Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
Vom Netzwerk:
Pfützen, die unter Schuhwerk und Hosenbeinen entstanden, das Rücken von Stühlen und Bänken, auf den Tisch klopfende Hände, »Herr Wirt, ein gut Gezapftes« und »Ich bitte einen heißen Tee«;. Lene, die mit hochroten Backen und sich auflösendem Zopf von Tisch zu Tisch rannte und vor Aufregung andauernd kicherte, das Klappern von Bechern und Krügen, die Wirtin, die Platten mit Aufschnitt und Bratenscheiben durch die Luke reichte, der Wirt, der den Zapfhahn betätigte, »Jeder nur zwei Krüge«, wiederholte und zwischendurch Lene zur Ordnung rief. Der Lehrer, der sich zum Posaunisten setzte und ihm einen Vortrag über das Theater und die guten alten Zeiten hielt, zwei Artisten, die probierten, ob man auf den Bänken einen Handstand machen konnte, und denen dabei das Wasser aus den Haaren tropfte, und dazwischen Jasper, der Fuhrmann, der alldem mit offenem Mund zusah.
    Draußen ging noch immer ein heftiger Regen nieder, während das Gewitter langsam davonzog. Es blitzte noch ein paarmal, in der Ferne vergrollte der Donner, und dann wurde es langsam wieder hell. Die sich auflösenden Wolken entließen die letzten Regentropfen zur Erde, dann tröpfelte es nur noch sacht und melodisch von den Dachtraufen und Regenrinnen.
    Lene öffnete die Tür und die Fenster, ließ alle Gewitterluft aus dem Gastraum weichen und wechselte schamhafte kleine Blicke mit dem jüngsten Artisten, der still vor seinem leeren Becher saß und sacht nach Pfefferminztee roch.
    »Aufbruch, Männer«, sagte schließlich der Mann mit der großen Pauke und entlockte dem straffen Fell einen lauten Wirbel. »Wir müssen zurück!«
    Stühlerücken, Münzenklimpern, Becherklappern. Das leise Quietschen eines Akkordeons, zu Boden polternde Jonglierbälle. Gelächter, durcheinanderklingende Männerstimmen, ein letzter Blick zu Lene … es war wieder still im Gastzimmer.
    Lene ging von Tisch zu Tisch und stapelte Teller, Messer, Becher und Krüge auf ein Tablett. Jasper ließ sich wieder auf seinen Stammplatz sinken, den sich vorhin der Posaunist angeeignet hatte, und der Lehrer entfaltete erneut seine Zeitung. »Ach ja, das waren noch Zeiten«, murmelte er melancholisch.

14
    Die Höll ist ledig, und alle Teufel hier!
    Der Sturm
    Pippa lag auf dem Bauch im Schatten einer Buche, das Kinn in die Hände gestützt, und biss nachdenklich auf ihrem kleinen Finger herum.
    August hockte neben ihr und schob kleine Zettel auf dem dunklen Moos hin und her. »Schau«, sagte er. »Was hältst du davon?«
    Pippa runzelte die Stirn. »Die ersten vier gehören zur Geschichte. Aber das hier ist eins von den anderen. Hör zu:
     
    Seelenfänger, dunkles Grab
Gefängnis aus Erde und Wasser, gehärtet in Feuer und Zeit
Nur Liebe zerbricht, was Feuer formte
    Da ist wieder das Gefängnis. Erde und Wasser. Warte, wie hieß das in dem anderen Gedicht?« Sie blätterte in den Zetteln herum, die wie Rosenblätter um sie verstreut lagen, jedes mit einem kleinen Stein beschwert.
    »Da«, rief sie und hielt es August unter die Nase. »Die letzte Zeile.«
    Er nahm das Blättchen und las vor:
    »Nimmermehr beherrschst du den
Gefangenen des irdenen Gefäßes«
     
    Er sah Pippa an. »Das ist eins von den drei längeren. Warum haben diese Gedichte wohl eine andere Form als die anderen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass ich es sehe, aber nicht erkenne«, gab sie zu. »Aber wie deutest du diese beiden? ›Gefängnis aus Erde und Wasser‹ und ›Gefangener des irdenen Gefäßes‹ – das klingt doch, als wäre da jemand in ein, in ein …«
    »In einen Krug eingesperrt«, ergänzte August.
    Pippa öffnete verblüfft den Mund. »In einen Krug«, wiederholte sie nach einer Weile nachdenklich. »Das erinnert mich an etwas – aber woran nur?« Sie vergrub das Gesicht in den Händen, um besser nachdenken zu können.
    August schob weiter Zettel hin und her. »Diese drei und dann die, die von einem Gefangenen erzählen«, murmelte er vor sich hin. »Das Schloss und die verzauberten Leute darin.« Er schüttelte den Kopf. »Ich komme nicht dahinter, Pippa.«
    Sie setzte sich auf und fuhr mit den Händen durch ihre Haare, bis sie wild abstanden. Ihr Zopfband hing aufgelöst über ihre Schulter und ihre Augen flammten. »Wir sind so dumm«, rief sie heftig aus.
    August zuckte zusammen. »Ich weiß«, sagte er bedrückt.
    »Nicht du! Wir beide. Schau mal, von wem sind diese ganzen Gedichte? Wer hat sie aufgeschrieben?«
    August sah sie ohne ein Zeichen

Weitere Kostenlose Bücher