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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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gemeint, Jane …“
    »Hast du doch. Überleg’s dir, aber überleg nicht zu lange. Ich bringe jetzt Justin ins Bett.«
    Ich trug Justin nach oben und packte ihn in das Bett seines Vaters, ohne ihn auszuziehen, dann legte ich die Perlen zu Hebes übrigem Schmuck. Ich hatte sie nun doch nicht verloren, sie waren noch in meiner Nähe, denn ich würde hier im Haus arbeiten. Ganz hinten in der Schublade entdeckte ich einen Zeitungsausschnitt in einer Plastikhülle – eine Aufnahme von Ivor Tesham, nachdem er 1988 für Morningford den Sitz im Unterhaus gewonnen hatte. Ich steckte die Plastikhülle in die Jackentasche und gab Justin einen Kuss, um mich auf meine Nanny-Rolle einzustimmen.
    »Es ist sehr nett von dir, und ich danke dir dafür«, sagte Gerry, als ich herunterkam. »Natürlich wäre es erst mal zur Probe.«
    »Aber nur eine Woche«, sagte ich. »Dann muss ich es wissen, ich muss schließlich einen Mieter für meine Wohnung suchen. Und jetzt lass uns mal über Geld reden.«

12
    Zu Beginn habe ich versprochen, die Politik nach Möglichkeit zu meiden, aber einige politische Ereignisse müssen doch erwähnt werden, zum Beispiel die Nachwahl, die durch den Tod eines konservativen Abgeordneten notwendig wurde. Am Wochenende davor fuhr Ivor in seinen Wahlkreis, um den Kandidaten zu unterstützen. Dabei äußerte jemand, dessen Namen ich vergessen habe – es war nicht Ivor –, einen anderen als den Tory-Kandidaten zu wählen wäre ein Triumph für die IRA-Terroristen. Das Ergebnis war ein Sieg für den Liberaldemokraten. Die Wähler sind launisch und unberechenbar und lassen sich nicht unter Druck setzen – so viel verstehe sogar ich von Politik.
    Bei den Tories gab es Heulen und Zähneklappern (wie der bibelfeste Sandy gesagt hätte), denn sie sahen voraus, dass sich für die nächste Parlamentswahl in gerade mal einem Jahr ein Sieg der Labour Party abzeichnete. Sogar Ivor machte sich Sorgen, was ihn vorübergehend von seinen persönlichen Problemen ablenkte. Bis dahin hatte er sich noch nicht mit Juliet Case in Verbindung gesetzt, tat es aber in der Woche, die der Nachwahl folgte. Iris und ich wussten davon nichts. Damals hatten wir noch nie von Juliet Case gehört und glaubten, er habe sich inzwischen mit dem Status quo abgefunden. Bis auf Mrs. Lynch, ihren Sohn Sean und möglicherweise einige wenige Angehörige wusste niemand, wie es Dermot Lynch ging, und wir dachten, nach acht Monaten Koma bestünden kaum noch Chancen, dass er wieder zu Bewusstsein käme. Tatsächlich aber war Dermot inzwischen wieder bei seiner Mutter und seinem Bruder in Paddington. Zwei Tage nachdem Ivor beobachtet hatte, wie Juliet William Cross Court verließ, und ihr bis zu ihrer Wohnung gefolgt war, hatte man ihn aus dem Krankenhaus entlassen. Das war – was er damals noch nicht ahnte – ein Wendepunkt in Ivors Leben. Als er das erkannt und Gewissheit darüber hatte, wie es um Dermot Lynch stand, ging es für ihn allmählich wieder aufwärts. Er war in den vergangenen Monaten gealtert und hatte stark abgenommen. Als ich mich im September mit ihm im Unterhaus auf einen Drink getroffen hatte, kam in seiner kurzen Abwesenheit während der Abstimmung ein Liberaldemokrat, den ich flüchtig kannte, auf mich zu und fragte, ob mein Schwager Krebs habe – nicht mit diesen Worten, aber so war es gemeint. Mit dem Tag, als Ivor über Dermot Gewissheit hatte, verbesserten sich sein Gesundheitszustand und sein Aussehen, obwohl er im Amt stärker beansprucht war als je zuvor.
    Er hatte Juliet Case angerufen und ihr gesagt, er sei ein paarmal mit Lloyd zusammen gewesen und habe erst kürzlich von ihrer Existenz erfahren. Er schulde Lloyd Geld und habe gedacht, er würde es ihm nie mehr zurückzahlen können, aber es sei nicht mehr als recht und billig, wenn jetzt sie es bekäme. Wie viel Überwindung dieser Anruf ihn gekostet hatte, verriet er nicht. Aus irgendeinem Grund hatte er mit einer Abfuhr gerechnet, aber sie reagierte »ganz reizend«, wie er sagte. Sie hatte eine schöne Stimme, und es überraschte ihn nicht, dass sie an der renommierten Royal Academy of Dramatic Arts gewesen war. Sie lud ihn zu sich ein, aber weil er Hemmungen hatte, sich erneut in die »finstersten Winkel von Queens Park« zu begeben, wie er es ausdrückte, lud er sie zum Abendessen ein. Iris sagt, eine Einladung zum Abendessen sei, wenn es um eine Frau gehe, seit jeher Ivors Patentrezept.
     
    Nun weiß ich natürlich nicht genau, was sie im Restaurant miteinander

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