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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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Landspitze«, sagte er. »Das Foto von der Wand wurde allerdings hier im Keller gemacht, im alten Teil des Hotels. Nach unserem ersten Fototag hat sie mich noch gebeten, diese Bilder zu machen. Warum sie sich für diese Tür und die Wand interessierte, hat sie mir aber nicht erklärt. Ich dachte, es hätte etwas mit Architektur zu tun, habe aber nicht ganz begriffen, was es damit auf sich hat.«
    »Hat sie etwas über diesen Stein gesagt?«, fragte Matthias und zeigte auf drei Fotos von dem Felsbrocken mit der Inschrift, den sie hinter dem Hotel entdeckt hatten.
    Robin musterte die Bilder. »Ja, komisch. Nach diesem Stein hab ich sie auch gefragt, als wir ihn von allen Seiten fotografiert haben. Sie hat mir den Vers übersetzt, und da mir das ziemlich ungewöhnlich vorkam, habe ich sie gefragt, ob es eine isländische Sitte ist, Verse in Steine zu ritzen.« Er legte die Fotos auf den Tisch. »Sie verneinte es und war selbst ziemlich erstaunt, dort einen beschrifteten Stein zu finden.«
    »Hatte sie eine Erklärung dafür?«, fragte Dóra.
    »Nicht direkt«, antwortete Robin. »Sie hat überlegt, ob der Vers von den Hofbewohnern stammen könnte oder ob hier mal ein Künstler gelebt hat. Dann kam sie auf die Idee, es könnte ein Tiergrabstein sein, obwohl der Vers nicht dazu passen würde. Soweit ich weiß, kam sie zu keinem Ergebnis.«
    Matthias stieß Dóra an. »Hier ist eine interessante Aufnahme«, sagte er und reichte Dóra ein Foto von Birna im Gespräch mit einem alten Mann auf dem Platz vor dem Hoteleingang. Dóra entriss es ihm. »Vielleicht haben sie über Sommerhäuser diskutiert«, sagte Matthias und grinste.
    Robin beugte sich zu Dóra. »Ach, das Foto«, sagte er. »Das habe ich nur aus Spaß gemacht. Wir wollten gerade zum alten Hof gehen, als dieser Mann aus dem Hotel kam und anfing, sich mit Birna zu unterhalten. Ich weiß, dass er hier Gast ist; ich hab ihn ein paar Mal im Speisesaal gesehen.«
    Dóra nickte. »Wissen Sie, worüber sie geredet haben?«
    »Nein, keine Ahnung«, antwortete Robin. »Sie haben Isländisch gesprochen. Aber man musste nicht viel verstehen, um zu begreifen, dass es kein besonders freundliches Gespräch war. Ich hab nur dieses eine Foto gemacht, weil sie ziemlich schnell angefangen haben, sich zu streiten, und da war es wohl nicht mehr angebracht, zu fotografieren.«
    »Hat sie Ihnen erzählt, worüber sie sich gestritten haben?«, fragte Matthias.
    »Tja, sie hat so sinngemäß gesagt, man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man für seine Taten verantwortlich ist«, antwortete Robin. »Sie war ziemlich erregt, deswegen habe ich nicht weiter nachgefragt.« Er überlegte. »Dann hat sie noch gesagt, alte Sünden holen einen ein, so wie andere Verstöße auch. Ich hab das nicht verstanden und einfach das Thema gewechselt.«
    Dóra und Matthias tauschten einen Blick. Magnús Baldvinsson.
Alte Sünden?
     
    Die Krankenschwester trat ans Bett der alten Frau und berührte sanft ihre Schulter, denn sie schlief fest. »Malla«, sagte sie leise. »Wach auf. Du musst deine Tabletten nehmen.«
    Wortlos öffnete die Frau die Augen. Sie schaute an die Zimmerdecke, blinzelte ein paar Mal und hustete schwach. Die Krankenschwester musterte sie schweigend. Sie wusste, dass es manchmal eine Weile dauern konnte, bis die alte Frau zu sich kam. Sie stand einfach ruhig neben ihr, eine Hand auf ihrer schmalen Schulter und in der anderen einen kleinen Plastikbecher mit weißen und roten Pillen, die sie der Frau geben wollte. »Na komm«, sagte sie behutsam. »Du kannst dich gleich wieder hinlegen.«
    »Sie war da«, sagte die alte Frau unvermittelt und starrte fortwährend an die Decke.
    »Wer war da?«, fragte die Krankenschwester beiläufig. Sie war das unzusammenhängende Gerede der alten Leute schon lange gewöhnt, vor allem, wenn sie zwischen Schlaf und Wachsein taumelten. Es war, als reisten sie zurück in längst vergangene Tage.
    »Sie war da«, wiederholte die Alte und lächelte. »Sie hat mir verziehen.« Sie schaute ihrem Gegenüber zum ersten Mal ins Gesicht, immer noch lächelnd. »Sie war nicht wütend. Immer so lieb.«
    »Wie schön«, antwortete die Krankenschwester sanft. »Es ist ja nicht schön, wütend zu sein.« Sie schüttelte den Behälter mit den Pillen. »Also dann, jetzt setz dich mal auf und nimm deine Tabletten.«
    Die alte Frau ignorierte den Pillenbehälter und sah der jungen Schwester weiter ins Gesicht. »Ich habe sie gefragt, ob sie wütend ist. Sie fragte

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