Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
Vom Netzwerk:
hätte ich es getan. Um – ja, um ihn sozusagen reinzuwaschen. Aber Lloyd war tot, und Dermot lag im Koma. Hätte ich ausgesagt, es sei nur eine Art Spiel gewesen, hätte man mir nicht geglaubt, und …“ Sie zögerte, dann setzte sie rasch hinzu: »Und Lloyd hatte mir nie Ihren Namen genannt.«
    Ivor war wie vor den Kopf geschlagen. »Was?«
    »Nicht böse sein. Es stimmt. Er hat mir nie gesagt, wie Sie heißen, und ich habe nicht danach gefragt.«
    »Mein Gott«, sagte Ivor. »Nein, ich bin Ihnen nicht böse.«
    »Lloyd kam an dem Freitagvormittag zu mir, um Sachen abzuholen, die noch bei mir im Haus waren. Er hatte sich eine Wohnung gemietet. Er schuldete mir Geld – genau den Betrag, den Sie ihm schuldeten. Das gab er mir und sagte, dieser Parlamentarier, mit dem Nicola Ross ihn bekannt gemacht habe, bezahle ihn dafür, eine Frau ›abzugreifen‹, wie er sagte, sie zu fesseln und zu knebeln und in ein Haus in Hampstead zu bringen. Die Frau sei im Bilde, es sei nur ein Spiel, und er solle fünfhundert Pfund dafür bekommen. Ich hätte nach dem Namen des Parlamentariers fragen können, aber es interessierte mich nicht weiter. Ich dachte mir nur, dass es für so wenig Aufwand ein gut bezahlter Auftrag war, und dann sprachen wir über andere Dinge.«
    »Sie hätten meinen Namen also nie erfahren, wenn ich ihn nicht am Telefon genannt hätte.«
    Sie lächelte. »Richtig.«
    Er hatte sich verraten. »Was gedenken Sie zu unternehmen?« Es war dieselbe Frage, die er Jane Atherton gestellt hatte, und er bekam mehr oder weniger die gleiche Antwort.
    »Unternehmen? Ich verstehe nicht …“
    Ich weiß nicht, wie lange die Pause war, die nun entstand, aber sie reichte Ivor für eine rasche Bilanz. Am nächsten Morgen musste er im Unterhaus ein neues Flugzeug vorstellen, das gerade fertig geworden war und im Nahen Osten eingesetzt werden sollte, falls es zum Krieg kam. Er sah die Polizei anrücken – würde sie das Ministerium, würde sie sein Büro betreten dürfen? –, und er würde trotzdem seine Rede halten müssen in dem Bewusstsein, dass man ihn verhaften würde, sobald er den Saal verließ.
    »In diesen wenigen Sekunden hatte ich beschlossen, mich umzubringen«, sagte er, als er es mir erzählte.
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Nein, im Ernst. Da ich, anders als diese verdammten Amerikaner, keine Handfeuerwaffe besitze, dachte ich daran, mich aufzuhängen. Zu Hause natürlich, nicht im Ministerium.« Wieder lachte er bitter auf und legte mir eine Hand auf den Arm. »Schau mich nicht so an, Rob, es ist ja noch mal gut gegangen.«
    Er hatte sie fragen wollen, ob sie gedachte, ihn zu erpressen, brachte aber die Worte nicht über die Lippen. Ein Ober kam an ihren Tisch. Juliet bestellte, und Ivor schloss sich ihrer Wahl an, obwohl er überzeugt war, keinen Bissen herunterbringen zu können. Mit dem Trinken war es etwas anderes, und er bestellte eine Flasche Wein, ohne Juliet nach ihren Wünschen zu fragen. Als der Ober sich entfernt hatte, warf er ihr einen hoffnungslosen Blick zu, den Kopf voller Selbstmordgedanken. Sobald er sich über ihre Absichten im Klaren war, würde er zahlen, würde alles Bargeld aus seinen Taschen zusammenkramen und auf den Tisch legen und gehen. Zu Hause würde er eine halbe Flasche Whisky trinken und es tun, ohne allzu viel darüber nachzudenken.
    »Er macht aus allem gleich ein Drama«, meinte Iris nur, als ich ihr das erzählte. »Was ist die männliche Form von Diva?«
    »Es sollte nicht so weit kommen. Juliet sagte, sie werde überhaupt nichts unternehmen, es sei nicht ihre Sache. Es sei vorbei, und wenn man zur Polizei oder an die Presse ginge, sei damit keinem gedient.«
    »Ivor wird seinen Ohren nicht getraut haben. Leider denkt er von allen Leuten immer – das heißt fast immer – das Schlimmste, auch wenn er sie gar nicht kennt. Juliet scheint recht nett zu sein.«
    »Zu Ivor war sie sogar sehr nett.«
    Danach aß er dann doch mit Genuss. Der Wein, den er bestellt hatte, um seine Sorgen zu ertränken oder sich Mut anzutrinken, war nun zum Feiern da. Beim Hauptgang musste er einen kleinen Rückschlag hinnehmen, eine schlechte Nachricht, die aber mit einer guten gepaart war – wenn man so sagen durfte. Die schlechte Nachricht war, dass Juliet ihm sagte, Dermot Lynch sei wieder zu Hause, die gute, dass er keine Erinnerung an den Unfall habe. Lloyd hatte ihr erzählt, Dermot sollte das Kidnap-Auto fahren, die beiden hatten sich nach der Besprechung in dem Pub in Victoria noch

Weitere Kostenlose Bücher