Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
Vom Netzwerk:
einen großen Sieg geschenkt. Als Dank hatten die Steuereintreiber des Königs seinen Vater ruiniert und in den Tod getrieben. Wundert es dich, dass er verbittert war? Sicher nicht! Und als dieser Krieger aufstand und die Wahrheit über die Zustände im Reich sagte, wurde ihm das Leben genommen. Er starb unwürdig in einer dreckigen Spelunke durch mein Schwert. Damals schwor ich mir, dass ich die Zustände ändern würde, wenn ich einmal Fürst werden sollte. Aber es ist mir nicht gelungen. Canai herrscht nach wie vor uneingeschränkt über dieses Land, und alles, was ich tun konnte, war zu kläffen wie ein kleiner Hund.«
    »Aber wie ist es zu der Hochzeit mit meiner Schwester gekommen?« Karem überraschte sich selbst, als er Miriam seine Schwester nannte.
    Der Fürst bemerkte seine Unsicherheit. »Sie ist deine Schwester!«
    Der junge Mann lächelte. »Ich habe vor langer Zeit meine Familie verloren. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass man nun nicht mehr allein auf der Welt ist.«
    »Ich verstehe, was du meinst. Du wolltest wissen, wie es dazu kam, dass ich deine Schwester heiratete. Nun, wir begegneten uns auf dem Frühlingsball des Königs. Sie war meine Tischgesellschafterin und wir entflammten sofort in Zuneigung zueinander. Zuerst schien Canai gegen diese Verbindung zu sein, aber dann dachte er sich, dass er durch die Verheiratung seiner Nichte, mich enger an sein Haus binden könnte, da ich durch die Vermählung praktisch zur Familie gehören würde. Canai versuchte damals eine Zeitlang, Konflikte durch Diplomatie zu vermeiden, eine Politik, die er aber kurz darauf wieder aufgab. Er erlaubte mir, Miriam zur Frau zu nehmen. Dafür erwartete er, ohne es auszusprechen, dass ich ihn im Rat der Fürsten unterstützte; aber auch durch meine Hochzeit mit seiner Nichte hatte sich an meiner Einstellung ihm gegenüber nichts geändert. Im Gegenteil, Miriam hasst ihn wahrscheinlich noch mehr als ich. Als er bemerkte, dass sein Plan nicht aufging, versuchte er, den Rat gegen mich einzunehmen, was ihm aber trotz aller Bemühungen nicht gelang. Ich vermute schon lange, dass Canai nur einen Vorwand sucht, um in Melwar einzumarschieren, und nun hat er endlich einen Grund gefunden, der die anderen Fürsten überzeugen soll, dass ich ein Verräter gegenüber dem Reich bin.«
    »Es tut mir leid, wie alles gekommen ist«, sagte Karem leise.
    Der Fürst lachte offen und frei. »Bei den Göttern, man kann nur einmal sterben, und wir werden es diesem Bastard gewiss nicht einfach machen. Wenn ich nur die Unterstützung eines der anderen Fürstenhäuser gewinnen könnte, bei Thorams schwarzem Rachen, wir würden ihn zerschmettern.«
    Karem sah ihn lange an. »Ronder, ich weiß vielleicht, wo wir Hilfe im Kampf gegen den König finden können?«
    Der Kopf des Fürsten ruckte erstaunt herum. »Wer? Wer kann uns helfen?«
    »Die Orks!«
     
    »Bist du verrückt geworden, Schwager?«, fragte Ronder. »Orks und Menschen sind seit ewigen Zeiten Todfeinde.«
    »Du weißt von meiner Freundschaft zu Crom!«
    »Ja! Ich streite nicht ab, dass so etwas zwischen Einzelpersonen möglich ist. Aber ganze Völker verhalten sich anders als zwei Wesen, die die Sklaverei in einem fremden Land zusammengeführt hat.«
    »Es wäre einen Versuch wert. Wenn es mir nicht gelingt, die Orks davon zu überzeugen, sich uns anzuschließen, ist nichts verloren.«
    »Oh, doch!«, entgegnete Ronder aufgebracht. »Wir werden kostbare Zeit und unnötige Hoffnung verlieren. Und du ...« Sein Finger tippte an Karems Brust. »... wirst dein Leben verlieren. Noch nie ist ein Mensch aus den Bergen zurückgekehrt. Man sagt, die Orks fertigen Halsschmuck aus den Schädeln der gefangenen Menschen an, und solche Bestien willst du um Hilfe bitten?«
    »Ja!«
    »Nun gut! Ich sehe, du scheinst von deinem Vorhaben nicht abzubringen zu sein. Dann geh also im Namen der Götter, aber ich werde nicht erwarten, dass du wiederkehrst. Unsere Vorbereitungen, mögen sie auch noch so sinnlos sein, werden weiterlaufen. Ich habe keine Zeit zum Träumen!«
    Mit diesen unwirschen Worten wandte sich der Fürst um und schritt in die Dunkelheit. Karem stand noch lange auf der Brüstung und hing seinen Gedanken nach.
    Vielleicht hatte Ronder recht, und er erging sich bloß in unsinnigen Träumereien, aber diese Träumereien waren die letzte verbliebene Hoffnung für ein ganzes Reich.
     
     

9.
     
    Es war noch früh am Morgen und einer der letzten schönen Herbsttage des Jahres kündigte

Weitere Kostenlose Bücher