Das fünfte Paar
beruhigt wird...«
Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen, während sie unaufhörlich weiterredete.
»Ohne Frage ist Spurrier nicht astrein, sonst würde er sich keine Nummernschilder "ausleihen" - aber deswegen muß er nicht unser Killer sein. Er könnte ebensogut im Drogengeschäft mitmischen. Vielleicht klaut er auch Katzen für Versuchslabors - oder es verschafft ihm einfach nur sexuelle Befriedigung, mit gestohlenen Nummernschilder rumzufahren. Er ist abartig genug, um in das Bild des Mörders zu passen - aber die Welt ist voller Perverslinge, die ihr Leben lang niemanden umbringen. Vielleicht ist das ganze Zeug in seinem Haus auch deponiert worden...«
»Bitte hör auf«, bat ich, doch sie war nicht zu bremsen.
»Es paßt alles so verdammt gut: Die Aufwärmanzüge, die Handschuhe, Pornografie und Zeitungsausschnitte... Aber warum wurden keine Schußwaffe und keine Munition gefunden? Spurriet hatte keine Ahnung, daß er überwacht wurde - die Polizei erwischte ihn kalt. Ich sage dir, warum die Sachen nicht gefunden wurden: Die Waffe, mit der die Kugel abgefeuert wurde, die du aus Deborah Harveys Wirbelsäule entferntest, war das einzige, was die Feds ihm nicht unterschieben konnten, weil sie sie nicht hatten!
»Du hast recht - das konnten sie nicht.« Ich stand auf und begann die Arbeitsflächen abzuwischen - es war mir unmöglich, länger stillzusitzen.
»Und - gibt dir das nicht zu denken?« fragte sie aggressiv.
Es hatte früher schon Behauptungen gegeben, daß die Polizei oder Bundesagenten jemandem Beweisstücke untergeschoben hätten, um ihn zu »überführen« - die American Civil Liberties Union hatte wahrscheinlich Aktenschränke voll derartiger Beschuldigungen.
»Du hörst mir nicht zu«, beschwerte sich Abby. Sie stand auf und kam zum Spülbecken, wo ich gerade den Wischlappen auswrang.
»Kay?«
Ich wandte mich ihr zu.
»Du möchtest die einfache Lösung«, warf sie mir vor.
»Ich wollte immer einfache Lösungen - aber die gibt es fast nie.«
»Du willst die einfache Lösung«, wiederholte sie. »Du lehnst es ab, dich mit dem Gedanken zu befassen, daß Leute, denen du vertraust, es fertigbringen könnten, einen Unschuldigen auf den elektrischen Stuhl zu schicken, um ihren eigenen Arsch zu retten.«
»Ganz richtig: Ich lehne es tatsächlich ab, mich mit diesem Gedanken zu befassen - jedenfalls, solange es keine Beweise dafür gibt. Und Marino war in Spurriers Haus - er würde bei einer solchen Schweinerei nie mitmachen.«
Abby setzte sich wieder hin. »Stimmt, er war dort - aber nicht als erster. Als er ankam, kann schon alles so arrangiert gewesen sein, wie er es sehen sollte.«
17
Der erste, dem ich am Montag morgen im Büro begegnete, war Fieldings. Ich war über den Hof hereingekommen, und er trug bereits Arbeitskleidung und wartete auf den Lift. Als mein Blick auf seine blauen Booties fiel, erinnerte ich mich wieder daran, was die Polizei in Steven Spurriers Haus gefunden hatte. Unseren medizinischen Bedarf deckten staatliche Firmen - aber es gab in jedem Staat zahlreiche Geschäfte, in denen man Booties und OP-Handschuhe kaufen konnte. Man mußte kein Arzt sein, um an solche Dinge zu kommen - ebensowenig wie man Polizist sein mußte, um an eine Uniform, eine Dienstmarke oder eine Waffe zu kommen.
»Ich hoffe, Sie sind ausgeschlafen«, sagte Fieldings, als der Aufzug kam.
Wir traten hinein.
»Nur zu: Was haben wir Schönes auf Lager?« »Sechs Herrschaften. Allesamt Mordopfer.«
»Na wunderbar«, seufzte ich.
»Tja - der "Messer-und-Knarre-Club" hatte ein geschäftiges Wochenende: vier Schießereien, zwei Messerstechereien.«
Wir stiegen im ersten Stock aus, und ich hatte bereits meine Kostümjacke ausgezogen und war dabei, die Ärmel meiner Bluse hochzukrempeln, als ich mein Zimmer betrat. Marino saß auf dem Besucherstuhl, seinen Aktenkoffer auf dem Schoß und eine Zigarette im Mundwinkel. Ich nahm an, daß eines der Mordopfer sein »Baby« wäre - bis er mir zwei Laborberichte gab.
»Ich dachte, Sie würden das vielleicht gern sehen.« Über dem einen Bericht stand der Name Steven Spurrier. Das serologische Labor hatte die Untersuchung seines Blutes bereits abgeschlossen. Der zweite Bericht war acht Jahre alt und enthielt die Ergebnisse der Tests, denen das Blut aus Elizabeths Volkswagen unterzogen worden war.
»Es wird noch eine Weile dauern, bis die DNS-Resultate kommen«, bedauerte Marino. »Aber das hier ist doch auch schon was.«
Ich setzte mich an meinen
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