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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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bereitete eine zweite Phönixkugel für Mason zu. Er legte sie sich ganz nach hinten auf die Zunge, schluckte sie hinunter, kniff die Augen zu und schüttelte sich.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Tree.
    »Da esse ich lieber Vollkornriegel mit Rosinen.«
    Als Nächstes packte K’un-Chien Masons Unterkiefer und hielt eine Kaltschlaf-Ameise an die Wunde in seiner Wange. Als die betäubende Wirkung einsetzte, nahm sie einen Seidenfaden und eine stark gebogene, schwarze Dornennadel und vernähte die Wunde von innen und außen.
    In einer Ecke der Hütte stand ein kleiner Schrein in Form eines überdachten Unterstandes aus geölten Waldveilchenblättern. In ihm lag ein kleiner, unbeschrifteter schwarzer Holzkasten, der zur Abwehr des Bösen von einem pakua- Spiegel bewacht wurde. K’un-Chien öffnete den Kasten und nahm einen Bambusrohrbehälter heraus, dessen Fugen mit Kerzenwachs abgedichtet waren. Der Deckel sprang mit einem Plop auf, und sofort füllte sich der Raum mit dem stechenden, süßlichen Geruch verfaulten Komposts. Sie tauchte einen Kupferlöffel in den Behälter und schöpfte einen hellgelben Schleimklumpen heraus.
    »Eine Art Schleimpilz?«, fragte Mason.
    »Habe ich auch gerade überlegt«, sagte Tree.
    »Ling-Chih«, sagte K’un-Chien.
    »Mason, o mein Gott.«
    »Was – was ist es?«
    »Ling-Chih – erinnerst du dich? Der Pilz der Unsterblichkeit. Danach hat die Schatzflotte gesucht.«
    »Ja, aber … komm schon. Das war bloß ein Mythos.«
    »Natürlich. Aber ein Anthropologe wäre begeistert: ein Heilpilz, und sie bezeichnen ihn nach einem Urbild aus ihren Legenden. Ich wünschte, mein Vater hätte dies sehen können.«
    Er nickte. »Lass uns einfach hoffen, dass das Zeug deine Wunde sauber verheilen lässt. Keine weiteren Infektionen. Und sobald du gesund bist, verschwinden wir.«
    K’un-Chien strich Tree zärtlich über die Wange, und ihre Stimme wurde sanft, als redete sie zu einem Kind. »Verzeihe mir«, sagte sie. »Es wird brennen. Bitte, hab keine Angst. Die Flammen werden bald vergehen, und du wirst wieder klar sehen können.«
    »Aber mein ganzer Arm ist taub. Wie kann es dann brennen?«
    »Nein, Erste Frau, nicht dein Fleisch wird brennen«, sagte K’un-Chien, »sondern dein Geist.«

13
    K’un-Chien verrieb den chromgelben Schleim auf Trees Hand. Nach wenigen Sekunden hatte Tree einen feuchten, erdigen Geschmack im Mund.
    »Ich schmecke es auf der Zunge«, sagte sie zu Mason.
    »Die Moleküle müssen extrem durchlässig sein«, sagte er. »Das erklärt, warum der Behälter mit Wachs abgedichtet ist.«
    K’un-Chien hob Trees Kopf und bettete ihn in ihren Schoß. Tree schloss die Augen. Sie empfand ein eigenartiges Gefühl der Hohlheit, während sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann.
    Plötzlich stiegen die Flammen auf.
    Das Feuer begann als knospendes rotes Glühen im Zentrum ihres inneren Sichtfelds. Sie schlug die Augen auf, halb erwartend, Mason mit einer Kerze an ihrem Gesicht zu sehen. Er drückte ihre Hand. »Ich bin direkt neben dir.«
    Als sie wieder die Augen schloss, war das Feuer zu einer scharlachroten Rose erblüht, deren Ränder flackerten und züngelten. Nun spürte sie die Hitze des Feuers, und in der Glut begannen ihre Gedanken dahinzuschmelzen. Sie verlor ihr räumliches Orientierungsgefühl, und ihr ausgehöhlter Körper wurde eine federleichte Wolke aus Empfindungen. Dann löste sie sich auf.
    Tree stöhnte.
    »Kämpfe nicht dagegen an«, sagte K’un-Chien. »Erlaube dem Licht und der Hitze, dich zu nehmen; gib dich ihnen hin wie einem Geliebten.«
    Das Feuer wurde größer, breitete sich in konzentrischen, flammenden Blüten aus, während sein Zentrum immer heller erstrahlte. Tiefere Schichten der Bilderwelt ihrer Erinnerungen vaporisierten wie Wasserdampf.
    »Ja, ja, lass alles los«, flüsterte K’un-Chien. »Es ist nicht der Tod. Der Ling-Chih legt deine unsterbliche Essenz frei.«
    Je mehr Tree sich entspannte, desto umfassender wurde sie von dem Feuer durchdrungen. Schließlich gab sie sich ganz dem ausbreitenden, summenden Licht hin. Die Flammen fraßen sich durch ihre Seele, lösten alle Grenzen auf, verbrannten die letzten Spuren ihrer Persönlichkeit, bis alles, was von Teresa Diana Summerwood übrig blieb, ein gleißend helles Gefühl war, ein unendlicher Brunnen aus Licht und Klang. Sie war zu etwas Einzigartigem geworden – ein Chor aus Helligkeit, ein strahlender Akkord.
    Als Nächstes kam ein Gefühl rasender Geschwindigkeit. Dann eine

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