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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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«Na, ich hoffe nur, dass alle bald wieder heil und sicher über Tage sind.»
    «Sie selbst scheinen sich keine großen Sorgen zu machen», bemerkte Bringshaus.
    «Ach   …» Traveen winkte ab. «Ich habe es schon lange aufgegeben, mir Sorgen zu machen. Meine Tochter reist in der halben Welt herum, krabbelt in jedes Höllenloch und schickt mir Ansichtskarten von Orten, deren Namen ich nicht mal buchstabieren kann. Wenn ich jedes Mal graue Haare bekommen sollte, wenn sie sich in Gefahr begibt, müsste ich mir erst mal neue wachsen lassen.» Er lächelte verschmitzt und klopfte aufseinen kahlen Schädel. «Tia schafft das schon. Und wenn Leute bei ihr sind, die ihre Hilfe brauchen, wird sie auch die wieder ans Tageslicht bringen.»
    Er verstummte und blickte zu Carolin hinüber, die in einigen Schritten Entfernung konzentriert telefonierte und sich Notizen auf einem Ringblock machte. Es dauerte einige Minuten, doch als sie schließlich zurückkam, war ihr Gesicht vor Aufregung gerötet.
    «Treffer!», verkündete sie triumphierend. «Es gibt nur zwei Helmschrodts im ganzen Landkreis, und gleich der erste war der Richtige: Ein Mann namens Kurt Helmschrodt aus Egendorf. Sein Großvater war Markscheider in diesem Bergwerk – so etwas wie ein Vermessungsingenieur. Der war es, der um 1900 die Statue auf dem Friedhof gestiftet hat, als Dank für seine Rettung nach einem Schachteinsturz. Die ganze Familie war über Generationen im Bergbau tätig, und auch Kurt hat bis 1966 hier gearbeitet.»
    «Dann müsste er ja schon ziemlich alt sein», folgerte Böttcher.
    «Neunundachtzig», bestätigte Carolin, «und etwas verwirrt im Kopf, zumal ich ihn aus dem Bett geholt habe. Ich glaube nicht, dass er wirklich begriffen hat, wer ich bin und was ich von ihm wollte – aber als ich auf das Bergwerk zu sprechen kam, blühte er förmlich auf und kramte die tollsten Geschichten heraus.»
    «Und? Weiß er etwas von einem Nebenstollen?», fragte Bringshaus gespannt.
    «Ja! Er selbst hat dort nie gearbeitet, denn der Stollen war schon zu seiner Zeit geschlossen, aber die Bergleute wussten, dass es ihn gab. Er soll an einer Steilwand im Duwengrund liegen.»
    «Duwengrund   … das ist eine Senke nordwestlich des Bergs»,erinnerte sich Bringshaus. «Früher war da mal ein Campingplatz. Schade – falsche Richtung.»
    «Wieso?», fragte Traveen.
    «Ihre Tochter hat gesagt, dass der Ausgang südöstlich des Bergs liegen muss», erklärte Böttcher.
    «Hm   … wenn Tia das sagt, wird es stimmen. Schade, in der Tat.»
    Enttäuscht blickte Carolin von einem zum andern. «Meinen Sie nicht, man sollte der Sache nachgehen?»
    «Wusste dieser Helmschrodt irgendetwas von der Höhle?», fragte Böttcher zurück.
    Carolin schüttelte den Kopf. «Zu seiner Zeit wurde nur noch auf den oberen drei Ebenen des Bergwerks gearbeitet. Es war zwar bekannt, dass es auf der untersten Ebene diesen Müllschacht gab, aber niemand wusste, wo er hinführt.»
    Bringshaus spürte, wie Böttcher ihn von der Seite anblickte. «Das hilft uns nicht weiter. Wir sollten gehen, Jörn, und uns Schultzes Leuten anschließen.»
    Bringshaus seufzte. «Ja, du hast wohl recht.» Er erhob sich, nahm seine Lampe auf und schulterte die Hacke.
    «Kann ich Sie begleiten?», erbot sich Carolin.
    «Das hätte wenig Sinn», wehrte Böttcher ab, der ihre Schuhe musterte. «Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber mit diesen Absätzen können Sie nicht im Gelände herumklettern. Sie würden uns nur aufhalten.»
    Carolin biss sich auf die Lippen und schwieg.
    «Trotzdem vielen Dank!», sagte Bringshaus und schenkte der Journalistin einen anerkennenden Blick.
    Interessante Frau, dachte er. Hätte ich zurzeit keine anderen Sorgen, dann würde ich mich wahrscheinlich freuen, wenn sie mitkäme.
    Carolin erwiderte seinen Blick. «Viel Glück!»
    Sie gingen über den Vorplatz und die Auffahrt hinunter, wo der Wanderweg abzweigte, auf dem Schultzes Truppe sich entfernt hatte. Bringshaus schwieg nachdenklich, wobei er schon wieder bemerkte, dass Böttcher ihn aus dem Augenwinkel musterte.
    Er bewacht mich, dachte er ärgerlich. Er will sichergehen, dass ich nichts Unüberlegtes tue. Herrgott, warum habe ich mich je mit ihm eingelassen?
    «Eigentlich doch ganz interessant, was diese Reporterin herausgefunden hat», sagte Böttcher überraschend.
    Bringshaus zuckte die Achseln. «Leider hilft es uns nicht weiter, wie du schon gesagt hast.»
    «Mein Fehler – ich war wohl zu abweisend.

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