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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Prachtexemplar«, sagte er plötzlich. »Aber irgendwie hab' ich mich an ihn gewöhnt. Der Postbote kriegte jedesmal einen Nervenzusammenbruch. Ich stand am Wohnzimmerfenster und lachte so, daß mir die Tränen übers Gesicht liefen: Da saß diese halbe Portion im Wagen und hatte eine Todesangst, auszusteigen - und Dammit rannte immerzu um das Postauto rum und schnappte in die Luft. Ich ließ ihn erst mal eine oder zwei Minuten toben, bevor ich ihn rief, und dann ging ich raus. Ich mußte nur den Finger ausstrecken, und sofort war Ruhe.« Mr. Joyce atmete tief durch. Die Zigarette lag vergessen im Aschenbecher. »Es gibt schon viel Gemeinheit auf der Welt.«
    »Da haben Sie recht«, stimmte Marino ihm zu. »Sogar in einer hübschen, friedlichen Gegend wie der hier. Es ist so um zweieinhalb Jahre her, daß ich das letzte Mal hier war - ein paar Tage vor Thanksgiving, als ein Pärchen im Wald gefunden worden war. Wissen Sie das noch?«
    »Na klar«, nickte der alte Mann. »Ich habe noch nie so einen Trubel erlebt. Ich war grade beim Feuerholzholen, als plötzlich Polizeiautos mit blinkenden Lichtleisten vorbeidonnerten. Es müssen mindestens ein Dutzend gewesen sein - und dahinter fuhren Ambulanzen.« Er schaute Marino nachdenklich an. »Ich glaube nicht, daß ich Sie da draußen gesehen habe.« Dann wandte er sich mir zu. »Sie waren auch da, stimmt's?«
    »War ich.«
    »Wußt' ich's doch!« triumphierte er. »Ich hab' mir die ganze Zeit überlegt, wo ich Sie schon gesehn haben könnte.«
    »Sind Sie zum Wald rausgefahren, wo die Leichen waren?« fragte Marino beiläufig.
    »Die vielen Polizeiwagen hatten mich neugierig gemacht. Da hinten wohnt keiner - da ist bloß Wald -, und ich dachte, wenn ein Jäger erschossen worden wäre, hätten sie nicht so einen Wirbel veranstaltet. Also stieg ich in meinen Karren und fuhr die Straße runter. Weit kam ich nicht - war alles abgesperrt. Ich fragte einen Beamten, der bei seinem Wagen stand, was denn los wäre, und er sagte, Jäger hätten ein paar Leichen gefunden. Und dann fragte er mich, ob ich in der Nähe wohne, und ich sagte ja. Und kurz danach kam ein Detective zu mir und stellte lauter Fragen.« »Erinnern Sie sich noch an seinen Namen?« wollte Marino wissen.
    »Nein.«
    »Und was für Fragen stellte er?«
    »Hauptsächlich wollte er wissen, ob ich jemand in der Nähe gesehen hätte - vor allem um die Zeit rum, als das Pärchen verschwunden war - und ob ich fremde Autos bemerkt hätte. All so was.«
    »Und - hatten Sie etwas gesehen? Oder jemanden?«
    »Als er weg war, dachte ich darüber nach, und dann fiel mir was ein, und ich hab' auch später immer mal wieder dran gedacht«, sagte Mr. Joyce. »In der Nacht, als das Pärchen wohl hier rausgebracht und dann getötet wurde, hab' ich nichts gehört, was mir ungewöhnlich vorgekommen wäre. Manchmal geh' ich früh ins Bett - vielleicht hab' ich da schon geschlafen. Aber zwei Wochen davor war mir was aufgefallen - und als Anfang des Jahres dieses andere Pärchen gefunden wurde...«
    »Deborah Harvey und Fred Cheney?« fragte ich.
    »Das Mädchen mit der berühmten Mutter.«
    Marino nickte.
    »Also - diese Morde erinnerten mich an die Leichen, die sie hier gefunden hatten«, fuhr Mr. Joyce fort, »und da fiel's mir wieder ein. Sie haben bestimmt meinen Briefkasten draußen an der Straße gesehen, als Sie kamen. Eine oder zwei Wochen bevor das Mädchen und der Junge damals hier draußen umgebracht wurden, war ich übel dran. Ich hatte Grippe, mußte mich unentwegt übergeben und fühlte mich wie durch einen Wolf gedreht. Zwei Tage lag ich im Bett und hatte nicht mal genug Kraft, um rauszugehn und die Post zu holen. An dem Abend, den ich meine, war ich endlich wieder auf den Beinen. Ich machte mir einen Teller Suppe, und die blieb tatsächlich drin. Und dann ging ich zum Briefkasten. Muß so neun, zehn Uhr gewesen sein. Und als ich zum Haus zurückgehe, da höre ich das Auto. Ich drehe mich um und gucke. Es fuhr ohne Licht.«
    »In welcher Richtung?« fragte Marino.
    »Da lang.« Mr. Joyce deutete nach Westen.
    »Er kam also vom Wald her und war auf dem Weg zum Highway. Muß ja nichts heißen, aber es kam mir irgendwie komisch vor. Erst dachte ich, es wären vielleicht Jugendliche, die zum Schmusen da hintergefahren waren - oder zum Trinken. Aber warum hätten die ohne Licht fahren sollen?«
    »Haben Sie den Wagen gut sehen können?« Ich sah ihn gespannt an.
    »Er war mittelgroß. Schwarz, dunkelblau oder dunkelrot, würde

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