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Das geheime Prinzip der Liebe

Das geheime Prinzip der Liebe

Titel: Das geheime Prinzip der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hélène Grémillon
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… die Chance oder das Risiko. Ich hatte keine Angst, weil überwiegend Bauern zurückkehrten.
Ich hatte mich mit dem Gedanken abgefunden, Paul als Abwesenden zu lieben, und erzählte Camille oft von ihm. Er war der Beschützer, der das Gleichgewicht herstellte, die dritte Ecke unseres Dreiecks, der Abwesende, der Vollkommene, dem man verzeihen konnte. Als Anwesender war er jedoch der Unvollkommene, der keine Vergebung verdiente. Nach seiner Rückkehr wurde alles komplizierter. Wir haben beide viel geweint, ich, weil er in mein Leben zurückkehrte, Camille, weil er plötzlich in ihrem auftauchte.
    »Warum Papa hier?«
    »Das ist immer so, mein Schatz, ein Papa wohnt bei seinem Kind, wie die Maman.«
    »Nein. Das Bett von Maman meins. Papa in sein Kriegsbett.«
    Es ist so wohltuend, neben seinem Kind zu schlafen. Der Körper ist so entspannt, wenn er weiß, dass er nichts anderes zu tun hat als zu schlafen, und nicht Gefahr läuft, dem Ansturm eines Mannes ausgesetzt zu sein. Dem Ansturm eines treuen Mannes gibt man nach, und manchmal denkt man, es war gut, aber bei einem untreuen Mann schließt man die Augen und denkt an Erbrechen oder Verbrechen, man weiß es nicht.
    Camille ließ ihn nie an sich heran, was er auch versuchte. Sobald sie ihn erblickte, stürzte sie in meine Arme. Paul hat sehr darunter gelitten. Sie wollte nicht mit ihm spazieren gehen, und wenn er das Haus verließ, zupfte sie voller Hoffnung mit ihrer kleinen Hand an meinem Rock: »Papa wieder zum Krieg?«
    »Nein, mein Schatz, er kommt heute Abend wieder.«
    »Sophie hatte ich lieber.«
    Ich war unruhig. Die Gefahr war zurückgekehrt. Zunächst kam mir Camilles Ablehnung entgegen, aber irgendwann
würde sie sich umstimmen lassen, und alles würde sich zwischen ihnen klären. Eines Tages würde sie bereit sein, mit ihm zum Spielplatz zu gehen. Was aber würde passieren, wenn Annie, irgendwo versteckt, die beiden sah? Sie würde auf Paul zustürzen und vor ihm auf die Knie fallen, würde ihn anflehen, ihr zu glauben, Louise sei ihre Tochter. Paul würde fragen: »Welche Louise?« Und Annie würde mit dem Finger auf Camille zeigen, die mit mal angewinkelten, mal gestreckten Beinen in die Luft flog und langsam anfing, ihren Papa nett zu finden, er stieß sie noch höher in den Himmel als Maman. Und dann würde Paul Annie so schön finden, er würde nichts davon hören wollen, dass sie im Étoile du Berger arbeitete, würde nur ihr Lächeln sehen, das gleiche wie Camilles, wie konnte er das nur übersehen haben? Es war so offensichtlich. Und dann würden sie zu dritt fortgehen, Hand in Hand.
    Dann kam dieser seltsame Abend. Einige Wochen nach seiner Rückkehr verkündete mir Paul auf seine Art, dass die Vergangenheit nicht tot war.
    »Ich war heute in L’Escalier. Jacques hat alles im Griff, es war ein guter Einfall von dir, ihn dort bleiben zu lassen.«
    Da wusste ich schon, welche Frage folgen würde. Ich hätte sie formulieren können, ehe ich sie gehört hatte.
    »Hast du etwas von Annie gehört?«
    Er hatte sie also gesucht. Dieser Name in seinem Mund! Er würde sie wieder lieben, er hatte nichts vergessen. Dass der Körper des Mädchens durch Hunderte deutscher Körper abgestumpft war, würde nichts daran ändern. Ich sah wieder die Bilder hinter den Vorhängen. Der Zauber würde erneut wirken.
    Da sagte ich, so wie man Kindersachen aus einem alten Koffer holt: »Sie ist verheiratet.«

    Ich tischte ihm meine Geschichte von der Kriegspatin auf. Mit ihr hatte ich einen Verliebten entmutigt, sie musste auch diesem die Hoffnung nehmen. Ihm einzureden, dass sie einen anderen liebte, schien mir das beste Mittel, ihn von ihr zu lösen. Nur wenn man wenig Stolz hat, klammert man sich an ein Herz, das schon besetzt ist, sonst gibt man auf, und Paul hatte Stolz. Dann erhob ich mich und ging ins Schlafzimmer.
    »Da wir von Annie sprechen – sie hatte mich gebeten, dir das zu geben, wenn du zurückkommst. Ich hatte es völlig vergessen.« Ich reichte ihm die Pistole.
    Zum ersten Mal erlebte ich, dass er verlegen war, zum ersten Mal musste er sich rechtfertigen. »Meine Derringer, ich hatte sie verloren … Bin ich froh! Ich habe mich gefragt, wo sie sein kann. Sie war doch bestimmt … bestimmt im ›Zimmer ohne Wände‹.«
    »Ja, bestimmt.«
    Er drehte und wendete die kleine Pistole zwischen seinen Fingern, wog den Beweis dafür, dass Annie mit ihm gebrochen hatte. Ich sah, dass es ihm wehtat, er versuchte zu verstehen. Auch mir tat es weh. Es war noch

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