Das Flüstern des Windes (German Edition)
Lebensziel kennen, als ihrem künftigen Besitzer freudig zu dienen. Ihr werdet jede Arbeit, die euch aufgetragen wird, willig ausführen. Was immer auch von euch verlangt wird, werdet ihr tun.« Nach einer kurzen dramatischen Pause sprach er weiter: »Ungehorsam wird mit der Peitsche bestraft. Mehrfacher Ungehorsam bedeutet euren schmerzhaften Tod, und es kann sehr lange dauern, bis jemand die Welt der Lebenden verlässt. Jeder Käufer eines Sklaven erhält eine sechsmonatige Garantie von unserem Herrn Turak Khan, dessen Name selbst die Götter erfreut. Innerhalb dieser sechs Monate kann der Käufer euch zu uns zurückbringen, und er bekommt sein Geld zurückerstattet. Sollten wir feststellen, dass Ungehorsam der Grund für diese Entscheidung war, werdet ihr es bereuen. Auf Omrak kennen wir Foltermethoden, von denen ihr euch nicht einmal in euren dunkelsten Alpträumen ein Bild machen könnt. Also gehorcht, denn ihr seid Sklaven und ihr werdet für den Rest eures Lebens Sklaven bleiben. Vergesst, wer ihr früher einmal wart, lasst alle Hoffnung fahren und fügt euch in euer Schicksal.«
Von den gefangenen Knaben sprach keiner ein Wort. Nur ein kleiner, vierjähriger Junge mit verstrubbeltem, schwarzem Haar, begann leise zu weinen.
Ein schlanker Mann in weißem Gewand betrat den Raum. Um seinen Kopf war ein dunkelblauer Burnus gewickelt. Sein Gesicht blieb hinter einer Falte des Burnusses verborgen, aber darunter zeichnete sich eine raubvogelartige Nase ab. Der Mann besaß tiefschwarze Augen, die unter buschigen Brauen verächtlich auf die Kinder herabstarrten.
Der alte Mann stellte den Neuankömmling vor.
»Das ist Medji! Ihr werdet jetzt mit ihm gehen. Er bringt euch in einen anderen Raum, in dem ihr gebadet und neu eingekleidet werdet. Später gibt es etwas zu essen. Dann wird man euch eure Unterkünfte zeigen. Ihr bleibt hier, bis in einer Woche der monatliche Sklavenmarkt öffnet und ihr verkauft werdet. Habt ihr das verstanden?«
Alle, selbst der heulende Junge nickten.
»Wenn ihr etwas gefragt werdet, dann antwortet!«, keifte der Alte. »Habt ihr das verstanden?«
»Ja!«
Die Peitschen knallten über die Rücken der Jungen.
»Es heißt ‘Ja, Herr’! Vergesst niemals die Anrede ‘Herr’ oder ‘Herrin’ zu verwenden. Sonst schneidet man euch die Zunge raus und ihr könnt den erbärmlichen Rest eures Lebens mit dem Kopf wackeln, statt zu antworten, wie es sich gehört. Geht jetzt!«
Medji schritt voran, und die Kinder hüpften durch die gefesselten Füße unbeholfen hinterher.
Der Rest des Tages verging schnell. Karem und die anderen wurden in fassähnliche Wannen gesteckt und abgeschrubbt. Sie mussten nun keine Ketten mehr tragen und konnten sich relativ frei bewegen.
Ein unglaublich dicker, einäugiger Mann kam und schnitt ihnen die Haare kurz. Als Karem mit der Hand über seine Kopfhaut fuhr und die kurzen Stoppeln spürte, kroch ihm eine Gänsehaut die Wirbelsäule hoch. Seine Haut war noch ganz wund vom Abschrubben, als ein dunkelhäutiger Mann, offensichtlich ebenso ein Sklave wie sie, denn er hielt den Kopf gesenkt und sprach die Omraks unterwürfig an, ihre Wunden mit einer grünlichen, ranzigen Paste einschmierte, die trotz ihres widerlichen Geruchs kühlend auf Karems entzündeten Rücken wirkte.
Später brachte der gleiche Sklave abgetragene, aber saubere Kleidung. Er zeigte den Jungen, wie man die weiten omrakischen Gewänder anlegte und wie man die Schärpen band.
Karem fühlte sich fremd und unwohl in der viel zu weiten Kleidung, aber wenigstens schwitzte er nicht mehr so stark und die Sachen waren nicht von Läusen und Flöhen befallen.
Als die Sonne unterging, wurden sie in einen fensterlosen Raum gesperrt, dessen einziger Zugang durch ein massives Eisengitter gesichert war. Jeder der Jungen hatte eine dünne Strohmatte als Schlafunterlage bekommen, die sie auf dem nackten Steinboden ausbreiten mussten. Mobiliar gab es keines, lediglich ein verbeulter Eimer für die Notdurft in der Nacht stand in einer Ecke.
Ihr Essen hatten sie mit in die Unterkunft nehmen dürfen. Trockenes Fladenbrot und eine Handvoll grüner, gesalzener Oliven. Karem hatte beides noch nie gegessen und musste würgen, um die ungewohnte Nahrung herunterzubringen.
Nachdem die Sonne hinter dem westlichen Horizont verschwunden war und die nächtliche Dunkelheit ihren Platz einnahm, legten sich die anderen Jungen auf ihre Matten und waren kurz darauf erschöpft eingeschlafen.
Obwohl Karem die bleierne
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