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Das fünfte Verfahren

Das fünfte Verfahren

Titel: Das fünfte Verfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Zündschnur. Das Versteck, das ich auserkor, eignete sich so gut für mein
Vorhaben, daß es bereits als solches Verwendung gefunden hatte: Ich zog einen
Revolver spanischen Fabrikats hervor, der zur Not auch als Keule dienen konnte.
Sein Magazin war gut gefüllt, und der Mechanismus schien zu funktionieren. Ich
steckte das Ding ein. Genau so etwas hatte ich gesucht. Jetzt brauchte ich
Paulots Habseligkeiten gar nicht mehr zu vergraben. Wenn jemand eine Kanone mit
sich rumschleppt, kann er auch noch ein paar persönliche Dinge eines guten
Freundes bei sich tragen...
    Ich verließ die erstaunliche Vielfrucht und machte mich auf die Suche nach Marc Covet. Sollte sich der Journalist
inzwischen in Marseille aufhalten, könnte er mir wirklich nützlich sein.
    In der Redaktion einer lokalen
Tageszeitung fragte ich nach einem gewissen Lagarde. Ich hatte in der letzten
Ausgabe seinen Namen unter der Rubrik „Verschiedenes“ gelesen. Der Ärmste
langweilte sich bestimmt. Im Moment lautete das Prinzip der Zensoren: Keine
Gewaltverbrechen während des Krieges!
    Der Redakteur von Sensationsmeldungen
saß an seinem Schreibtisch und... langweilte sich. Mein Verlangen, ihn zu
sprechen, riß ihn aus seinen Tagträumereien. Ein fragendes und schlecht
rasiertes Kinn reckte sich mir entgegen. Ich setzte mein liebenswürdigstes
Lächeln auf.
    „Mein Name ist Martin“, stellte ich
mich vor. „Ich suche einen Ihrer Kollegen aus Paris... Marc Covet vom Crépuscule .“
    „Hab ich schon mal gehört“, brummte
er, ohne zu konkretisieren, ob er Paris, die Zeitung oder meinen Freund meinte.
„Wissen Sie vielleicht, ob er in Marseille ist?“
    „Hören Sie, ich bin keine Auskunftei.“
    „Nein, das sind Sie nicht... Aber ein
Journalist wie Sie weiß doch über alles Bescheid“, schmeichelte ich ihm. „Und
Kollegen aus Paris sind jedenfalls kürzlich nach Marseille gekommen, oder?“
    „Die Kollegen aus Paris“, sagte er
gedehnt, „haben bei uns keine gute Presse, wenn Sie verstehen, was ich meine.
Und deswegen... äh... kollaborieren wir auch nicht mit ihnen.“
    „Dann hab ich mich also nicht geirrt“,
erwiderte ich lachend. „Ich wollte den Herren nämlich ‘ne Bombe ins Bett legen.
Wo sind sie untergebracht?“
    Kollege Lagarde musterte mich
amüsiert.
    „Terrorist?“ fragte er lachend. „Sehn
Sie aber gar nicht nach aus.“
    Ein guter Menschenkenner schien er
nicht zu sein. Wenn er gewußt hätte, wie viele Leichen seit einigen Tagen zu
meinen Bekannten zählten...
    „Ich fang ja auch erst an“,
entschuldigte ich mich.
    Der Journalist für Bombennachrichten
lachte laut auf. „Na, wenn das so ist...“ sagte er. „Sie finden sie im Moderne. Alle. Und beeilen Sie sich mit der Bombe, lange bleiben die aus Paris nie
hier...“
    Wir verabschiedeten uns wie alte
Freunde. Monsieur Lagarde hatte den Eindruck, einen Verrückten kennengelernt zu
haben. Und ich hatte den Eindruck, eine prima Adresse in der Tasche zu haben.
Marc Covets Hotelwahl — angenommen, er logierte tatsächlich dort — vereinfachte
die Dinge nicht unwesentlich.
     
    * * *
     
    Mein Freund lag noch im Bett. Daß es
schon nach zwölf war, störte ihn nicht. Hatte wohl gestern abend ordentlich
gebechert, der Halunke.
    „Was gibt’s?“ fragte er, nachdem der
Boy, der mich zu ihm begleitet hatte, verschwunden war. „Noch nicht füsiliert?“
    „Nur Geduld, das kommt noch“,
erwiderte ich und setzte mich ans Fußende seines Bettes. „Bis jetzt hat es vier
Tote gegeben.“
    „Und Sie wollen mich bitten, der
fünfte zu sein?“
    „Erst einmal möchte ich Sie bitten,
ernsthafter zu sein.“
    „Ist mein mögliches Ableben etwa keine
ernsthafte Angelegenheit?“
    „Für Sie vielleicht... Im Ernst, Marc,
ich hab ‘ne Rolle in dem Stück für Sie vorgesehen. Wenn Sie wüßten, wie
aufregend das Ding ist, würden Sie sich auf der Stelle ein Dutzend
Schreibmaschinen ausleihen und Artikel um Artikel runterhacken, daß es nur so
eine Freude wär... für die Nachkriegszeit natürlich. Ein toller Film, ich sag’s
Ihnen! Gehen Sie ins Badezimmer, halten Sie Ihren Kopf unter den Wasserhahn,
und lassen Sie sich von mir ein Märchen erzählen!“
    Er sprang aus dem Bett und stand in
Oberhemd, Krawatte, Unterhose und Schuhen vor mir. Etwas schwankend noch, fuhr
er sich mit der Hand durchs Haar.
    „Gestern ‘ne tolle Sause gemacht,
was?“ fragte ich ihn lachend.
    „Ach wo“, widersprach er. „Ich hab das
Hotel gar nicht verlassen.“
    „Es soll schon Leute

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