Das fuenfte Imperium
Handteller, aus der zwei goldene Flügel hervorstachen, die tatsächlich wie Eichenlaub aussahen. Winzige Brillanten formten die Initialen R II.
»Gefällt sie dir?«, fragte Baal Petrowitsch.
Ich nickte - mehr aus Höflichkeit.
»Auf dem Revers steht ein Leitspruch«, sagte Baal Petrowitsch. »Traditionsgemäß auch von mir ausgewählt.«
Ich drehte die Plakette um. Dort war rings um die Nadel ein Spruch eingraviert:
Der da saugt, das bin nicht ich, das sind die anderen. Graf Dracula.
Wie alle Äußerungen des Grafen, so war auch dieser Gedanke nicht taufrisch, doch ließ sich wenig dagegen sagen. Baal Petrowitsch nahm mir sein Erzeugnis wieder aus der Hand und heftete es an meine Brust, dabei piekte er mich mit der Nadel.
»Jetzt seid ihr richtige Vampire«, sagte er.
»Wo hat man die zu tragen?«, fragte ich.
»Häng sie dir ins Hamlet«, sagte Baal Petrowitsch. »Das tun die meisten.«
»Und wann findet die nächste Zeremonie statt?«, erkundigte sich Hera.
»Bedaure, das entscheide nicht ich«, sagte Baal Petrowitsch, die Hände hebend. »Den Plan erstellt Enlil, und die Primadonna segnet ihn ab.«
Damit war wohl Ischtar Borissowna gemeint.
»Wie ist denn da so die durchschnittliche Frequenz?«, sagte ich.
»Frequenz?«, fragte Baal Petrowitsch verblüfft. »Hm ... Interessant, darauf bin ich noch nie gekommen. Das haben wir gleich.«
Er zog ein Mobiltelefon aus der Tasche seines Umhangs und tippte wild in die Tasten.
»Die Frequenz«, sagte er nach einer ganzen Weile, »beträgt drei komma acht sechs mal zehn hoch minus sieben Hertz.«
»Und das heißt?«
»Na, Frequenz meint doch, wie oft in der Sekunde, nicht wahr? Dann also so oft. Das nächste Mal in ungefähr einem Monat.«
»Einmal im Monat ist sehr wenig«, sagte Hera. »Viel zu wenig. Das geht nicht.«
»Dann redet mit der Chefetage«, riet Baal Petrowitsch. »Wir haben ja auch unsere Hierarchie: Wer am tiefsten sitzt, hat das Sagen. Enlil zum Beispiel verfügt über eine eigene Hausbar. Er und die Primadonna können jeden Tag Bablos saugen, wenn ihnen danach ist. Aber ganz zu Anfang der Kreativkarriere, Kinder, da ist öfter als einmal pro Monat nicht drin ...«
Er sah auf die Uhr.
»Noch Fragen? Ansonsten wird es Zeit für mich.«
Fragen gab es weiter keine mehr.
Wir verabschiedeten uns von Baal Petrowitsch und traten hinaus auf den Korridor. Ich ergriff Heras Hand. So liefen wir bis zur Haustür, wo sie mir die Hand jedoch wieder entzog.
»Wann sehen wir uns wieder?«, fragte ich.
»Nicht gleich«, antwortete sie. »Und ruf vorläufig nicht an. Ich melde mich.«
Mitra sah uns und kam herüber.
»Hera«, begann er, gegen die Sonne blinzelnd, »weil das doch heute dein Festtag ist, möchte ich, dass du ihn für ewig in Erinnerung behältst. Und da hab ich mir gedacht ...«
Er verstummte und starrte mich an.
»Ist was?«, fragte ich.
»Rama«, sagte er, »ich hab nichts gegen dich, aber ... ich glaube, du bist hier zu viel.«
»Wieso? Es ist auch mein Festtag, vergiss das nicht.«
»Das ist schon wahr. Aber ich weiß auch nicht, was man da machen kann ... Na gut, zwei Vorschläge gegen die Einsamkeit hätte ich noch. Erstens hast du ja Iwan. Ich hab ihn beim Warten auf Hera gebissen - im Großen und Ganzen findet er dich sympathisch, verlass dich drauf. Die andere Variante wäre, Loki anzurufen. Er ist zwar ein bisschen zu alt für dich, aber wenn du seine Freundin einschleimen möchtest, hätte er bestimmt nichts dagegen. Im Unterschied zu mir!«
Hera grinste. Und ich war schon wieder sprachlos - wahrscheinlich ging in meinem Kopf noch einiges durcheinander nach der Zeremonie. Mitra hakte Hera unter und ging mit ihr davon. Sie blickte sich nicht einmal um. Irgendetwas war in sie gefahren. Sie benahm sich anders, als man es hätte erwarten dürfen. Ganz anders. Und ich wusste nicht, was los war.
Sie stiegen ins Auto.
Loki anrufen, dachte ich, warum nicht. Vielleicht war das ein Ausweg. Natürlich war es das. Es gab ja keinen anderen.
Beim Auto angelangt, stieg ich hinten ein und knallte die Tür zu.
»Wohin solls gehen, Chef?«, fragte Iwan.
»Nach Hause.«
Iwan fuhr an, musste aber gleich wieder bremsen, um Heras Wagen, der aus dem Gebüsch geschossen kam, vorbeizulassen. Hinter den getönten Scheiben war nichts zu erkennen - und diese Undurchdringlichkeit entzündete meine Phantasie. Entflammte sie so lichterloh, dass die letzten verbliebenen Zweifel ausgeräumt wurden.
Ich wählte Lokis Nummer. Er nahm
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