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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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sich an, bevor die großen Regenfälle diese Jahreszeit verwandeln würden und als Vorboten kommender Schneestürme den Winter ankündigten.
    Die ersten Lichtstrahlen durchbrachen die Wipfel der Bäume und schufen im leuchtenden Blattwerk der Baumkronen ein grandioses Farbspiel, während der Boden noch von den grauen Schleiern des Nachtnebels umarmt wurde.
    Karem hatte am Tag zuvor sein Pferd mit Fußfesseln versehen auf einer kleinen Waldlichtung zurückgelassen. Die Hänge auf seinem Weg in die Berge waren immer steiler geworden und es war sicherer, zu Fuß weiterzugehen.
    Schon vor zwei Tagen hatte er die ersten in Baumstämme eingeritzten Zeichen der Orks entdeckt und war ihnen gefolgt. Er hoffte, dass es sich um Zeichen des Schwarzschädelstammes handelte, denn obwohl er von Crom dessen Sprache gelernt hatte, konnte er die runenartigen Symbole nicht deuten.
    Außer den Zeichen gab es keine weiteren Hinweise darauf, dass in diesem Gebiet Orks lebten. Karem konnte bloß hoffen, dass er nicht eine Wochen alte Spur verfolgte.
    Während er fröstelnd und mit feuchter Kleidung über einen vom Blitz gefällten Baumstamm hinweg stieg, fiel ihm plötzlich die eigenartige Stille auf, die seit wenigen Augenblicken im Wald herrschte. Das Rascheln der Tiere im Laub hatte ebenso aufgehört wie der morgendliche Gesang der Vögel in den Wipfeln.
    Zuerst dachte Karem, dass er der Verursacher dieser plötzlichen Ruhe war, aber dann traten aus dem Bodennebel sechs riesige Gestalten hervor. Geisterhaft und absolut geräuschlos, wie durch Magie an dieser Stelle erschaffen, erschien der Orktrupp vor ihm.
    Sie trugen roh bearbeitete, ungegerbte Hirschfelle. In ihren Händen lagen primitive Steinwaffen. Nur einer von ihnen besaß einen Bogen, der Rest war mit Keulen und Steinäxten bewaffnet. Alle hatten die mächtigen Reißzähne entblößt, eine Geste, die Karem von Crom kannte. Diese Wesen waren kampfbereit, und die Vorfreude auf die leichte Beute ließ sie lächeln.
    »Ich bin ein Freund!«, sprach Karem die Gruppe in der Sprache der Orks an.
    Überraschung blitzte in den blutroten Augen der Riesen auf. Einer von ihnen trat einen Schritt vor. Seine Keule beschrieb einen Bogen durch die Luft, bevor sie auf Karem zeigte.
    »Wieso sprichst du unsere Sprache?«, fragte er knurrend.
    Karem ließ sich durch die Lautstärke und das Dröhnen in seiner Stimme nicht aus der Ruhe bringen. Seine Augen fixierten den Ork und hielten seinen Blick fest, während ihm der Schweiß den Nacken hinab lief und dunkle Spuren auf seiner Baumwollkleidung hinterließ.
    »Ich sagte es schon, ich bin ein Freund der Orks!«
    »Orks haben nur Orks als Freunde und manchmal nicht einmal das«, erwiderte der Anführer ungerührt.
    »Ich suche den Stamm der Schwarzschädel«, erklärte Karem.
    »Du hast ihn gefunden. Ich bin ein Schwarzschädel.«
    Einer der Orks aus dem Hintergrund fletschte die Zähne. »Genug gesprochen, Gronar. Lass uns ihn töten und seine Leber essen!«
    Karem wandte ihm den Kopf zu. Seine Hand glitt zu seiner Hüfte und zog das Schwert blank. Der Stahl schimmerte im frühen Morgenlicht, als Karem die Klinge auf den Ork richtete. »Dann komm und stirb!«, zischte er leise.
    Der junge Ork wollte nach vorn stürzen, aber eine Handbewegung des Anführers hielt ihn auf.
    »Was willst du von den Schwarzschädeln?«, fragte er neugierig.
    »Ich suche Crom!«
    Sämtliche Waffen der Orks senkten sich.
    »Du musst der Mensch sein, von dem Crom an den Feuern erzählt hat«, sagte Gronar.
    »Ja, ich bin Karem!«
    »Folge mir!«, befahl der Anführer. Ohne weitere Worte wandten sich die Orks um und verschwanden im Grün des Waldes.
     
     
     
    Die Nacht war hereingebrochen. Die Finsternis wurde von den Feuern der Orks erhellt, die ihr Lager in einer kleinen, windgeschützten Schlucht aufgebaut hatten. Mehrere Dutzend einfacher Zelte aus Tierhäuten, die über Gerüste aus Ästen gespannt waren, umschlossen einen von Steinen gesäuberten Platz. Funken stoben zum Nachthimmel, und das Knistern der brennenden Holzscheite erfüllte die Stille.
    Um das Feuer herum gruppierte sich ein Dutzend Orks, die in das Flackern starrten. Neben Karem saß Crom, dem man trotz seiner jungen Jahre erlaubt hatte, am Rat der Ältesten teilzunehmen. Frauen und Kinder waren nicht zu sehen.
    Crom war vor lauter Freude, seinen menschlichen Freund wiederzusehen, auf Karem zugestürmt, als er mit dem Trupp das Lager erreicht hatte. Seine mächtigen Pranken hatten den jungen Mann

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