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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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geliefert haben, und sie haben keine Leiche. Was sollen sie da schon tun?«
    »Wir reden von der Polizei«, stößt meine Mutter mit zusammengepressten Lippen hervor. »Es muss doch irgendwas geben – irgendein Anhaltspunkt, an den sie noch nicht gedacht haben, irgendwas, dem sie nachgehen können.«
    »Kit versucht gerade, dir zu erklären, dass das nicht der Fall ist«, mischt Fran sich ein. Ob es ihr wohl etwas ausmacht, für einen Mann einzutreten, den sie für einen Lügner mit einem geheimen Doppelleben hält? Sie hat nichts von unserem Gespräch am Montag erzählt – weder unseren Eltern noch Anton. Sie wissen nichts von der Adresse in Kits Navi oder dass sein Auto auf Street View zu sehen ist. Ich habe sie nicht gebeten zu schweigen, es ist ihre Entscheidung, dass wir alle weiter die heile Vorzeigefamilie spielen. Sie übernimmt ihre Rolle ebenso bereitwillig, wie Kit seine übernimmt.
    Und du, Connie? Warum sagst du nicht was? Warum erzählst du nicht allen, dass dein Mann vielleicht ein Mörder ist?
    »Ian Grint ist kein Dummkopf«, versucht Kit meine Mutter zu beschwichtigen. »Er weiß, dass Connie und diese Jackie die Wahrheit sagen. Sams Ansicht nach wissen seine Vorgesetzten das auch, aber betrachte es doch mal von ihrer Warte aus. Auch wenn tatsächlich ein Mord begangen worden sein sollte, sie haben keine Leiche, keine Verdächtigen, keine brauchbaren Spuren abgesehen von zwei Zeugenaussagen, keine Möglichkeit, die Sache voranzutreiben. Sie sind völlig handlungsunfähig, oder? Für Grint ist es nicht so schlimm – er ist nur Detective Constable, der Schwarze Peter bleibt nicht bei ihm hängen. Für seinen Vorgesetzten ist es dagegen viel besser, einfach zu behaupten: ›Es handelt sich nicht um ein Verbrechen. Vielleicht war es irgendein Streich – gehen wir einfach mal davon aus und vergessen das Ganze.‹«
    »Ein Streich!« Meine Mutter wendet sich wieder an meinen Vater. »Hast du das gehört, Geoff? Jemanden umzubringen gilt jetzt als Streich, ja? Einen Menschen verblutend auf dem Teppich liegen zu lassen …«
    »Um Himmels willen, Mutti.« Fran schneidet eine Grimasse, die geistige Beeinträchtigung andeuten soll. »Kit hat es doch gerade erklärt. Die Polizei geht davon aus, dass niemand umgebracht wurde – der Streich bestand darin, dass jemand sich in eine Lache roter Farbe oder Tomatensauce gelegt hat …«
    »Ich erkenne den Unterschied zwischen Farbe und Blut«, sage ich.
    »Was für ein Scherz soll das denn sein?«, will meine Mutter wissen. »Nicht wirklich komisch, oder? Welche Frau, die noch bei Verstand ist, würde ein schönes Kleid ruinieren, indem sie sich in rote Farbe legt?«
    »Sam und Grint halten die Streich-Theorie für ebenso bescheuert wie wir alle hier«, sagt Kit. »Jemand, der in der Polizeihierarchie von Cambridge höher steht, hat sie aufgebracht, als man herausfand, dass die Person, die sich in die Website gehackt und den virtuellen Rundgang ausgetauscht hat, eine halbe Stunde später alles wieder rückgängig gemacht hat. Ich begreife nicht recht, warum das so bedeutsam sein soll, und Sam und Grint auch nicht, glaube ich, aber wir können da alle nicht viel tun. Die Entscheidung steht.«
    »Und du willst dich einfach zurücklehnen und nichts tun?« Meine Mutter starrt mich entsetzt an. »So tun, als wäre es nie passiert? Hast du denn keine Verantwortung gegenüber dieser armen Frau, wer immer sie auch sein mag?«
    »Was könnte Connie denn schon tun?«, gibt Kit zu bedenken.
    »Ich könnte mich ja für den Posten des Polizeipräsidenten von Cambridgeshire bewerben«, bemerke ich.
    »Wo bleibt der Kuchen, Daddy?«, erkundigt sich Benji bei seinem Vater. »Wann geben wir Connie ihre Geschenke?«
    Ich habe keine Ahnung, wovon er redet. Dann fällt mir ein, dass das ja eigentlich meine Geburtstagsfeier sein sollte. Heute ist mein Geburtstag. Wie alle Familienfeiern im Hause Monk begann sie um 17.45 und wird um 19.15 enden, damit Benji um acht im Bett liegt.
    »Gleich Montagmorgen rufst du bei der Polizei an, Kit«, meldet sich mein Vater zu Wort. Willkommen im Club . »Du sagst ihnen, dass du das für eine Schande hältst – du willst Antworten, und du willst sie sofort. Du willst wissen, was die Polizei zu unternehmen gedenkt, und sie wird verdammt noch mal besser irgendwas unternehmen.«
    »Völlig richtig.« Meine Mutter nickt zustimmend.
    »Wenn sie sich stur stellen, drohst du damit, dich an die Presse zu wenden. Wenn sie dann immer noch keinen Dampf

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