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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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des Verstehens an. »Zarter Blütenzauber«, erwiderte er dann ratlos.
    »Ja, Zarter. Und was wissen wir von ihm?«
    »Dass er sehr groß und außergewöhnlich stark ist. Dass er gut kocht«, zählte August auf. »Dass er …« Er runzelte die Stirn.
    »Dass er irgendwie anders ist als alle anderen im Theater. Er sieht anders aus, er benimmt sich anders, er ist stumm.« Pippa klatschte in die Hände. »Und er schreibt mir Gedichte, die ein Rätsel enthalten.« Ihre Augen wurden groß. »Und noch etwas wissen wir – oder besser: wissen wir nicht. Seinen Namen.«
    »Aber …«, wollte er widersprechen, doch dann nickte er langsam. »Das ist nur ein Gedicht.«
    »Das ist nicht sein Name. Wir nennen ihn bloß so, weil wir seinen richtigen Namen nicht kennen.« Pippa stöhnte auf. »Auch das erinnert mich an etwas, was ich vergessen habe.«
    »Wir fragen ihn.« August sprang auf die Füße. »Los, Pippa, wir fragen ihn einfach.«
    Sie blieb sitzen. »Er wird anfangen zu weinen«, sagte sie entmutigt. »Er bekommt Kopfschmerzen, wenn man ihn etwas fragt.«
    August stand da, die Hände unschlüssig an seine Hosenträger geklammert. »Woher weißt du das?«
    »Was?«
    »Woher weißt du, dass er Kopfschmerzen bekommt? Hat er dir das aufgeschrieben?«
    »Ich weiß es eben«, gab Pippa scharf zurück. Sie kniete sich hin und sammelte die Gedichte ein.
    August umklammerte immer noch seine Hosenträger. »Ich muss zur Probe.« Seine Augen hatten den Schimmer verloren, der sie sonst immer glänzen ließ, undsogar seine dunklen Locken schienen matt und mutlos herabzuhängen.
    Sie hielt inne. »Ach, Gustl«, sagte sie mitfühlend. »Willst du nicht deinen Vater bitten …«
    Er wandte sich ab. »Nein. Er will nichts davon hören.«
    Pippa sprang auf und hielt ihn fest. Sein Arm war fest und warm unter dem dünnen Stoff seines Hemds. »Und wenn du einfach nicht mehr zur Probe gehst? Dich weigerst, mit ihm zu arbeiten?«
    Seine Muskeln spannten sich unter ihrem Griff. Er sah sie nicht an. »Das geht doch nicht«, sagte er und seine Stimme war hoffnungslos. »Irgendetwas muss ich doch tun, Pippa.«
    Sie packte noch fester zu und drehte ihn zu sich herum. »Du bist doch kein Kind mehr«, sagte sie energisch. »Du kannst alles tun, was du willst. Wir sind in der Residenz, Gustl! Du könntest fortgehen und dir eine Anstellung suchen.«
    Er erwiderte ihren Blick und sie sah, wie einen Atemzug lang die goldenen Sprenkel in den waldbodenbraunen Tiefen aufschimmerten. Ein winziges hoffnungsvolles Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Fortgehen«, sagte er sehnsüchtig.
    Pippas Herzschlag beschleunigte sich und sie spürte einen Knoten in ihrem Magen. Sie würde August vermissen. Sie würde ihn sogar schrecklich vermissen!
    Sein Lächeln verschwand. »Nein«, sagte er fest. »Ich gehe nicht. Nicht ohne dich.«
    Pippa umarmte ihn vor lauter Erleichterung, ohne darüber nachzudenken, was sie tat.
    August erstarrte, dann legte er ganz vorsichtig seine Arme um sie. Pippa spürte seinen Atem und seinen Herzschlag und fühlte, wie ihr eigenes Herz hart gegen ihre Rippen schlug. Sie blieb eine Weile so stehen, wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte, und August schien es nicht anders zu gehen.
    Schließlich löste sie sich behutsam aus seiner unbeholfenen Umarmung und lächelte ihn verlegen an. Er nickte wortlos, warf ihr eine Kusshand zu, wurde flammend rot, wandte sich ab und lief davon.
    »Ach du je«, sagte Pippa und ließ sich in die Hocke sinken. »Ach du jemine!« August. Der dumme August, auf dem jeder herumtrampelte. Wie tapfer er da seinem schrecklichen Ausbilder entgegenging. Sie sah ihm hinterher. Die derbe Hose und das weite Hemd konnten nicht verbergen, wie gerade er gewachsen war und wie breit seine Schultern waren. Er war eigentlich ein wirklich ansehnlicher Junge, viel hübscher und ganz sicher viel gescheiter als der eingebildete Lancelot.
    »Augustin«, sagte Pippa vor sich hin. »Oh, du lieber Augustin.« Sie schalt sich stumm eine dumme Gans und fuhr fort, die Gedichte einzusammeln.
    Sie war immer noch in Gedanken, als sie zum Theater zurückkehrte. Die Gedichte wollte sie nicht in Lorenzos Wagen verwahren – weiß der Himmel, was ihr Vater damit anstellen würde, wenn er sie fand! Also brachte Pippa sie wieder in den Küchenwagen und legte sie in ordentlichen Stapeln auf einem der schmalen Borde ab. Dann stand sie eine Weile da und blickte sich um. Es warseltsam, dass es ihr gerade heute zum ersten Mal auffiel – ganz

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