Das Geburtstagsgeschenk
von ihnen.
Ich hätte gern einen neuen Wagen und einen neuen Teppich und einen anständigen Fernseher. Ich hätte gern ein paar schöne Kleider, nicht das Zeug aus dem Versandhauskatalog. Ich brauchte mich ja nicht gleich zu entscheiden, ich konnte in Ruhe überlegen, aber dagegen, dass ich die Perlen mit nach Hause nahm, war ja wohl nichts einzuwenden. Wenn ich sie hierließ, würde eine dieser sogenannten Freundinnen von Hebe, die Nanny vom Dienst, eine dieser raffgierigen Quatschtanten, hier rumstöbern und sie finden und selber einstecken.
Ich hatte meine Handtasche mitgebracht, in die kamen die Perlen samt Etui. Du brauchst nichts zu entscheiden, sagte ich mir, du brauchst nicht mal drüber nachzudenken, aber ich tat es doch und tue es immer noch. Ein Juwelier darf sich weigern, sie mir abzukaufen, wenn ich nicht nachweisen kann, dass sie mir gehören, dass ich ein Anrecht darauf habe, so was habe ich schon gehört. Ich holte das Etui noch mal raus und sah auf die Unterseite, und da stand, dass die Perlen von Asprey’s waren. Ich weiß, wo Asprey’s ist. In der Bond Street. Wenn ich ganz mutig wäre und sagen würde, Ivor Tesham habe mir die Perlen geschenkt, der Juwelier könne sich das gern von ihm bestätigen lassen – würde Ivor Tesham sich darauf einlassen? Ich glaube schon. Wenn er fürchten müsste, ich würde Gerry stecken, dass er Hebes Liebhaber war.
Heute früh habe ich zwei interessante Sachen in der Zeitung gelesen. Die eine war, dass Tesham Staatssekretär im Verteidigungsministerium geworden ist, und die zweite, dass die Polizei in dem Wrack des Unfallautos eine Schusswaffe gefunden hat. Jetzt frage ich mich, ob die Männer in dem Auto sich wirklich geirrt haben, als sie sich Hebe schnappten. Sie wollte zu Tesham, das hat sie mir selber gesagt, sie sollte mit einem Auto hingebracht werden und dort ihr Geburtstagsgeschenk in Empfang nehmen. Das klingt, als hätte Tesham die beiden dafür bezahlt, Hebe zu holen, aber das kann nicht sein. Er als Abgeordneter hätte doch keine Pistole gehabt – oder doch?
Dann machte ich mich ans Sortieren. Ich nahm die Sachen von den Bügeln im Kleiderschrank und legte sie aufs Bett: leichte Sommerkleider, Miniröcke, T-Shirts, Tops, Jeans, zwei Mäntel, aber kein Regenmantel. Frauen wie Hebe haben keinen Regenmantel, sie staksen auf High Heels unter einem zu kleinen Schirm herum, werden nass und kreischen, weil der Regen ihnen die Frisur ruiniert. Hat Gerry nie einen Blick in ihren Kleiderschrank geworfen? Wahrscheinlich nicht. Ganz hinten, hinter den Schuhen, meist hochhackigen Riemchensandalen, stand ein kleiner Koffer. Ich machte ihn auf und war schockiert. Aber nicht nur. Das Leben hatte endlich wieder einen Reiz.
Das Erste, was ich sah, war ein Hundehalsband aus schwarzem Leder mit Stacheln. Dann hüfthohe Stiefel – nicht die Schnürstiefel, die hatte sie angehabt – und Schlüpfer ohne Schritt und Push-up - BHs , Netzstrümpfe, ein schwarzes Spitzenkorselett. Ein Minirock aus schwarzem Leder, ein Korsett mit Strapsen, Sachen, wie man sie in der Auslage von Ann Summers’ Erotikshop sehen kann, wenn man hinguckt, was ich immer höchstens eine halbe Minute mache, denn so was ist nichts für Frauen wie mich. Ich schaue kurz hin und dann wieder weg, weil mich dabei ein Gefühl beschleicht, das ich nicht will. Das ich missbillige und das mich trotzdem erregt. Und zwar auf eine Art, die ich nicht mag. Begehren, sexuelles Begehren will ich nur gezielt für einen Menschen empfinden, nicht als diese intensive, aber ziellose Sehnsucht – wonach? Nach mir selbst? Die Sehnsucht, mich berühren zu lassen, einerlei von wem?
Ich habe die Sachen nicht ausgepackt. Darunter lag noch mehr, was ich mir nicht mal angesehen habe. In meiner Brust pochte es, das Luftholen fiel mir schwer, und wäre in diesem Moment Lucy gekommen, hätte ich wahrscheinlich kein Wort rausgebracht. Ich klappte den Deckel zu und steckte den Koffer in einen der Müllsäcke. Was ich damit machen würde, wusste ich noch nicht. Darüber hatte ich die Perlen erst mal vergessen.
Ich brachte die Müllsäcke und die Tragetasche und meine Handtasche nach unten und stellte alles in den Kofferraum meines Wagens. Lucy war mit Justin spazieren gegangen. Ich lief unten noch ein bisschen durch die Räume und überlegte, dass Gerry mich gern hier gehabt hatte und dass es so hätte weitergehen können, wenn die anderen nicht dazwischengefunkt hätten. Jetzt würde ich ihn wohl nie wiedersehen. Früher
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