Das fünfte Paar
folgte. »Offenbar nicht: Sie hatten unterschiedliche Telefonnummern. Aber die Adresse war gleich: Old Towne. Ein hübscher Apartment-Komplex, etwa drei Kilometer von hier. Ist hauptsächlich von Studenten bewohnt.«
Er gab mir Jills Medikationsgeschichte durch: Über einen Zeitraum von drei Jahren hatte sie Rezepte für verschiedene Antibiotika gebracht, für Hustensaft und andere Arzneimittel, die allgemein bei Grippe, Angina und Blasenentzündung verschrieben werden. Einen Monat vor ihrer Ermordung hatte sie sich Septra geholt, das sie aber kurz vor ihrem Tod nicht mehr genommen haben konnte, denn man hatte weder Trimethoprim noch Sulphomethoxazol in ihrem Blut gefunden.
»Haben Sie je Librax an sie abgegeben?« erkundigte ich mich. Er schaute nach.
»Nein, Ma'am. Davon steht hier nichts.«
»Vielleicht lautete das Rezept ja auf den Namen ihrer Freundin.«
»Nein - auch Elizabeth Mott hat nie Librax von uns bekommen.«
»Gingen die beiden noch in andere Apotheken?« fragte ich.
»Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen - das weiß ich nicht.«
Er gab mir die Nummern nahe gelegener Apotheken. Die meisten davon hatte ich bereits vorher angerufen - und die Anfragen bei den restlichen ergaben, daß keine der jungen Frauen jemals ein Rezept für Librax oder ein anderes Medikament dort vorgelegt hatte. Das Librax an sich war mir nicht wichtig - mich beschäftigte das Rätsel, wer es verschrieben hatte und warum.
12
Abby Tumbull war Polizeireporterin in Richmond gewesen, als Elizabeth Mott und Jill Harrington ermordet wurden. Ich vermutete, daß sie sich nicht nur an die Fälle erinnerte, sondern wahrscheinlich mehr darüber wußte als der damalige Detective Montana.
Am nächsten Morgen rief sie von einem öffentlichen Telefon aus an und gab eine Nummer durch, unter der ich sie in den folgenden fünfzehn Minuten erreichen könne: Sie bestand darauf, daß ich sie von einem »sicheren Ort« zurückriefe.
»Stimmt was nicht?« fragte Rose, als ich meine OP-Handschuhe abstreifte.
»Keine Ahnung.« Ich zog meinen grünen Kittel aus.
Der einzige »sichere Ort«, der mir auf Anhieb einfiel, war der öffentliche Fernsprecher, der neben der Tür unserer Cafeteria hing.
Ich hastete durch die Gänge. Hoffentlich kam ich nicht zu spät!
»Was ist los?« fragte Abby, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. »Bei mir war ein Cop, der behauptete, du habest ihn geschickt.«
»Das stimmt«, bestätigte ich. »Aufgrund deiner Vermutungen fand ich es angeraten, nicht bei dir zu Hause anzurufen. Bist du okay?«
»Hast du den ganzen Wirbel nur veranstaltet, um mich das zu fragen?« Sie klang enttäuscht.
»Unter anderem. Wir müssen uns unterhalten.«
Ein langes Schweigen folgte. Dann sagte sie: »Ich bin am Samstag in Williamsburg. Treffen wir uns bei Trellis zum Dinner? Um sieben?«
Ich fragte nicht, was sie in Williamsburg zu tun habe - ich war nicht sicher, daß ich es hören wollte.
Als ich am Samstag auf dem Merchant's Square parkte, stellte ich fest, daß die Atmosphäre sich wohltuend auf meine Nerven auswirkte. Ich ging durch die eisige Winterluft zu einem Imbißstand, kaufte mir einen Apfelmost, und der Druck, unter dem ich seit der Untersuchung des Mordes an Deborah Harvey und Fred Cheney stand, wurde zum erstenmal leichter. Obwohl keine Touristensaison war, wimmelte es von Menschen, die in den liebevoll restaurierten Geschäften einkauften oder in Kaleschen vorbeifuhren, die von Kutschern mit Kniebundhosen und Dreispitzen gelenkt wurden. Mark und ich hatten oft davon gesprochen, mal ein Wochenende in Williamsburg zu verbringen: Wir würden im Historic District eine der Remisen aus dem neunzehnten Jahrhundert mieten, im Schein der Gaslaternen die kopfsteingepflasterten Bürgersteige entlangschlendem, in einem der Gasthäuser essen und danach am Kaminfeuer Wein trinken, bevor wir engumschlungen einschliefen.
Natürlich war es nie dazu gekommen: Die Geschichte unserer Beziehung enthielt mehr Pläne als Erinnerungen. Würde es je anders werden zwischen uns? Kürzlich hatte er es mir am Telefon versprochen, doch das hatte er früher schon getan-und ich auch. Und er war immer noch in Denver - und ich war immer noch hier. Im Silversmith's-Laden kaufte ich eine hübsche Kette und eine Ananas aus Sterlingsilber: Lucy würde ein verspätetes Valentinstag-Geschenk von ihrer nachlässigen Tante bekommen. Der Besuch im Apothecary Shop bescherte mir Seifen für mein Gästebad, wohlriechende Rasiercreme für Fielding
Weitere Kostenlose Bücher