Das gefrorene Lachen
wir gefehlt, verzeiht;
Uns sei die Hand, euch
unser Herz geweiht.«
Die Ballettmusik übertönte den aufbrandenden Applaus.
Pippa schlängelte sich an Bühnenarbeitern, Requisiten, Dekorationsteilen, wartenden Statisten und miteinander flüsternden Musikern vorbei und linste durch den Vorhang in den Zuschauerraum.
Anders als bei der Probe am Nachmittag war der Innenraum jetzt rundum mit Bänken und Stühlen gefüllt, die anscheinend allesamt besetzt waren. Gesichter, rötlich und gelblich beleuchtet vom Widerschein der Lampen, richteten sich auf die Bühne, voller Erwartung, was als Nächstes dort oben passieren mochte.
Sie sah, wie der Prinzipal von der Bühne stieg und auf sie zukam, dabei zog er seinen langen Mantel aus und nahm die Krone ab, reichte beides seiner Frau, die mit seiner weiß-goldenen Uniformjacke und einem Handtuch neben ihm hereilte, wischte sich über das gerötete Gesicht, hätte Pippa im Vorbeigehen beinahe den Kopf getätschelt, wenn sie ihn nicht hastig zur Seite gebeugt hätte (die kunstvolle Frisur!), und lief dann hinaus zu den wartenden Zentauren.
»Los, auf die Bühne«, zischte jemand neben ihr. Sie fuhr zusammen. Es gehörte zu Lorenzos unangenehmeren Eigenschaften, lautlos aufzutauchen und einen zu Tode zu erschrecken.
Pippa ging zur Bühnenmitte, winkte, knickste und warf Kusshände ins Publikum und wies dann mit großer Geste auf Lorenzo. Der blickte düster und dämonisch ins Publikum (Pippa hörte den einen oder anderen Laut wonnevollen Gruselns) und breitete die Arme aus. SeinUmhang fiel in weichen Falten auf den Boden, bewegte sich in kleinen hastigen Wellen, dann hoben sich seine Säume, und eine Schar hellbrauner Tauben flog auf und flatterte mitsamt dem Umhang hoch in den Schnürboden.
»Aaaaah!«, erklang es aus dem Zuschauerraum.
Jetzt folgte ein furioser Wirbel aus Farbe, Licht und aus dem Nichts auftauchenden und wieder verschwindenden Gegenständen. Pippa rannte hin und her, sammelte Tücher und Blumensträuße auf, lächelte und kämpfte mit ihrer sich auflösenden Frisur.
Dann breitete Lorenzo erneut in einer großen Geste die Arme aus, der Umhang fiel vom Bühnenhimmel auf ihn herab, und beide, Zauberer und Umhang, verschwanden in einem grünen Lichtblitz. Der entzückte Aufschrei des Publikums überdeckte das erschreckte Ächzen, das Pippas Kehle entfuhr. Lorenzo hatte sich von der Bühne gezaubert und sie einfach stehen lassen. Mit einem verdutzten letzten Knicks huschte Pippa davon und stand dann ein wenig verloren auf der Seitenbühne, wo nach Kräften geräumt, geschoben und unterdrückt geflucht wurde. Auf der Bühne verkündete inzwischen der Prinzipal, dass sich die Abendvorstellung nun ihrem Ende zuneige und zum Abschluss auf dem Vorplatz noch eine Pferdemenschendressur und eine grandiose Abschlussüberraschung auf das geneigte Publikum warte.
»Das Feuerwerk. In einer Viertelstunde«, zischte ihr eine körperlose Stimme ins Ohr. Pippa schreckte zusammen und schüttelte angewidert den Kopf. Das war noch schlimmer, als sich an sie heranzuschleichen und sie zuerschrecken. Aber gut, er sagte ihr zumindest Bescheid – und das erklärte auch den ungewöhnlich eiligen Abgang von der Bühne. Lorenzo musste noch das Abschiedsfeuerwerk abbrennen – das gehörte zum Handwerk des Magiers.
Pippa zog aufatmend ein Dutzend Haarnadeln aus ihrer Frisur, während ein weiteres halbes Dutzend klimpernd um sie herum zu Boden fiel. Beim Feuerwerk hatte sie nicht viel zu tun, außer neben ihrem Vater zu stehen und ihm gelegentlich etwas anzureichen.
Ein letztes Mal lief sie zum Garderobenwagen, bat die erhitzt und müde aussehende Janne, die mitten in einem riesigen Wust aus Kostümen und Haarteilen kniete, um ihre Kleider und zog sich um. Wie bequem waren doch ihre Pantinen und der lange, warme Rock, die kuschelige Strickjacke und das dicke Hemd darunter. Auch wenn die Sonne tagsüber schon fast sommerlich warm vom Himmel schien – noch waren die Nächte lang und kalt und es lag immer noch ein Hauch von Winter in der Luft.
Lorenzo hatte das Feuerwerk außerhalb des Wagenkreises aufgebaut, sodass man vom Theater aus freie Sicht auf das Geschehen am Himmel hatte.
Pippa ging über den Platz, an der Menge vorbei, die sich um die Vorstellung der beiden Zentauren scharte, die sich mit dem Prinzipal und seiner langen Peitsche ein kleines Duell lieferten. Pippa hörte das Lachen der Zuschauer und die begeisterten Rufe der Kinder und lächelte.
Dann gelangte sie an den
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