Das fünfte Paar
feststellen, was er im Lauf der Jahre dort geordert hat.
Spurriers Klamotten sind auch nicht uninteressant: Er hat mindestens ein halbes Dutzend Aufwärmanzüge aus Nylon in seiner Schlafzimmerkommode - alle schwarz oder Marineblau und noch nie getragen. Und er hat die Etiketten rausgetrennt - wahrscheinlich um die Rückverfolgung zu erschweren, wenn er sie nach einem Mord wegwirft.« »Nylon gibt fasermäßig nicht viel her«, sagte ich. »Richtig. Lassen Sie mich überlegen, was noch da war.« Er nahm einen Schluck aus seinem Glas. »O ja: zwei Kartons mit OP-Handschuhen und diesen Plastik-Schuhüberzügen, die Sie in der Leichenhalle tragen.«
»Booties?«
»Genau! Die benutzen Sie doch, damit Sie kein Blut an die Schuhe kriegen, stimmt's? Und raten Sie mal, was wir noch gefunden haben: Spielkarten! Vier Spiele - original verpackt.«
»Ein offenes, bei dem der Herzbube fehlte, wäre mir lieber.«
»Damit kann ich nicht dienen - aber das wundert mich nicht: Sicher nimmt er jeweils den Herzbuben raus und schmeißt das restliche Spiel weg.«
»Alle von demselben Hersteller?«
»Nein - verschiedene Fabrikate.« Abby saß angespannt wie eine Feder auf ihrem Stuhl, die Hände im Schoß verkrampft.
»Ich verstehe nicht, daß Sie keine Waffe gefunden haben«, sagte ich.
»Der Kerl ist gerissen, Doc - und vorsichtig.«
»Nicht vorsichtig genug. Er hatte die Zeitungsartikel über die Morde, die Handschuhe und das andere Zeug im Haus. Und er wurde erwischt, als er Nummernschilder abschrauben wollte. Letzteres legt die Vermutung nahe, daß er vorhatte, wieder zuzuschlagen.«
»Er hatte auch Nummernschilder geklaut, als er Sie nach dem Weg fragte«, gab Marino zu bedenken. »Und an dem Wochenende ist kein Pärchen verschwunden, soweit wir wissen.«
»Sie haben recht«, nickte ich. »Und er trug auch keinen Aufwärmanzug.«
»Den zieht er vielleicht erst unmittelbar vor der Tat an«, überlegte Marino. »Hat ihn vielleicht in einer Sporttasche im Kofferraum.«
»Haben Sie eine gefunden?« fragte Abby.
»Nein.«
»Wenn Sie mit Ihrer Vermutung richtigliegen, dann ist da wahrscheinlich auch sein Messer, die Schußwaffe, die Nachtsichtbrille und alles andere drin, was er für seine Vorhaben braucht.«
»Wir geben die Suche nicht auf.«
»Wo ist Spurrier jetzt?« erkundigte ich mich.
»Als ich ging, saß er in seiner Küche und trank Kaffee. Der Kerl ist unglaublich: Wir reißen praktisch das Haus um ihn herum ein, und er schwitzt nicht mal. Als er wegen der Aufwärmanzüge, der Handschuhe, der Kartenspiele und so weiter befragt wurde, sagte er, er werde nur in Gegenwart seines Anwalts mit uns sprechen. Dann nahm er einen Schluck Kaffee, zündete sich eine Zigarette an und schaute durch uns hindurch. Ach ja - das hätte ich fast vergessen: Er raucht.«
»Welche Marke?« wollte ich wissen.
»Dunhill. Wahrscheinlich kauft er die in dem vornehmen Tabakladen neben seiner Buchhandlung. Und er benutzt ein teures Feuerzeug.«
»Deshalb hat er wohl das Papier von den Stummeln entfernt, die er an den Fundorten liegenließ: Dunhilis sind sehr auffällig.«
»Ich weiß«, sagte Marino. »Sie haben ein Goldband um den Filter.«
»Werden Sie ihm irgendwas nachweisen können?«
»O ja!« Er lächelte zufrieden. »Wir haben eine Trumpfkarte, die seinen Herzbuben sticht. Wenn nicht für alle, so können wir ihn wenigstens für die Morde an Elizabeth Mott und Jill Harrington rösten: Die DNS-Analyse wird ihm das Genick brechen. Ich wünschte, die verdammten Tests würden nicht so lange dauern.«
Nachdem ich Marino zur Tür gebracht hatte, kehrte ich zu Abby in die Küche zurück. »Was meinst du?« fragte ich sie. »Es sind alles nur Indizien.«
»Bislang ja. Und Spurrier ist reich - er wird sich den besten Verteidiger nehmen, der für Geld zu haben ist. Ich kann dir genau sagen, wie es ablaufen wird: Der Anwalt wird behaupten, sein Mandant sei ein Opfer der Willkür, da die Cops und Feds endlich einen Täter präsentieren mußten - und dann wird er Pat Harveys Anschuldigungen ausschlachten.«
»Abby...«
»Vielleicht ist der Mörder tatsächlich jemand aus Camp Peary.«
»Das ist doch nicht dein Ernst!« protestierte ich.
»Vielleicht wissen die Feds längst, wer er ist, und haben sich seiner bereits angenommen - in aller Stille. Das würde erklären, warum seit Deborah und Fred keine weiteren Paare verschwanden. Und jetzt muß jemand her, durch den die Sache endgültig aus der Welt geschafft und die Öffentlichkeit
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