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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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was deinen Fähigkeiten entspricht.«
     
    Als sie am nächsten Tag eine kleine Rast einlegten, um die Pferde an einem klaren Bach zu tränken, geschah etwas Sonderbares.
    Sara, die das kühle Wasser in ihrer hohlen Hand schöpfte, um ebenfalls zu trinken, hielt mitten in der Bewegung inne. Sie starrte Karems rechte Hand an, der neben ihr kniete und sich das verschwitzte Gesicht abwusch. Karem, der ihren Blick bemerkte, sah auf.
    »Was hast du?«
    »Deine Hand! Was ist mit deiner Hand passiert?«
    »Was soll damit passiert sein?«
    »Der Zeigefinger deiner rechten Hand, ich weiß nicht, warum es mir nicht schon früher aufgefallen ist, aber du scheinst ihn nicht abwinkeln zu können.«
    Karem lachte freudlos. »Das kann ich auch nicht. Ich wurde mit diesem körperlichen Fehler geboren. Aber was ist daran so Besonderes?«
    »Karem, bitte hab etwas Geduld. Ich werde dir später alles erklären, aber beantworte mir zuerst ein paar Fragen.«
    Der junge Mann starrte sie verwirrt an, nickte dann aber.
    »Wie alt bist du?«
    »Zwanzig Jahre.«
    »Wann genau und wo bist du geboren?«
    »Ich kam im Monat der Eule zur Welt. Wo ich geboren wurde, weiß ich nicht. Ich habe dir doch erzählt, dass meine Eltern fahrende Händler waren.«
    »Weißt du wenigstens, in welchem Reich du geboren wurdest?«
    Karem schüttelte den Kopf.
    »Nun gut. Du hattest zwei Geschwister, die beide bei dem Überfall, der dich in die Sklaverei gebracht hat, getötet wurden. Hatten sie den gleichen Geburtsfehler?«
    »Nein.«
    »Deine Eltern vielleicht?«
    »Nein. Was soll die Fragerei?«
    »Was für eine Haarfarbe hatten deine Geschwister?«
    »Sie waren blond.«
    »Deine Eltern?«
    »Meine Mutter war blond, mein Vater schwarzhaarig. Sara, sag mir endlich, was das alles soll!«
    Sie beachtete seinen Einwand nicht, sondern streckte ihre Hand aus. »Lass mich deinen Finger sehen.« Sara betrachtete den Finger aufmerksam. Ihre Hand fuhr prüfend darüber. Es war, wie sie es sich gedacht hatte, der Finger bestand nicht aus drei einzelnen Gliedern, sondern aus einem Knochenstück.
    »Das ist unglaublich!«, flüsterte sie.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte Karem ungeduldig.
    »In meiner Familie haben seit Generationen alle männlichen Nachkommen den gleichen Geburtsfehler.« Ihre Augen sahen ihn eigentümlich an. »Der Zeigefinger ihrer rechten Hand ist steif und besteht nur aus einem Knochenstück.«
    »Du meinst also, wir könnten verwandt miteinander sein?«, fragte Karem lachend.
    »Ich meine viel mehr als das! Aber die Antworten auf alle Fragen werden wir im Schloss meines Onkels finden.«
     
     

4.
     
    Karem war sichtlich beeindruckt von der Größe des Schlosses. Meterhohe, aus Felsblöcken geschlagene Mauersteine türmten sich weit in den Himmel hinauf. Die kleine Stadt, die sich an den Hügel vor dem Schloss schmiegte, wirkte dagegen winzig.
    Wachen patrouillierten auf den Wehrgängen, ihre glänzenden Rüstungen funkelten im Sonnenlicht. Über allem wehte das königliche Banner von einem sanften Westwind bewegt.
    Das große Tor des Schlosses war offen, die Zugbrücke, die einen tiefen, aber trockenen Graben überspannte, war herabgelassen. Trotzdem konnte sich Karem nicht des Eindrucks erwehren, dass er eine Festung betrat, die sich im Kriegszustand befand.
    Zwischen all den Menschen, die aus der Burg hinaus- oder in sie hineindrängten, waren immer wieder Wachen zu sehen, die die Menschenmenge im Auge behielten.
    Die Hufe der Pferde klapperten dumpf auf dem Holz, als sie die Zugbrücke überquerten.
    Vor dem Tor kam ein Leutnant der Schlosswache auf sie zu. Offensichtlich kannte er Sara, denn seine Verbeugung deutete tiefen Respekt an.
    »Ich grüße Euch, Prinzessin. Euer Oheim, der König war besorgt über Euer Ausbleiben und hat sich Sorgen gemacht. Ich wurde angewiesen, Euch direkt zu ihm zu führen.«
    »Ich würde gern noch meine Gemächer aufsuchen, mich erfrischen und umkleiden«, erwiderte Sara kühl.
    »Es tut mir leid, Prinzessin«, meinte der Leutnant unbeeindruckt. »Aber ich habe meine Befehle. Folgt mir bitte.«
    Ohne auf weitere Einwände zu warten, wandte er sich um und durchschritt das Tor. Sara seufzte resigniert.
    Sie und Karem folgten dem Soldaten auf ihren Pferden.
     
    Hohe, mit Kriegsszenen bemalte, runde Decken überspannten den prunkvollen Raum. An den Wänden hingen Waffen aller Art. Rüstungen waren aufgestellt und wirkten bedrohlich. Der Boden war mit einem kunstvollen Mosaik belegt, welches das Wappen

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