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Das geheime Lied: Roman (German Edition)

Das geheime Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das geheime Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrés Pascual
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tatsächlich erschöpft, er hatte in den letzten Tagen nur wenige Stunden geschlafen, brauchte aber vor allem Zeit, um endlich einmal über die letzten Entwicklungen nachzudenken. Wenn La Bouche herausbekam, dass es ihm so leicht gemacht wurde, die Partitur der Melodie zu erstellen, dann würde er alles vorbereiten, um so bald wie möglich nach Fort Dauphin zurückzukehren, und zwar mit Lunas Kopf in einem Sack. Er seufzte.
    So verlieben sich Opernfiguren, versuchte er sich aufzumuntern. Sie lieben über Leben und Tod hinweg, überwinden die Bosheit der Menschen und die dunklen Leidenschaften der Götter.
    Bevor er die Haustür hinter sich zuzog, wandte er sich noch einmal um, die Priesterin war aber schon nicht mehr zu sehen.
    Luna, meine Stille, meine Melodie …

18
    M atthieu wanderte in der Kolonie hin und her, bis es endlich Abend wurde. Er konnte nicht klar denken und wollte einfach nur, dass die Stunden bis zum Wiedersehen mit Luna so schnell wie möglich verstrichen. Als er die Tür zum Haus öffnete, das man ihnen zugewiesen hatte, lief er La Bouche direkt in die Arme.
    »Wo hast du denn gesteckt?«, fragte dieser vorwurfsvoll. »Wir haben den ganzen Tag darauf gewartet, etwas von dir zu hören!«
    Matthieu schaute ihn kühl an.
    »Ich habe Euch schon einmal gesagt, dass Ihr mich nicht wie einen Schiffsjungen behandeln sollt!«
    Er sah sich im Inneren des Hauses um. Pierre lag auf einer Pritsche, und Matthieu ließ sich auf dem Bett daneben nieder.
    »Hast du die Priesterin getroffen?«, drängte La Bouche weiter, auch wenn er seinen Tonfall nun änderte.
    »Nein«, log er.
    »Was wollte Misson denn von dir?«
    »Eine Hymne.«
    »Eine Hymne?«
    Er erklärte ihnen in knappen Worten das Vorhaben des Piraten.
    »Es ist gut, dass du eng mit ihm und der Mondesstimme zusammenarbeiten sollst«, rief La Bouche erfreut aus. »Das macht es uns einfacher, unseren Plan in die Tat umzusetzen.«
    Matthieu verkniff sich jeglichen Kommentar.
    Kurz darauf sank La Bouche erschöpft auf sein Lager. Pierre und Matthieu verließen ihre Unterkunft, um draußen allein ein paar Worte zu wechseln. Eine kühle Brise fegte über die Kolonie hinweg. Das Murmeln des Meeres erklang jetzt so nah und machte sie ganz schläfrig.
    »Dieser Ort ist das reinste Pulverfass«, bemerkte Pierre.
    »Genau darüber wollte ich mit dir reden.«
    »Hat Misson etwas dazu gesagt?«
    »Das war gar nicht nötig.«
    »Ich bin heute durch den Hafen spaziert und habe mit den Matrosen gesprochen«, fuhr der Arzt lebhaft fort. »Die meisten stammen aus England oder Holland, schließlich habe ich aber einige Landsleute gefunden, die den Kiel eines Bootes reparierten. Deshalb war es eigentlich auch nicht verwunderlich, was dann passiert ist …«
    »Was meinst du?«
    »Ich habe jemanden getroffen, den ich kenne.«
    »Wirklich?«
    Pierre nickte aufgeregt.
    »Einer der Seeleute war zu Flacourts Zeiten in Fort Dauphin. Ich weiß nicht, wie er hier gelandet ist, auf jeden Fall hat er mich sofort erkannt.«
    »Nach all der Zeit?«
    »Mich erstaunt das nicht. Ein paar Jahre vor dem entscheidenden Angriff der Anosy hatte er sich am rechten Arm verletzt. Ich glaube, er war in ein Tau geraten und gequetscht worden, als sich ein Segel plötzlich aufblähte … Damals fuhr ich bereits unter La Bouche auf der Fortune mit, und wir hatten einen Zwischenhalt eingelegt, weil der Gouverneur durch uns Nachrichten nach Paris übermitteln wollte. Als ich auf der Krankenstation vorbeischaute, hatte der Arzt bereits die Knochensäge in der Hand, und dieser Mann schrie wie am Spieß. Ich weiß selbst nicht so genau, warum ich eigentlich eingegriffen habe, aber ich konnte den Arm retten.«
    »Worauf willst du mit der Geschichte hinaus?«, fragte Matthieu, der in Pierres Augen einen seltsamen Ausdruck entdeckte.
    »Er hat gesagt, dass er mir noch einen Gefallen schuldet.«
    »Du hast ihm doch wohl nichts von unserer Mission erzählt?«
    »Natürlich nicht!«
    »Und was kann er dann für dich tun?«
    Pierre zuckte mit den Achseln.
    »Vor den anderen wollte er keine Einzelheiten verraten. Wir haben uns für morgen verabredet.«
    Matthieu ging auf und ab.
    »Warum hast du vorhin das mit dem Pulverfass gesagt?«
    »Der Matrose hat es so formuliert. Weißt du etwas über die Lage hier? Hat Misson dir etwas verraten?«
    »Nur dass er irgendetwas braucht, um die ursprüngliche Begeisterung für die Republik wieder aufleben zu lassen. Daher die Idee, Lunas Melodie in eine Hymne zu

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