Das Gastgeschenk der Transsolaren
doppelt und dreifach genießen.
Chena schien plötzlich einen Defekt an seiner Atemmaske zu entdecken. Geflissentlich nestelte sie am Ventil herum, so daß er ärgerlich ihre Hand wegschob.
»Nun stell doch endlich die Dose ab und nimm den Arm zur Seite!« fuhr sie ihn an und schmuggelte ihm, der noch immer blicklos relaxierte, ihre Dose in die Hand, die noch zu dreiviertel mit der stärkenden Emulsion gefüllt war.
Tilden stutzte, aber er schwieg. Nachdenklich stierte er vor sich hin. Die leere Dose war ihm aus der Hand geglitten und über den schrägen Fußboden gerollt. Reste des viskosen Saftes am Büchsenrand markierten eine Spur dunkler Tupfen auf dem Isolierstoff.
Chena überspielte ihren Samariterdienst: »Was haben wir erreicht?« Sie stupste mit der Stiefelspitze gegen das Gefäß, daß es sich wie ein Karussell drehte. Ihre Hände steckten halb in den schräg angesetzten Seitentaschen, die Daumen spielten unruhig.
»Erreicht? Viel!«
»Sieh dir Vakili an! Und deine Hände!« An Tildens kräftigen Unterarmen und auf den breiten, behaarten Handrücken traten die Blutgefäße wie kleine, zuckende Schlangen hervor. Die Hände zitterten noch im Rhythmus des Vibrators.
»Unbedeutend«, dabei zerrte er die Ärmel wieder bis über das Handgelenk vor und verschränkte die Arme auf der Brust.
»Und Vakili?« Chenas dunkle Augen blitzten. »Ich verstehe euch nicht. Kaum findet ihr ein altes Stück Eisen, verliert ihr den Verstand und benehmt euch wie Barbaren. Jawohl, ich sagte Barbaren«, wandte sie sich heftig zu Chodat, in dessen Gesicht spöttisches Lächeln aufkeimte. »Ihr seid hier nicht in Baikonur, wo sich die Ärzte umbringen, wenn euch nur die Nase blutet.«
»Schluß jetzt!« fuhr Tilden dazwischen, »wir sind hier auch nicht im Kindergarten! Immerhin haben wir etwas gefunden, was es in sich hat. Es ist einfach keine Zeit da zum Jammern.«
Kampfbereit richtete sich Chena auf. »Du findest wohl auch alles in Ordnung?« wandte sie sich an den Biologen. Kruyt, der am Ärmel das Zeichen für medizinische Grundausbildung trug, räusperte sich verlegen: »Wenn Vakili nichts sagt…?«
»Der? Da kannst du lange warten.«
»Also was ist, Vakili, Beschwerden?« lenkte Tilden ein.
»Das Wetter wird sich ändern«, scherzte Vakili schwach, »nicht der Rede wert.« Aber dann mußte er die Zähne zusammenbeißen, daß die Kaumuskeln hervortraten.
»Zeig her!« Kruyt tauschte mit Chena den Platz. Nach wenigen sondierenden Griffen, bei denen sich sein Patient an der Sitzbank festkrallte, stellte er die Untersuchung ein. »Ruhe, absolute Ruhe. Das gilt hier genauso wie daheim.«
»Kommt nicht in Frage!« Der Analytiker wollte aufspringen. Stechender Schmerz warf ihn auf den Sitz zurück. Mit beiden Händen preßte er das Gelenk.
»Wir schleusen dich ins Fahrzeug ein, da liegst du bequem. Ich verpasse dir zwei Milliliter, und übermorgen bist du wieder fit. Klar? Nebenbei machst du Umschläge.«
Aller Protest half nichts, Vakili mußte umsiedeln. Behutsam halfen sie ihm in den Walker, wo Chena inzwischen das Lager vorbereitete.
»Verdammt!« Vakili verbrämte seine Kapitulation mit Flüchen, während Kruyt einen Wattebausch mit Desinfektionslösung tränkte und damit die Einstichstelle am Oberschenkel abrieb. Mit geübtem Griff jagte er die dünne Kanüle durch die gerötete Haut und injizierte die ölige Suspension in den Muskel. »Schmerzen?«
»Wenn wir hier fertig sind, sag, Kruyt, ob Tilden ohne mich einsteigt?«
»Keiner weiß, ob es etwas zum Einsteigen geben wird.«
»Holst du mich dann?«
»Ich hole dich.«
Das Gewitter entlud sich mit elementarer Gewalt. Kruyt konnte gerade noch das Schleusenschott zuwerfen, da brach es herein. Unmengen von puderfeinem Staub verfinsterten die Sonne und fegten in dichten Wolken vorbei.
»Viel Lärm um nichts«, meinte Tilden und tat geringschätzig; er war am längsten hier und kannte sich aus, »sieht gefährlicher aus, als es ist.«
Chodat blinzelte zweifelnd zu Tilden hin, dann sah er aufmerksam hinaus, doch die Sicht nahm rapide ab.
Chena bangte um ihre Instrumente: »Wenn der Staub aufhört, kommen die Entladungen.«
Unwillkürlich warteten sie auf das Fauchen und Rütteln der Gewitterböen, doch das dünne Gas hätte kaum einen Grashalm bewegen können. Der mikroskopisch feine Staub würde sich aufladen und durch magnetische Stürme
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