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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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modernen Küche eine ausgeklügeltere Version der Geschichte zum Besten, die du schon dem Makler aufgetischt hattest. Du zeigtest dich begeistert von dem Haus, spartest nicht mit »Ohs« und »Ahs«. Erst als du gerade gehen wolltest, kam schließlich ihr Mann mit dem Kind nach Hause.
    »Eye-reen«, sagtest du und strecktest ihm mit gespielter Scheu die Hand entgegen. Eine gewisse Schüchternheit würde deiner Rolle sicher gut zu Gesicht stehen.
    »Donnie«, log er, ohne mit der Wimper zu zucken, und erwiderte die Begrüßung. »Nett, Sie kennenzulernen, Irene. Das hier ist unser Sohn Walt.«
    Du hattest dich zu ihm herabgebeugt und den kleinen Engel angelächelt, der sich spitzbübisch grinsend hinter dem Bein seines Vaters versteckte.
    Auf dem Heimweg schwebtest du förmlich. Endlich hattest du es geschafft. Jetzt brauchte es nur noch Geduld und planerisches Geschick.
    Zwei deiner stärksten Eigenschaften.

38
    Als sie zum Ende ihrer Geschichte kam, wirkte sie irgendwie entrückt und schläfrig, als wäre sie im Geiste ganz weit weg. »Warum haben Sie so lange gewartet?«, fragte ich. Ich setzte mich jetzt ebenfalls, in einen Lehnstuhl ihr gegenüber, die Pistole immer noch auf ihre Brust gerichtet.
    »Ich wollte dich eine Weile beobachten und sehen, was aus dir geworden ist.«
    »Und was ist aus mir geworden?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ein ehrbarer Mensch, nehme ich an. Aber was kümmert mich das? Es ändert überhaupt nichts.« Sie ließ den Kopf hängen und massierte sich vorsichtig die bandagierte linke Schläfe. »Tja«, seufzte sie, »wie spät ist es jetzt, William?«
    Ohne die Waffe zu senken, schaute ich auf meine Uhr. »Fast drei.«
    »Wird Zeit, dass wir es allmählich zu Ende bringen.«
    Sie griff in ihren Stiefel und zog etwas Glitzerndes hervor. Mein zwanzig Zentimeter langes japanisches Chefmesser.
    Ich stand auf. »Wenn Sie das nicht sofort weglegen, werde ich Sie erschießen.«
    »Warum hast du mich eigentlich noch nicht getötet? Nach allem, was ich deiner Frau und deinem Sohn angetan habe?« Sie wirkte aufrichtig verwundert.
    »Wenn Sie …«
    Sie versuchte aufzustehen.
    » WEG MIT DEM VERDAMMTEN MESSER! «
    Wackelig kam sie auf die Beine. Ich zielte mit der Waffe auf ihren Kopf. Sie war keine zwei Meter von mir entfernt. Ich drückte ab.
    Klick.
    Sie blickte mich an – die Augen mit einem Mal glasklar – und lächelte. »Glaubst du wirklich, ich hätte nicht jeden Tag dagesessen und dich mit meinem Fernglas in deinem kleinen Büro beobachtet?«
    Klick.
    Meine Beine wurden zu Butter.
    »Dummer Junge.«
    Ich hob die Pistole, um sie ihr über den Schädel zu ziehen, als sie sich unfassbar schnell auf mich stürzte, mich mit einem Fausthieb in den Stuhl zurückwarf, das Messer in meinen linken Oberschenkel stieß und es herumdrehte. Ich heulte auf und versuchte, noch einmal mit der Pistole nach ihr zu schlagen. Aber sie packte mein Handgelenk mit eisernem Griff und drehte das Messer weiter. Ich fühlte, wie es über den Knochen kratzte, und musste alle Kraft zusammennehmen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Ich schubste sie zurück und schlug sie ins Gesicht, rammte meine Faust mitten in das durchnässte Gitterwerk der Bandagen. Jetzt schrie sie auf, taumelte zurück, stolperte zu Boden und ließ das Messer los, das federnd in meinem Schenkel stecken blieb, gute zehn Zentimeter tief. Ich konnte Walt vom Flur her schreien hören, als ich mich auf sie warf. Doch sie trat mir die Füße weg, und ich stürzte zu Boden. Mein linkes Bein schlug zuerst auf, der Griff des Messers …
    Mein Schrei gellte durchs Haus.
    Weißes Licht explodierte vor meinen Augen, als die Klinge sich durch meinen ganzen Oberschenkel bohrte, durch Knochen und Muskeln, bevor sie auf der anderen Seite wieder austrat. Mir schwanden die Sinne. Schattenhaft sah ich, wie sie sich über mich beugte, etwas Schweres vom Tisch nahm und es über den Kopf hob. Ich spürte den Luftzug, hörte ein summendes Geräusch und fühlte nichts mehr.

39
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Boden des Freizeitraums. Ich war geknebelt, meine Handgelenke in meinem Kreuz an die Füße gefesselt. Sie hatte das Messer aus meinem Oberschenkel herausgezogen und mein Bein knapp oberhalb der Wunde abgebunden. Meine Jeans war blutdurchtränkt und der Schmerz entsetzlich. Von ihren Stiefeln stieg mir der Geruch von nassem Leder in die Nase, als sie mit ihrer Arzttasche an mir vorbei zum Billardtisch ging. Ich hob den Kopf und sah Walt.
    Er

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