Das gefrorene Lachen
waren schon seltsam.
Der Koch hielt ihr Handgelenk fest, als sie die Tasse abstellte, und machte ihr ein Zeichen. Pippa wartete, während er nach hinten ging und in einer Dose herumkramte. Er kehrte zu ihr zurück und drückte ihr drei Glückskekse in die Hand.
Pippa schaute auf die festen, braunen Kekse hinab und dann in das erwartungsvolle Gesicht des Kochs. »Zarter«, sagte sie, um Worte verlegen, denn sie wollte ihm nicht wehtun, »Zarter, das ist sehr lieb von dir. Ich freue mich auch sehr darauf, sie zu lesen, aber jetzt habe ich gar keine Zeit dafür. Heute Abend, ich verspreche es dir! Ich komme zu dir und lese sie mit dir. Ganz großes Ehrenwort!«
Sie beugte sich vor und griff nach seiner riesigen Hand, um sie fest zu drücken.
Der Koch neigte ein wenig enttäuscht den Kopf, aber er erwiderte den Druck ihrer Finger. Dann ließ er ihre Hand los und schob sie sanft fort. Geh, sagte seine Handbewegung.
Pippa steckte die Glückskekse vorsichtig in die Tasche und winkte ihm zu. Es wäre schön gewesen, sich auf sein Sofa zu kuscheln und seine Gedichte zu lesen, während er nebenan in den Töpfen rührte und ihr gelegentlich etwas zu naschen brachte. Aber das konnte sie jetzt nicht. Sie musste nach Hause und ihren Vater beruhigen, der mit Sicherheit schrecklich wütend war, weil sie ihn beim Feuerwerk hatte sitzen lassen.
Die reguläre Nachmittagsvorstellung fiel wegen der Proben zu »Maurizio» aus, stattdessen gaben die Zentauren, Clowns und Jongleure auf dem Vorplatz eine Kindervorstellung. Lorenzo ruhte sich wahrscheinlich gerade in ihrem Wagen aus.
»Papa?«, rief sie und öffnete die Tür. »Papa, bist du daheim?« Sie trat ein und wurde von einer Ohrfeige empfangen, dass ihr die Zähne aufeinanderschlugen und dieOhren zu klingeln begannen. »Was …?«, rief sie und fiel vor Schreck rückwärts gegen die zuknallende Tür.
»Du wagst es …«, brüllte Lorenzo und schlug ihr ein zweites Mal mit der flachen Hand ins Gesicht. »Du wagst es, hier hereinzukommen, als wäre nichts geschehen?« Klatsch, die dritte Ohrfeige. Pippa duckte sich und hielt sich die brennenden Wangen.
»Papa«, keuchte sie. »Papa …« Der Magier raste vor Zorn. Pippa sah seine flammenden Augen, das gesträubte Haar, das vor Wut totenbleiche Gesicht und schob sich langsam rückwärts, von ihm fort. In seinen Augen glühte der gleiche wahnsinnige Funke, den sie in Alonsos Blick gesehen hatte – etwas, was viel kälter war und viel furchterregender als Zorn.
»Wo bist du gewesen?« Er setzte ihr nach, packte sie bei den Armen und schüttelte sie heftig. »Wo warst du? Bei deiner Arbeit warst du gestern jedenfalls nicht, du Hure!«
»Papa!«, rief sie empört und vergaß ihre brennenden, schmerzenden Wangen. »Wie kannst du …«
Wieder ein Schlag, der ihr kurz den Atem nahm. Lorenzo fuhr fort, sie zu schütteln wie eine Lumpenpuppe. »Wo bist du die ganze Nacht gewesen? In wessen Bett hast du gelegen? War es dieser blonde Schönling Lancelot?« Eine Ohrfeige. »Oder dein Liebling, der dumme August?« Schütteln. »Oder hattest du Appetit auf die Bocksbeine von Hans? Auf den lahmen Gaul Demetrios, der dir immer so lüstern auf den Hintern glotzt?« Eine Ohrfeige.
Pippa gab es auf, sich vor seinen Schlägen wegzuducken.Sie hielt schützend die Hände vors Gesicht, rief: »Nein, nein, ich war nicht … Papa, ich bin nicht …«, aber Lorenzo ließ sie nicht zu Wort kommen, fuhr fort, sie zu schütteln und zu ohrfeigen.
»Du bist genau wie deine Mutter, du … du Flittchen!«, schrie er endlich ein letztes Mal und ließ sie los, stieß sie von sich, dass sie gegen die Wand und dann auf den Boden fiel.
Pippa weinte vor Schmerz und vor Wut. Nicht mein Vater , sang es in ihrem pochenden Kopf. Nicht mein Vater , glühte es durch ihre brennenden Wangen. Nicht mein Vater , tropfte es heiß aus ihren Augen. »Du bist nicht mein Vater«, flüsterte sie rau. »Du bist ein Ungeheuer, ein Fremder, ein böser, böser, böser Mann …« Ihre Stimme brach in einem Schluchzen.
Lorenzo, der in einen Stuhl gesunken war und sein Gesicht in den Händen vergrub, fuhr auf. »Was hast du gesagt?«
Pippa wischte sich über die Augen und erwiderte seinen Blick voller Hass. »Du bist nicht mein Vater«, wiederholte sie. »Ich will dich nicht mehr sehen.« Sie stand auf und hielt sich an der Wand fest, weil sich alles um sie drehte.
Lorenzo stand auf, griff nach der zur Hälfte geleerten Flasche auf dem Tisch, in der eine grüne Flüssigkeit
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