kreislauf spielte verrückt und bescherte ihr Hitzewallungen oder Frösteln, aggressiv aufgeladene Energieschübe oder Phasen, in denen sie so apathisch war, dass sie nicht aus dem Bett kam. Sie sah sich nicht mehr in der Lage, sich in die Gesellschaft einzufügen, sich normal mit ihren Freunden zu unterhalten, die echtes Mitgefühl vortäuschten, tatsächlich aber nur begierig auf den neuesten Klatsch waren.
    Chris kam auf sie zu. Er war der maßgebliche Grund für ihre Rückkehr gewesen – und der maßgebliche Grund, warum sie dem College besser ferngeblieben wäre. Eine Woche nach seinem Besuch in Simons Haus hatte er einen Brief geschrieben und ihr mitgeteilt, dass ihre Beziehung beendet war. Doch bis zuletzt hatte sie noch immer geglaubt, dass auf dem College alles wieder ins Lot kommen würde. Und wenn nicht, so konnten sie doch zumindest Freunde bleiben.
    Am zweiten Tag war sie zu seinem Zimmer gegangen, doch er war nicht in der Lage gewesen, ihr auch nur in die Augen zu blicken. Als sie ihn berührte, erstarrte sein Körper – und in ihrem Gespräch benutzte er immer wieder die Formulierung »Ich hab doch geschrieben …« – ganz so, als handle es sich um Gefühle, die jenseits seines Einflussbereiches lagen, um Fakten also, denen er nun notgedrungen zu folgen hatte.
    Sie war sich nicht sicher, was sie ihm diesmal sagen sollte, und spielte im Kopf bereits mehrere Möglichkeiten durch. Ein simples »Hallo« war wohl die beste Lösung. Sie würde ihm damit zu verstehen geben, dass sie die neue Sachlage akzeptiert hatte und völlig entspannt war. Ihre Sicherheit schwand wieder, als sie sich näher kamen, doch im entscheidenden Moment erwies sich ihre Sorge als überflüssig: Er drehte den Kopf zur Seite und ging wortlos an ihr vorbei.
    Ella war sich ganz sicher, dass er sie gesehen hatte. Sie blieb stehen – ungläubig, wütend, verwirrt, weil sie nicht verstand, womit sie eine derartige Reaktion verdient hatte. Zu Beginn des Sommers hatte sie sich noch Selbstvorwürfe gemacht, sah dazu inzwischen aber keinen Anlass mehr. Es war Chris, der sie im Stich gelassen hatte, und sie hasste ihn dafür.
    Sie schaute ihm nach und fühlte, wie die Wut in ihr aufschäumte. Bevor ihr klar wurde, was sie tat, lief sie ihm durch die Menge hinterher, griff nach seinem Arm und riss ihn herum. Er sah sie an – zunächst fassungslos, dann aber mit wachsender Wut.
    »Untersteh dich, mich einfach so zu ignorieren.«
    Chris schrie fast, als er ihr antwortete: »Was ist dein gottverdammtes Problem?«
    Ein Dutzend Antworten schwirrten ihr durch den Kopf, doch keine war überzeugend oder deutlich genug, um sich für seine Gehässigkeit angemessen zu revanchieren. Er hatte sich ihr gegenüber wie ein Arschloch verhalten, hatte sie im Stich gelassen, als sie ihn am meisten brauchte – und nun versuchte er mit ein paar zynischen Worten, sie als durchgeknallte Exfreundin darzustellen und sich selbst als Opfer. Das war einfach nicht fair.
    »Ich bin nicht diejenige, die Probleme hat, kapiert?«
    »Du musst dringend zum Psychiater.«
    Sie lachte nur höhnisch: »Du schaffst es noch nicht mal, Hallo zu sagen und zu lächeln – und willst mich zum Psychiater schicken?«
    Er antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf und wollte weitergehen. Es trieb sie zur Weißglut, dass er ihr auswich und nicht einmal auf ihre Frage eingehen wollte. Nein, so einfach ließ sie sich nicht abservieren. Wütend packte sie ihn wieder am Arm und schlug ihm, bevor er einen Ton sagen konnte, mit der Hand ins Gesicht.
    Reflexartig hob er seinen Arm und wollte offensichtlich zurückschlagen, konnte sich aber gerade noch bremsen. Ihre Hand schmerzte, seine Wange hatte sich bereits gerötet, sein rechtes Auge begann zu tränen. Es musste wehgetan haben, aber trotzdem ließ er seinen Arm sinken, drehte sich wortlos um und mischte sich in den Pulk der Studenten. Jetzt wurde ihr bewusst, dass einige Leute angehalten hatten und sie anstarrten. Als sie wütend ihren Blicken begegnete, gingen sie umgehend weiter.
    Als sie bei ihrem Studentenwohnheim angekommen war, war sie noch immer ausgelaugt, auch wenn sich ihr Ärger etwas gelegt hatte. Sie entschied sich, einen Blick in die Küche zu werfen: Wenn niemand da war, würde sie sich schnell etwas zu essen machen. Scarlett und Al, zwei Mitstudenten, waren gerade am Kochen, also holte sie sich Brot und Marmelade aus dem Schrank, um sich auf ihrem Zimmer ein Sandwich zu machen.
    Scarlett,

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