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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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des tiefblauen Hemdes war hochwertig, Managerlook mit Stil – abgesehen von der Goldkette an seinem Handgelenk.
    Diesem Mann konnte niemand etwas vormachen, dachte Photini. Der Großhändler konnte ihm keinen angegammelten Heilbutt andrehen, die Souschefin konnte kurz vor Dienstantritt keine Grippe simulieren, ein Klugscheißer von Gast konnte ihm keinen Versicherungsfall wegen eines Soßenflecks auf der Krawatte anhängen. Nur eins konnte der Restaurantchef anscheinend nicht: einen sterbenden Gourmet-Tempel in eine Goldgrube verwandeln. Er war mehr eine Art Konkursverwalter.
    Eingehend betrachtete er Photinis Ausweis, bevor er ihn zurückgab und ihr einen Stuhl anbot. »Worum geht es?«
    »Kennen Sie Otto Wintrich?«
    »Veras Untermieter?« Bahling fand seine Wortwahl erheiternd. »Sicher. Keine Ahnung, warum sie sich auf den Versager eingelassen hat.«
    »Er wurde ermordet.«
    Kurzes Zögern. »Selber schuld«, kam es zurück, mit einer Spur Schadenfreude.
    »Wie?«
    »Wintrich hätte sich nicht so viel herumtreiben sollen. Vera hat’s mir am Telefon erzählt. Meine Anteilnahme hält sich in Grenzen, das werden Sie sicher verstehen.«
    »Sie brauchen ein Alibi«, sagte Photini und nahm ihm gegenüber Platz. »Das werden Sie sicher verstehen.«
    »Hab gearbeitet, hier im Hotel, fragen Sie die Küchenmannschaft. Wir schließen um zwölf. Vor eins, halb zwei komme ich nicht raus.«
    »Viel Betrieb herrscht heute ja nicht. Und gestern war ein normaler Wochentag, da wird es noch ruhiger gewesen sein.«
    »Das Restaurant ist unser Sorgenkind, das stimmt. Aber wir bieten auch Zimmerservice an. Läuft ganz gut, sonst hätten wir die Küche längst dichtgemacht. Unser Renner ist der halbe Hummer, aber manchmal kommen Sonderwünsche rein, und dann muss ich das Zeug irgendwo besorgen, von einem anderen Hotel, in der Branche hilft man sich gegenseitig. Die Gäste halten einen bis Mitternacht auf Trab. Und danach gibt es immerhin noch Club-Sandwiches und Salat.«
    »Gestern Abend waren Sie also in Ihrem Büro?«
    »Im Büro, in der Küche und gelegentlich im Restaurant, um Stammgäste zu empfangen. Und im Weinkeller. Das Hotel kann sich keinen eigenen Sommelier mehr leisten. Mein Oberkellner ist für die Weinempfehlungen zuständig, und ich kümmere mich um den Kellerbestand.«
    »Dann mal los«, forderte Photini ihn auf. »Rufen Sie Ihre Leute, damit wir mit Ihrem Alibi weiterkommen.«
    »Jetzt?«
    »Wann denn sonst? Ich hab nicht ewig Zeit.«
    Er schüttelte energisch den Kopf. »Von der Küchenmannschaft kann niemand seinen Posten verlassen. Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Im Gastraum ist momentan so viel los wie in einer Gruft, die Köche reißen sich bestimmt kein Bein aus. Holen Sie Ihre Angestellten einzeln her, dann gibt es keine Engpässe.«
    »Und was ist mit mir? Glauben Sie, ich drehe hier Däumchen?«, brauste Bahling auf. »Ich zahle für zwei Frauen Unterhalt, also arbeite ich auch für zwei. Ich kann es mir nicht leisten, für Sie hier ein Defilee zu veranstalten.«
    »Es ist zu Ihrem eigenen Besten.« Photini lehnte sich zurück.
    »Wozu das alles? Ich habe nichts mit diesem Mord zu tun.«
    »Wenn wir uns festquatschen, dauert das Ganze umso länger.«
    »Kommen Sie mir auf die hartnäckige Tour? Vielleicht sollte ich Sie einfach rausschmeißen.« Er beugte sich über den Schreibtisch und stand kurz davor, aufzustehen und seine Drohung wahr zu machen.
    Photini blieb ruhig. Der bellte nur, Vielbeschäftigter-Mann-Reflex.
    Bahling starrte sie eine Weile böse an. Dann gab er nach. Widerstrebend schnappte er sich sein Telefon und erteilte die entsprechenden Anweisungen.
    Zwischen Dienstplänen und Lieferantenlisten hingen ähnliche Fotos an der Wand wie in Vera Bahlings Wohnung: von Thorben, Corinne und Nicolas. Allerdings waren es aktuelle Aufnahmen. Bilder von Bahlings Ex-Frauen waren nicht dabei.
    Er legte auf und betrachtete ebenfalls die Fotos. Wies von einem zum anderen, als seien es Trophäen. Beschloss entgegenkommender zu sein. »Thorben und Corinne gehen jetzt ihre eigenen Wege. Nicolas sehe ich noch alle vierzehn Tage, meistens nehme ich ihn zum Fußball mit. Wir sitzen immer auf dem gleichen Platz, Dauerkarte, sonst würde er einen Riesenaufstand machen.«
    »Sie waren zweimal verheiratet?«, fragte Photini.
    »Nachdem Wintrich mir Vera ausgespannt hat, hab ich’s noch mal probiert. Es hielt nicht lang.«
    »Ausgespannt?«
    »Vera hat mich rausgeworfen. Weil ich zu wenig Zeit mit den Kindern

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