Das Flüstern des Windes (German Edition)
nicht gefällten Pinie und ließ seine Gedanken schweifen. Seit sieben Jahren diente er nun Farcellus. Das Leben war hart, oft grausam und unerbittlich, aber es hatte auch seine schönen Seiten. Abends, wenn die Tagesarbeit getan war, durften männliche und weibliche Sklaven zusammenkommen, gemeinsam essen und sich für wenige Stunden unterhalten, bevor sie wieder in getrennte Quartiere zurückkehren mussten. Lediglich verheirateten Sklaven war es erlaubt, eine kleine Hütte zu bauen und miteinander zu leben.
Farcellus allein bestimmte, ob zwei Menschen das Ehegelöbnis ablegen durften. Aber auch danach blieben sie Sklaven, ebenso wie ihre Kinder, die jederzeit, ebenso wie der Ehepartner, verkauft werden konnten. Allerdings geschah das nur selten. Die ständig größer werdende Plantage erforderte stets neue Arbeiter, und Sklaven, die ein wenig privates Glück kannten, schufteten noch härter.
Karem hatte noch keines der Mädchen ins Auge gefasst, obwohl ihm schon mehrere mit Augen und Gesten zu verstehen gegeben hatten, dass sie für ihn zu haben waren.
Im Gegensatz zu den anderen Männern, die den ganzen Tag lang über nichts anderes sprachen, hatte er noch wenig Interesse an der körperlichen Seite so einer Beziehung; ihn faszinierte lediglich die vollkommen andere Denkweise der Frauen. Ihre Gesellschaft war angenehm und ihre sanften Stimmen erinnerten ihn an seine Schwester, die vor so vielen Jahren gestorben war.
Die meiste Zeit verbrachte er mit Crom, dem Ork. Karem war der Einzige, der sich dem Monster nähern konnte, ohne Gefahr zu laufen, von ihm zerrissen zu werden.
Tiefe Freundschaft verband sie inzwischen, und dabei hatte alles ganz anders angefangen ...
»Karem! Komm her!«, brüllte Muran außer sich vor Wut. Sein hässliches Gesicht war feuerrot angelaufen und ließ die alten Narben wie weiß schillernde Blütenblätter wirken.
Der Junge hastete über den Hof. Innerlich betete er, dass Muran keinen Vorwand gefunden hatte, ihn auspeitschen zu lassen.
Als er den Aufseher erreichte, wurde gerade Hemran, ein Sklave in mittleren Jahren, tot auf einer Bahre an ihnen vorbei getragen. Hemrans blutleeres Gesicht war zu einer schmerzverzerrten Grimasse erstarrt. Karem blickte auf ihn herab und schauderte. Der Ork hatte ihm einen Arm abgerissen, der nun zu seinen eigenen Füßen lag. Die Schulter des Mannes war ein schwarzes Loch, aus dem hellrote Fleischfetzen hervorragten. Hemran war verblutet, bevor man ihm hatte helfen können. Es war seine Aufgabe gewesen, den Ork zu füttern, der an die große Wasserpumpe gekettet war, die er durch reine Körperkraft bewegen musste. Wie schon zwei Wärter vor ihm war Hemran ein einziges Mal unaufmerksam gewesen und diese Gelegenheit hatte der Ork genutzt, über ihn herzufallen.
Muran fluchte und bespuckte den Toten. Jetzt musste er Farcellus berichten, dass wieder einer seiner kostbaren Sklaven von dem Ork getötet worden war. Aber zuerst würde er dieses Untier die Peitsche spüren lassen.
Der Aufseher ging zu seiner Hütte. Er war der einzig Unverheiratete, dem gestattet wurde, allein zu leben. Mit einer besonderen Peitsche, an deren Ende in das Leder Metalldornen geflochten waren, kam er wieder heraus.
Sein Gesicht versprach unendliche Grausamkeit. Er packte Karem grob am Nacken und schleifte ihn mit zum Wasserrad.
Der Ork hockte auf dem sandigen, mit seinem eigenen Unrat verschmutzten Boden und starrte Muran aus blutroten Augen entgegen. Seine Arme waren an den großen Holzbalken gefesselt, den er unermüdlich im Kreis anschieben musste, um Wasser aus der Tiefe des Brunnens nach oben zu pumpen. Seine massigen Beine konnte er frei bewegen, aber obwohl er in der Reichweite seiner Arme begrenzt war, gelang es ihm immer wieder, einen der Wärter, die ihm Futter brachten und seinen Laufweg reinigten, zu überraschen, zu verletzen oder sogar zu töten. Hemran war sein drittes Opfer innerhalb der letzten zwei Jahre geworden.
»Steh auf, du Mistvieh!«, brüllte Muran außer sich vor Wut.
Der Ork glotzte nur dumpf zurück. Die Peitsche zischte durch die Luft und knallte hart auf die lederartige Haut des Riesenwesens, das schmerzerfüllt jaulte und auf die Füße sprang. Es konnte sich nicht weiter zurückziehen, da die Arretierung des Wasserrades eingerastet war und sich der Balken, an den es gefesselt war, nicht bewegen ließ.
Wieder schlug die Peitsche zu. Muran war der Raserei verfallen. Immer härter prügelte er auf den Ork ein, der verzweifelt
Weitere Kostenlose Bücher