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Das fünfte Kind. Roman

Das fünfte Kind. Roman

Titel: Das fünfte Kind. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Regeln ihres gemeinsamen Lebens hielt. Tränen und Gejammer hatten nie auf ihrem Plan gestanden!
    Sie fühlte sich von ihm zurückgestoßen. Bisher hatten sie es immer genossen, zusammen im Bett zu liegen und ein neues Leben zu begrüßen. Viermal schon hatte Harriet auf das erste kleine Geflatter gewartet und in sich hineingelauscht, hatte sich zunächst ein paarmal getäuscht und war sich dann sicher: Es war so, als ob ein kleiner Fisch blubberte. Bald fühlte sie Reaktionen auf ihre Bewegungen, auf ihre Berührungen und sogar, dessen war sie sicher, auf ihre Gedanken.
    Heute früh aber, als sie noch im Dunkeln lag, bevor die Kinder aufwachten, hatte sie ein gleichsam forderndes Klopfen in ihrem Bauch verspürt. Sie hatte sich ungläubig halb aufgesetzt und auf ihren noch ganz flachen, weichen Leib hinabgeblickt, doch es pochte gebieterisch weiter, wie eine winzige Trommel. Harriet hatte sich den ganzen Tag auf Trab gehalten, um die Signale dieses neuen Wesens zu überhören; bei keiner ihrer früheren Schwangerschaften hatte sie so etwas erlebt.
    »Am besten gehst du gleich morgen zu Doktor Brett und lässt die Werte überprüfen«, sagte David.
    Harriet antwortete nicht. Sie fühlte, dass das Problem anderswo lag, wusste aber nicht, warum.
    Immerhin ging sie zu Doktor Brett.
    Er sagte: »Nun ja, vielleicht haben wir uns um einen Monat geirrt. Aber wenn das so ist, sind Sie wirklich sehr achtlos gewesen, Harriet.«
    Diese Schelte bekam sie nun von allen Seiten, und sie brauste auf: »Jeder macht mal einen Fehler!«
    Der Arzt zog die Brauen zusammen, als er ihren Bauch abtastete und die deutlichen Bewegungen bemerkte. »Na,
dem
fehlt es offensichtlich nicht an Lebenskraft!« Dennoch machte er ein besorgtes Gesicht. Er war ein abgehetzter, nicht mehr junger Mann, der, wie Harriet gehört hatte, in Eheschwierigkeiten steckte. Sie hatte sich ihm bisher stets überlegen gefühlt. Doch jetzt war es, als wäre sie ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, und während sie da unter seinen Händen lag und in sein berufsmäßig indifferentes Gesicht aufblickte, sehnte sie sich nach ein paar weiteren Worten. Welchen? Nach einer
Erklärung
.
    »Sie werden sich daran gewöhnen müssen«, sagte er und wandte sich ab.
    »Du dich auch!«, murmelte sie unhörbar hinter seinem Rücken und beschimpfte sich gleichzeitig selbst: »Du missgelauntes Weib.«
    Als die Weihnachtsgäste eintrafen, wurde jedem sofort mitgeteilt, dass Harriet, wenn auch ungewollt, in anderen Umständen sei, aber nun freue man sich sehr darüber, wirklich …
    Doch Dorothy sagte nur: »Sprecht für euch und nicht für mich.«
    Der Trubel musste in diesem Jahr noch größer sein als gewöhnlich, aber Harriet durfte weder kochen noch sonst irgendeine Hausarbeit machen. Sie sollte sich bedienen lassen.
    Alle waren, sowie sie von Harriets erneuter Schwangerschaft hörten, zuerst erschrocken, dann peinlich berührt, dann bemüht witzig. Sooft Harriet und David einen Raum betraten, in dem die Familie sich lebhaft unterhielt, verstummte alles. Man hatte natürlich über sie gesprochen, hatte sie verurteilt. Dorothy, die den Haushalt in Gang hielt, fand hochachtungsvolle Anerkennung. Auch der Druck auf Davids Finanzen kam zur Sprache – schließlich bezog er kein sehr großes Gehalt. Man erging sich in spaßigen Mutmaßungen, wie James Lovatt wohl die Neuigkeit aufnehmen würde. David und Harriet wurden mit ihrer löblichen Fruchtbarkeit und der magischen Atmosphäre ihres Schlafzimmers geneckt. Die beiden gingen fast erleichtert auf solche Scherze ein. Aber all dies Geschwätz hatte einen verborgenen Stachel in sich, und die Leute betrachteten die jungen Lovatts mit anderen Augen als in den Jahren zuvor. Die stille, beharrliche Geduld, die dieses Paar einst zusammengeführt und dieses Haus ins Leben gerufen hatte, die all diese unterschiedlichen Charaktere aus den verschiedenen Gegenden Englands, ja sogar aus fernen Erdteilen anzog – James war auf dem Weg von den Bermudas, Deborah wollte aus den Staaten kommen, und sogar Jessica hatte einen kurzen Besuch versprochen –, diese Eigenschaft, wie man sie auch nennen mochte, diese Lebensbejahung, der man in der Vergangenheit mit Respekt begegnet war (ob nun widerwillig oder aus vollem Herzen), zeigte jetzt ihre Kehrseite. Harriet lag bleich und unzugänglich auf ihrem Bett, kam manchmal herunter, entschlossen, »mit von der Partie« zu sein, was ihr aber misslang, und so zog sie sich wieder zurück. Dorothys Geduld

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