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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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zurückgeholt.
    Lancelot errötete und reckte das Kinn. Er drückte ihr wortlos sein Textheft in die Hand und lächelte verächtlich. »Die paar Kartoffeln dort?«, fragte er. »Na, hör mal!« Er packte den riesigen Eimer am Henkel und versuchtedann, den vollen Waschzuber mit der anderen Hand hochzuheben, was natürlich nicht gelingen konnte.
    Pippa wollte ihm helfen, wurde aber von einem blitzenden Blick zurückgehalten. »Äh«, sagte sie. »Hör mal, Lancelot. Das ist doch wirklich die Aufgabe des Kochs, meinst du nicht? Du bist der jugendliche Held, du solltest dich nicht mit schnöden Kartoffeln abgeben.«
    Erleichtert ließ Lancelot den Zuber los und stellte auch den Eimer wieder ab. »Du hast ja so recht«, sagte er mit feurigem Blick. »Klug und schön, das bist du, Pippa!« Er griff nach ihrer Hand und drückte einen Kuss darauf.
    »Lancelot, lass doch«, sagte sie verlegen und wischte ihre Hand ab. »Wenn mein Vater das sieht …«
    Die Erwähnung des für sein reizbares Temperament berüchtigten Magiers ließ den jugendlichen Helden erbleichen. »Oh«, sagte er und nahm hastig etwas Abstand. »Ja, du hast schon wieder recht. Wir sollten ihn lieber nicht …«, er sah sich unbehaglich um.
    »Da kommt Zarter Blütenzauber«, rief Pippa erleichtert und gleichzeitig ein bisschen enttäuscht aus.
    Der Koch und Kraftmensch des Theaters lief mit schaukelnden Schritten auf sie zu und winkte, während sein dünner schwarzer Zopf wie ein lebendes Wesen um seinen Kopf flog. Er hielt schnaufend vor Pippa an, deutete auf den Zuber und den Eimer, legte die Pranken vor der Brust zusammen und verneigte sich.
    »Gerne geschehen, Zarter«, sagte Pippa und lächelte ihn an. Sein rundes, honigfarbenes Gesicht leuchtete auf. Der Riese vollführte erneut eine für seine Größe und Massigkeit erstaunlich schwungvolle Verbeugung,wobei der Blick seiner lackschwarzen Augen kurz und beinahe ängstlich zu Lancelot hinüberschoss.
    Der junge Mann schaute verdrießlich auf Pippa und bemühte sich um einen gelangweilten Gesichtsausdruck. »Darf ich dich dann jetzt nach Hause geleiten?«, fragte er.
    Es klang ein wenig quengelig, wie bei einem kleinen Jungen, fand Pippa und schob den unfreundlichen Gedanken ganz schnell beiseite. »Es wäre mir ein Vergnügen«, erwiderte sie und nahm den dargebotenen Arm.
    Der riesige Kraftmensch sah den beiden jungen Leuten nach, als sie davonspazierten, und seufzte leise. Dann bückte er sich mit einem ergebenen Ächzlaut, ergriff mit der einen Pranke den Eimer, mit der anderen den Zuber und stapfte hinter Pippa und Lancelot her.

7
    Es ist ein Geist des Guten in dem Übel,
Zög ihn der Mensch nur achtsam da heraus!
    Heinrich V.
    »Wo bist du gewesen?«, wurde Pippa scharf und unfreundlich empfangen, als sie den engen dunklen Wagen betrat, in dem sie mit ihrem Vater wohnte. Der Wagen war gerade groß genug für Lorenzos schmales Bett und ihre eigene Hängematte, einen Schminktisch und die Kästen mit den Requisiten und Kostümen. Wenn sie einen Tisch brauchte, musste sie die Hängematte aufrollen und ein Brett aus der Wand klappen. Lorenzos Wagen war einer der kleinsten und beengtesten im ganzen Zug und für zwei Personen einfach nicht geeignet, aber der Magier weigerte sich, in einen größeren Wagen umzuziehen, obwohl der Prinzipal es ihm immer wieder anbot. Lorenzo bezeichnete das als unnötigen, verweichlichten Luxus, und Pippa vermutete, dass er das Angebot nur ausschlug, um sie zu quälen, denn sie bettelte schon lange darum, ein bisschen mehr Platz und Privatsphäre für sich zu haben.
    »Der Prinzipal hat mich geschickt, um Zarter Blütenzauber zu suchen«, gab sie als Antwort auf Lorenzos Frage nicht minder scharf zurück.
    Das ist nicht mein Vater, ging ihr der schreckliche alteRefrain durch den Kopf. Nicht mein Vater, nicht mein Vater … Mein Vater ist freundlich und sanft, er versteht mich und hat mich lieb, er ist nicht dieser böse, verletzend kalte Mann, der da vor mir steht …
    »So, der Prinzipal?«, erwiderte der Magier mit deutlichem Zweifel in der Stimme. Eine unangenehme Stimme war das, kalt und schneidend wie Metall und Eis. Pippa unterdrückte den angewiderten Schauder, der sie schütteln wollte, und nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Das werde ich nachprüfen.« Lorenzo fixierte sie, wartete auf ein Zusammenzucken oder den Anschein eines schlechten Gewissens, aber Pippa erwiderte seinen starren kaltgrünen Blick und das dünnlippige ironische Lächeln mit eiserner

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