Das fünfte Zeichen
stattde s sen ihrer Wege. «
» Etwas in mir sagt mir, dass diese Rakel Sie zurückhaben will. Ich schicke Ihnen zwei Premierenkarten. «
Barli bedeutete dem Kellner, ihm die Rechnung fertig zu machen.
» Was in aller Welt bringt Sie auf den Gedanken, sie wolle mich zurückhaben? «, fragte Harry. » Sie wissen doch nichts über sie. «
» Sie haben Recht. Ich rede Unsinn. Weißwein zum Lunch ist nur theoretisch eine gute Idee. Ich trinke zurzeit mehr, als mir gut tut, ich hoffe, Sie verzeihen mir das. «
Der Kellner kam mit der Rechnung, Barli unterschrieb, ohne einen Blick darauf zu werfen, und bat, sie auf die Sammelrec h nung zu setzen. Der Kellner verschwand.
» Aber eine Frau zu einer Premiere mitzunehmen, für die man gute Karten hat, ist nie ein Fehler. « Barli lächelte. » Glauben Sie mir, das habe ich gründlich ausgetestet. «
Harry fand, das Lächeln glich dem tristen, resignierten seines eigenen Vaters. Dem Lächeln eines Mannes, der zurückblickt, weil dort das Einzige zu finden ist, was ihm Freude macht.
» Vielen Dank, aber … «, begann Harry.
» Kein Aber. Wenn es sonst zu nichts gut ist, kann es wenig s tens als Vorwand dienen, sie anzurufen. So ihr zurzeit nicht oft miteinander sprecht. Lassen Sie mich Ihnen die beiden Karten schicken, Harry. Ich glaube, Lisbeth hätte das gefallen. Und Toya wird es schaffen. Es wird eine schöne Inszenierung. «
Harry zupfte an der Decke herum. » Ich werd ’ s mir überlegen. «
» Gut, ich sollte jetzt los, sonst schlafe ich noch ein. « Barli stand auf.
» Apropos. « Harry steckte die Hand in die Jackentasche. » Wir haben dieses Symbol in der Nähe der anderen Tatorte gefunden. Man nennt das einen Drudenfuß. Können Sie sich erinnern, so was nach Lisbeths Verschwinden irgendwo gesehen zu haben? «
Barli betrachtete das Bild. » Kann ich nicht sagen. Leider. «
Harry streckte die Hand nach der Fotografie aus.
» Moment. « Barli blinzelte und kratzte sich am Bart.
Harry wartete.
» Ich hab das schon mal gesehen «, sagte Willy. » Aber wo? «
» In der Wohnung? Im Treppenhaus? Draußen auf der Straße? «
Willy schüttelte den Kopf. » Nein. Nirgendwo dort. Und auch nicht jetzt. Woanders, vor langer Zeit einmal, aber wo? Ist das wichtig? «
» Könnte sein. Rufen Sie mich an, wenn es Ihnen wieder einfällt. «
Als sie sich draußen auf der Straße trennten, blieb Harry stehen und blickte über den Drammensvei. Das Sonnenlicht ließ die Straßenbahnschienen aufblitzen, und in der flirrenden, warmen Luft schien es, als schwebe die Straßenbahn davon.
KAPITEL 22
Donnerstag und Freitag. Offenbarung
J im Beam wird aus Roggen, Gerste und ganzen fünfundsiebzig Prozent Mais gemacht. Der hohe Maisanteil verleiht dem Bourbon den süßen, runden Geschmack, der ihn vom Straight Whiskey unterscheidet. Das Wasser im Jim Beam stammt aus einer Quelle gleich neben der Brennerei in Clermont, Kentucky. Dort stellen sie, wie einige behaupten, die spezielle Hefe noch nach dem gleichen Rezept her wie Jacob Beam 1795. Das Resultat wird mindestens vier Jahre gelagert, ehe es in die Welt verschickt –und von Harry Hole gekauft wird, dem Jacob Beam scheißegal ist und der weiß, dass das mit der Quelle nur ein Werbetrick ist wie bei jedem x-beliebigen Mineralwasser. Der einzige Prozentsatz, für den er sich interessiert, findet sich in kleinen Ziffern auf dem Etikett.
Harry stand mit einem Taschenmesser vor dem Kühlschrank und starrte auf die Flasche mit der bräunlich goldenen Flüssi g keit. Er war nackt. Die Wärme im Schlafzimmer hatte ihn bewo gen, auch die Shorts auszuziehen, die noch immer feucht waren und nach Chlor rochen.
Er war jetzt seit vier Tagen nüchtern. Das Schlimmste war überstanden, hatte er sich selbst eingeredet. Das war eine Lüge, das Schlimmste war noch lange nicht vorüber. Aune hatte ihn einmal gefragt, warum er trinke. Harry hatte ihm ohne Zögern geantwortet: » Weil ich durstig bin. « In vielerlei Hinsicht bedauerte Harry es, in einer Gesellschaft und in einer Zeit zu leben, in der die Nachteile des Trinkens deutlich größer waren als die Vorteile. Er war nie aus Prinzi p n üchtern geblieben, bloß aus rein praktischen Gründen. Es ist extrem anstrengend, heftig zu trinken. Man wird mit einem kurzen, jämmerlichen Leben belohnt, öde und voller körperlicher Schmerzen. Für einen Quartalssäufer besteht das Leben darin, voll zu sein. Und aus der Zeit dazwischen. Der eher philosophischen Frage, welcher Teil davon
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