Das Flüstern des Windes (German Edition)
war auch auf dem Schiff«, stotterte Karem.
»Dann wird sie ihre Gründe gehabt haben, darüber zu schweigen.«
»Ich muss sie wiedersehen!«
Pinius rechte Hand schoss vor und packte den jungen Gladiator am Lederwams.
»Ich sage dir, was du musst und was nicht! Du musst sie vergessen, streich sie aus deinen Gedanken. In wenigen Stunden bestreitest du einen Kampf auf Leben und Tod. Es ist nicht nur dein Leben, das davon abhängt, dass du vollkommen konzentriert bist, sondern auch das Leben deiner Freunde. Also reiß dich zusammen und wimmere nicht wie ein junger Hund, dem man den Knochen weggenommen hat.«
Karem senkte beschämt sein Haupt. »Ist ja schon gut, Pinius. Ich werde mein Bestes geben.«
»Nein, du wirst mehr als nur dein Bestes geben. Du wirst da reingehen und siegreich, aber vor allen Dingen lebendig, wieder herauskommen. Hast du mich verstanden?«
»Ja!«
Als sich Pinius umwandte und den Raum verließ, bemerkte er, dass die anderen Männer seine Unterhaltung mit Karem beobachtet hatten. »Und ihr anderen glotzt mich nicht so blöd an. Seht lieber zu, dass eure Arme und Beine dort bleiben, wo sie gerade sind«, brüllte er mit hochrotem Kopf.
Draußen erschallte wieder Fanfarenklang. Anscheinend war die Arena gesäubert. Die Kämpfe begannen.
9.
ersan, der Schafhirte, kam mit den anderen Überlebenden der ersten Runde der Einzelkämpfer hereingestolpert. Sein Gesicht war blutverschmiert, das Schwert in seiner Faust baumelte kraftlos herab. Karem musste ihn stützen. Er führte ihn in eine Ecke des Raumes und gab ihm Wasser, das Hersan gierig trank.
»Bist du verletzt?«, wollte Karem wissen.
Hersan starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Es dauerte eine Weile, bis er den Sinn der Frage verstand. »Nein ... nein, das ist nicht mein Blut.«
»Wo ist Rao?«
»Rao?«
»Verdammt, Hersan, wo ist Rao?«
»Tot! Ich denke er ist tot!«, seufzte der Schafhirt. »Ich sah ihn zu Boden stürzen.«
»Was ist da draußen passiert?«
Hersan starrte dumpf zu Boden. »Er ... er war noch so jung, so unglaublich jung. Seine Augen haben mich angesehen, als mein Schwert ihn durchbohrte. Ich werde diesen Blick nie vergessen!«, murmelte er.
»Du musst dich zusammenreißen!« Karem hatte ihn an den Schultern gepackt und schüttelte ihn, aber Hersan sah durch ihn hindurch. »Nach den Gruppenkämpfen bist du wieder dran.«
Eine schwere Hand legte sich auf Karems Arm. Er wandte sich um und sah in Pinius graue Augen.
»Lass ihn! Ich habe das schon ein paar Mal erlebt. Niemand kann ihm jetzt noch helfen. Etwas in ihm ist zerbrochen.«
»Aber wir müssen doch etwas für ihn tun!«, drängte Karem.
»Es gibt nichts, was wir für ihn tun könnten.« Seine Hand deutete auf den am Boden hockenden Hersan, der sinnlos immer den gleichen Satz wiederholte. »Sein Geist ist jetzt in einer anderen Welt!«
Karem wandte sich ab.
»Was ist mit Rao?«
»Tot!«
»Wie ist er gestorben?«
»Das spielt keine Rolle. Du musst jetzt in die Arena!«
»Ich ... ich kann nicht.« Tränen füllten Karems Augen.
Pinius gab ihm eine schallende Ohrfeige. »Doch du kannst! Karem, sieh mich an! Die Sieger der Kämpfe erhalten als Preis die Freiheit. Vielleicht stirbst du heute, aber ist ein Tod in der Arena nicht tausendmal würdevoller als ein Leben in Sklaverei? Auch ich war einmal ein Sklave, aber ich habe mir meine Freiheit erkämpft.« Er hob seinen Armstumpf. »Ich habe einen hohen Preis dafür bezahlt, aber ich bin frei!«
»Wo ist der Sinn der Freiheit, wenn andere mit ihrem Leben dafür bezahlen?«
»Das weiß ich nicht, Karem! Die Welt ist, wie sie ist, und wir können nur das Beste daraus machen. Heute wirst du dem Tod ins Auge sehen, aber vielleicht entdeckst du zwischen all dem Sterben auch dein eigenes Leben. Kämpfe darum!«
Von draußen erklang erneut Fanfarenklang.
Crom hatte sich erhoben. Seine riesige Gestalt ragte hinter Karem auf und gab ihm neuen Mut. Masak, Kulan und Threm traten hinzu.
Gemeinsam schritten sie hinaus in das gleißende Sonnenlicht der Arena.
Als die Menschenmenge den Ork entdeckte, lief ein Raunen durch das Coloseum, das schließlich zu tosendem Jubel wurde.
Karem und seine Gruppe traten vor die kaiserliche Empore und streckten ihre Waffen zum Gruß empor. Zehn Meter von ihnen entfernt, wiederholten ihre Gegner das Ritual.
Der Imperator hob gelangweilt eine Hand und erwiderte den Gruß.
Die Legionäre, die sie in die Arena begleitet hatten, zogen sich zurück. An
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