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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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weniger als mindestens zwei qualifizierte Mitarbeiter gleichzeitig dort hinein. Es ist eine Art Sicherheitssystem. Ich finde, es sollte in jeder Einrichtung dieser Art vorgeschrieben sein.«
    »Dann glauben Sie also, daß sie sich ihre medizinischen Kenntnisse durch Beobachtung und Lektüre erworben hat?«
    »Es ist kaum vorstellbar, daß jemand, der keine Gelegenheit zu praktischer Arbeit unter Anleitung hatte, selbst Experten zu täuschen fähig wäre, aber es ist die einzige Erklärung, die ich habe.«
    »Frau Dr. Keating, ich bekomme ständig zu hören, daß Helene Petrovic sehr nett war, einen guten Ruf hatte, aber eine Einzelgängerin war. Traf das auch hier zu?«
    »Würde ich wohl sagen. Soweit ich weiß, hatte sie nie privaten Umgang mit den anderen Sekretärinnen oder jemandem aus der Belegschaft hier.«
    »Keine Männer in ihrem Leben?«
    »Ich weiß es nicht ganz sicher, aber ich hab’ immer vermutet, daß sie mit jemandem aus dem Krankenhaus etwas hatte. Es kam mehrmals vor, daß eines der Mädchen das Telefon für sie annahm, als sie vom Schreibtisch weg war. Sie fingen an sie aufzuziehen, wer denn ihr Dr. Kildare sei. Offenbar hieß es, sie solle eine Durchwahl im Krankenhaus anrufen.«
    »Sie wüßten nicht zufällig, welche Nummer?«
    »Das ist jetzt über sechs Jahre her.«
    »Ja, natürlich.« Meghan stand auf. »Frau Dr. Keating, Sie waren so entgegenkommend. Darf ich Ihnen meine Telefonnummer geben, nur falls Ihnen irgend etwas einfällt, was mir vielleicht weiterhelfen könnte?«
    Dr. Keating streckte ihre Hand aus. »Mir sind die Umstände bekannt, Miss Collins. Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen.«

    Als sie in ihren Wagen stieg, warf Meghan einen Blick auf den beeindruckenden Bau des Valley Memorial Hospital.
    Zehn Etagen hoch, halb so lang wie ein Cityblock, Hunderte von Fenstern, aus denen jetzt am Spätnachmittag Lichter zu schimmern begannen.
    War es möglich, daß hinter einem dieser Fenster ein Arzt steckte, der Helene Petrovic geholfen hatte, ihr gefährliches Täuschungsmanöver zu perfektionieren?

    Meghan schwenkte gerade auf die Route 7 ein, als die Fünf-Uhr-Nachrichten kamen. Sie lauschte dem Bericht des WPCD-Radiosenders: »Von Staatsanwalt John Dwyer haben wir die Bestätigung, daß das Fahrzeug, das Edwin Collins am Abend der Katastrophe auf der Tappan Zee Bridge im vergangenen Januar fuhr, vor der Wohnung seiner Tochter in Manhattan aufgefunden wurde.
    Ballistischen Untersuchungen zufolge war Collins’
    Pistole, die im Auto gefunden wurde, die Mordwaffe, durch die Helene Petrovic starb; sie war die Laborangestellte, deren gefälschte Zeugnisse er in der Manning Clinic eingereicht haben soll. Soeben wurde Haftbefehl gegen Edwin Collins wegen Mordverdacht erlassen.«

    38
    Dr. Manning verließ Freitag nachmittag um fünf Uhr die Klinik. Drei neue Patientinnen hatten ihre Termine abgesagt, und etwa fünf oder sechs besorgte Mütter und Väter hatten angerufen und sich nach DNS-Untersuchungen erkundigt, um sich zu vergewissern, daß ihre Kinder auch wirklich von ihnen abstammten.
    Dr. Manning wußte, daß ein einziger nachgewiesener Fall von Verwechslung genügen würde, jede Frau zu alarmieren, die dank der Behandlung in der Klinik ein Kind bekommen hatte. Er hatte genug gute Gründe, den nächsten paar Tagen mit Bangen entgegenzusehen.
    Niedergeschlagen fuhr er die dreizehn Kilometer zu sich nach Hause in South Kent. Es war solch ein Jammer, so ein verdammter Jammer, dachte er. Zehn Jahre harter Arbeit und landesweites Ansehen praktisch über Nacht zuschanden. Vor weniger als einer Woche noch hatte er das jährliche Wiedersehenstreffen gefeiert und sich auf seinen Ruhestand gefreut. An seinem siebzigsten Geburtstag im vergangenen Januar hatte er angekündigt, daß er nur noch ein Jahr auf seinem Posten bleiben werde.
    Am meisten ärgerte ihn die Erinnerung daran, daß Edwin Collins damals, nachdem er einen Bericht über die Geburtstagsfeier und seine Ruhestandsabsichten gelesen hatte, angerufen und sich erkundigt hatte, ob Collins and Carter der Manning Clinic erneut zu Diensten sein dürfe!

    Freitag abend, als Dina Anderson ihren dreijährigen Sohn zu Bett brachte, umarmte sie ihn heftig. »Jonathan, ich glaube dein Zwillingsbruder wartet nicht bis Montag, um zur Welt zu kommen«, sagte sie zu ihm.

    »Wie steht’s jetzt, Schatz?« fragte ihr Mann, als sie die Treppe herunterkam.
    »Alle fünf Minuten.«
    »Ich ruf lieber den Arzt an.«
    »Jonathan und ich vor der

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