Das Geheimnis am goldenen Fluß
Tree und legte eine warme Hand auf K’un-Chiens Schulter.
Als Tree sie berührte, begann K’un-Chien zu zittern. Sie schüttelte den Kopf, wollte sagen: Du warst wundervoll, doch der Kloß in ihrem Hals war zu groß, um auch nur ein Flüstern zuzulassen.
»Schhhhh.« Tree nahm sie in die Arme. »Ich verstehe es nicht, aber es ist in Ordnung.« Tree drückte sie fest an sich, und ihre nackten Brüste pressten sich aneinander. Trees Wärme traf K’un-Chien mitten ins Herz, und sie konnte ihre Beschämung nicht länger ertragen; schluchzend ließ sie die Worte aus sich heraussprudeln.
»Oh, Tree …«, sagte sie. »Bitte, darf ich … bitte …?« K’un-Chien schaffte es nicht, um das zu bitten, was sie so sehr ersehnte: den Riss zu kitten. Sich wieder der Umarmung hinzugeben, die ihre Seelen vereint hatte.
»Komm«, sagte Tree. »Ich möchte dich ganz bei mir haben. Komm her zu mir.« Tree zog K’un-Chien zu sich. K’un-Chien küsste die sanfte Wölbung von Trees Bauch, dann grub sie ihr Gesicht in die feuchten Blüten zwischen Trees Schenkeln.
Ekstase. Herzrasen. Musik des Blutes.
Stöhnend krallte Tree ihre Finger in K’un-Chiens Haar. Ihre Atemzüge kamen stoßweise, wurden immer schwerer. Ihr Bauch verkrampfte zu einem Waschbrett; dann bog sie in einem einzigen Strang zuckender Muskeln den Rücken durch und stieß gegen K’un-Chiens Mund. Tree dämpfte ihre Schreie, indem sie in ein Seidenkissen biss. Im nächsten Moment wurde K’un-Chien von einem dualen Lustkrampf ergriffen, der so intensiv war, dass es an Schmerz grenzte. Auch sie schrie auf, ihr Schoß kribbelnd und überquellend wie ein sprudelnder Geysir.
In ihrem Schlafzimmer, das sie mit Zikaden, Baumfröschen und den Sternen teilten, lagen die beiden Ehefrauen völlig erschöpft da, nach Luft schnappend, innen wie außen in Nässe gebadet. Im Gartenteich unter dem Feigenbaum glommen die weißen Lotusse in den Flammen des Mondes sanft vor sich hin.
28
Mason erwachte mit Neuner-Kopfschmerzen auf der Zehnerskala eines Tequila-Katers. Aber er war dankbar, dass ihm wenigstens nicht mehr schlecht war. Genau genommen hatte er einen Mordshunger, nachdem er am Vorabend seinen gesamten Mageninhalt erbrochen hatte. Er setzte sich in seinem Bett auf und sah Tree und K’un-Chien aneinander geschmiegt auf zwei Strohmatten auf dem Bo den liegen. Ich wusste doch, dass bei den beiden etwas im Busch war.
Er prüfte die komplexen Gefühle, die plötzlich in ihm aufwallten. Er konnte sie nicht im Einzelnen benennen, registrierte aber mit Erleichterung, dass Eifersucht in der Mischung nur eine relativ bedeutungslose Zutat war, wie roter Pfeffer in einem Eintopf. Vielleicht konnte er ihrer Affäre ja neutral begegnen; vielleicht war es okay – nichts, was von ihm eine Reaktion erforderte, zumindest noch nicht. Er seufzte. Seine stärkste Empfindung war schlichtweg Neid. Er hatte mit Sicherheit etwas ganz Besonderes verpasst.
Tatsächlich aber war er verwirrt und neugierig. Er fragte sich, wie es wohl war, wenn eine so leidenschaftliche und sinnliche Frau wie Tree mit einer so empfindsamen und hingebungsvollen Frau wie K’un-Chien zusammenkam: helles Feuer und dunkler Weihrauch.
Er wollte Tree nach ihrem Erlebnis fragen – oder würde sie die Affäre als privat betrachten und nicht darüber sprechen wollen? In Gedanken bereitete er sich auf diese Mög lichkeit vor: Komm schon, Tree, wir sind beste Freunde, du kannst mir ruhig sagen, was du empfindest. Herrgott noch mal, K’un-Chien ist meine Frau. Ihr seid beide meine Frauen.
Mason seufzte erneut, sich der comichaften Absurdität seiner Situation bewusst werdend. Hier war er nun, verheiratet mit zwei wunderschönen, begehrenswerten Frauen, die sich ineinander verliebt zu haben schienen. Machte sie das jetzt zu einem sinnesfreudigen Trio, das allen möglichen Schabernack im Bett treiben würde? Zum Teufe!, nein. Denn ich kriege keinen hoch.
Er rang sich ein leises raues Lachen ab, dann stöhnte er und fasste sich an die pochende Stirn.
»May-Son?« K’un-Chien setzte sich auf. »Wie fühlst du dich heute Morgen?«
»Als hätte mich ein Elefant als Zäpfchen benutzt.«
»Dein Kopf schmerzt. Das liegt am Ungleichgewicht in der Leitbahn-der-Drei-Wärmepole. Ich kann es wiederherstellen.«
»Leitbahn-der-Drei-Wärmepole?«
»Das ist eine von vierzehn Leitbahnen des ch’i, durch die im Körper die verschiedenen Energieströme fließen.«
Die Schwellungen ihrer Bienenstiche waren abgeklungen
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