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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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es gewöhnt, dass alles seinen Platz hatte, und alles wurde nach Gebrauch wieder dorthin zurückgestellt. Kein Glas, keine Tasse stand herum.
    Iris fiel ihm um den Hals und drückte ihn an sich. »Es tut mir so leid«, sagte sie immer wieder.
    Ich fragte ihn, wann er es erfahren habe.
    »Erst vor einer Stunde. Boulevardblätter interessieren mich am Wochenende normalerweise nicht, mit denen muss ich mich schon unter der Woche genug herumärgern. Aber im Zeitungsladen waren die Schlagzeilen nicht zu übersehen. Danach musste ich rausgehen und mich auf eine Mauer setzen.«
    Und dann erzählte er uns alles. Es dauerte lange, aber ich glaube, es tat ihm gut. Zwischendurch wollte er etwas trinken, er habe sich einen Brandy genehmigt, als er mit der Zeitung nach Hause kam, sagte er, aber Iris holte ihm stattdessen ein Glas Wasser und zwang ihn, es zur Hälfte leer zu trinken. Dann kam er zum Schluss, erzählte, wie er sich – noch immer mit Wut im Bauch – ins Bett gelegt habe, und sah auf. »Mein Gott! Arme kleine Hebe«, sagte er.
    Es war nahezu die einzige Bemerkung, die man als einen Ausdruck des Bedauerns hätte auslegen können. Die Polizei habe er ja vermutlich schon verständigt, sagte ich.
    Er sah mich recht sonderbar an. Hinterlistig? Verschlagen? Verwundert über meine Frage? Vielleicht alles miteinander.
    »Ahm … nein …“ Und lauter, plötzlich gereizt, fast empört: »Wie stellst du dir denn das vor? Verdammt, wie kannst du so was nur fragen?«
    Iris hatte sich neben Nadines Kindersitz gekniet, ihr mit einem Papiertaschentuch den Mund abgeputzt und ihr einen raschen Kuss auf die Stirn gegeben. Jetzt stand sie auf.
    »Ich höre wohl nicht recht, Ivor!«
    »Wie meinst du das?«, blaffte er. Sein Gesicht war verkrampft.
    »Du musst es ihnen sagen. Wie stellst du dir denn das vor, fragst du. Ja, und wie stellst du dir das vor? Die denken doch alle, dass Hebe wirklich entführt worden ist – die Polizei, ihr Mann … Ihr Mann , Ivor! Denkst du an den denn gar nicht? Du musst ihnen sagen, dass du es warst, dass du die Sache eingefädelt hast.«
    Er fasste sich allmählich wieder. »Natürlich habe ich an die Polizei gedacht. Wenn es nur um den Unfall gegangen wäre, wenn sie nicht diese Entführungsgeschichte ernst genommen hätten, wäre ich sofort hingegangen und hätte es ihnen erzählt, ohne Rücksicht auf die Folgen. Ganz bestimmt. Ich hätte keinen Augenblick gezögert.«
    »Auf welche Folgen?«, fragte Iris.
    »Erstens Gerry Furnal, zweitens ein paar gehässige Bemerkungen in einer Kolumne des Mirror. «
    Was denn jetzt anders sei, wollte ich wissen.
    »Statt ein paar gehässiger Bemerkungen wäre es eine Skandalgeschichte auf der ersten Seite. Abgeordneter lässt Ehefrau eines Fundraisers entführen. Außerdem geht es jetzt sowieso nicht mehr.« Auf dem Kaminsims stand eine Uhr, und er hatte eine Armbanduhr am Handgelenk, trotzdem fragte er: »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach vier.«
    »Wie lange ist die Sache jetzt schon in den Nachrichten? Seit gestern Abend, nicht? Heute haben es alle Zeitungen gebracht, wahrscheinlich auch das Fernsehen, ich hab nur nicht reingesehen. Sie werden mich fragen – es ist das Erste, was sie fragen werden –, warum ich erst jetzt damit komme. Ich kann es ihnen nicht sagen, Rob. Der Zug ist abgefahren.«
    Wir blieben bei ihm, das heißt, ich blieb bei ihm, und Iris ging aus dem Haus, kaufte Brot und Räucherlachs und machte uns Sandwiches. Ivor aß nichts. Wir schalteten den Fernseher zu den ersten Abendnachrichten ein, und natürlich war es der Aufmacher, mit weiteren Bildern von dem Unfall und Fotos von Hebe und ausführlichen Berichten über einen missglückten Entführungsversuch. Sie zeigten Gerry Furnal, einen gebrochenen, weinenden Mann – die Tränen liefen ihm in Strömen über die Wangen der sagte, er könne sich nicht vorstellen, warum jemand Hebe habe entführen wollen, sie müssten doch gewusst haben, dass bei ihm kein Lösegeld zu holen sei. Es gab Spekulationen über einen sogenannten »Drahtzieher« der Entführung. Als Ivor das hörte, schlug er die Hände vors Gesicht. »Macht den Scheißkasten aus«, stieß er hervor.
    Viel später brachten wir Nadine heim. Iris war todmüde, trotzdem sprachen wir an dem Abend noch lange über Ivors Entscheidung, nicht zur Polizei zu gehen. Richtig verstehen konnten wir sie wohl beide nicht. Hätte er sich gemeldet, sobald er mittags die Zeitungen sah, sagte Iris, wäre zwar nicht alles in Ordnung, aber doch sehr

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