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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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Großzügig bot sie ihr von den Apfelsinenstücken an.
    Judith kaute nachdenklich und griff sich eine weitere Frucht zum Schälen. »Versprecht mir, mehr zu essen. Ich lasse Euch einen Tee aufbrühen. Trinkt ihn in kleinen Schlucken über den Abend verteilt. Dann werdet Ihr mindestens eine Hühnersuppe zu Euch nehmen können. Ich komme morgen früh nach Euch sehen.«
    Sie erhob sich und reichte Beatrix die Apfelsine. Als sie zum Ausgang ging, verabschiedeten sich die beiden Italiener gerade. Unter vielen Verbeugungen verließen sie rückwärts das Zelt. Auch Friedrichs Berater wandten sich zum Gehen.
    Heinrich der Löwe blinzelte ihr anzüglich zu. »Jungfer Judith, schön wie eh und je! Und immer noch so störrisch?«, raunte er leise im Vorübergehen.
    Peinlich berührt trat sie einen Schritt zurück.
    »Judith!« Der Kaiser winkte sie heran. Tiefe Falten furchten seine Stirn. Er sah aus, als wäre er nicht zufrieden mit dem Ausgang des Gesprächs. Auch als er ihr zulächelte, verschwanden die Sorgenfalten nicht. »Setz dich einen Moment zu mir. Meine Frau vertraut dir mehr als meinem Leibarzt. Sag, was hältst du von ihrer Gesundheit?«
    »Wenn sie essen könnte, Herr, dann würde sie sich nicht so schwach fühlen. Normalerweise müsste die Phase, in der eine Schwangere das Essen nicht bei sich behält, langsam vorüber sein.« Sie sprach laut, denn sie wollte, dass auch Beatrix sie hörte.
    »Bischof Konrad wäre bereit, sie zurück nach Thüringen zu begleiten. Gerade jetzt – du weißt sicher von den Durchfallerkrankungen – scheint es mir angebracht, sie von hier wegzubringen. Was denkst du? Kann sie reisen?«
    Judith erschrak. Der Kaiser verlangte eine wichtige Entscheidung von ihr. Sie hörte Beatrix theatralisch seufzen, doch Friedrich achtete nicht auf sie. Über die Alpen zu reisen war schon im Sommer eine Strapaze gewesen. Jetzt im Dezember würden die Pässe voller Schnee und vereist sein, selbst ohne Wagen kaum zu bewältigen. Gleichzeitig wäre das die Gelegenheit, dem Bischof einen Strich durch seine Rechnung zu machen. Entschlossen schüttelte sie den Kopf. »Bedenkt, Herr, wie beschwerlich der Weg um diese Jahreszeit ist. Dafür ist Eure Gemahlin zu schwach.«
    Der Kaiser nickte nachdenklich. »Das hatte ich befürchtet. Wir haben zu lange gezögert. Sie hätte gleich im frühen Herbst zurückreiten müssen. Nun wird mein Sohn wohl in der Lombardei zur Welt kommen.« Er warf einen zärtlichen Blick hinüber zum Bett, und Judith fühlte einen harten Klumpen in ihrem Magen. War es der Hunger? »Ich bin froh, dass du dich um sie kümmerst, nicht nur als Heilerin. Ich bin vielbeschäftigt, und sie hat sonst niemanden.« Seine blauen Augen strahlten echte Dankbarkeit aus.
    Ihre Zunge lag wie festgenäht im Mund. Was sollte sie auch sagen? Der Kaiser deutete ihr Schweigen falsch. »Hast du noch etwas auf dem Herzen?«
    Sie erhob sich hastig. »Nein, Durchlaucht.«
    Am nächsten Morgen weckten sie laute Stimmen vor dem Zelt. Sie lauschte. Überall schien Bewegung zu sein. Männer riefen knappe Befehle, Hunde kläfften. Ein Angriff? Sie kannte diese Stimmung, die wie ein Schwarm aufgescheuchter Wespen über dem Lager kreiste. Aufgeregte Diener, die hektisch versuchten ihren Herren alles recht zu machen, unruhige Pferde. Krieger in voller Rüstung, die ihre Knappen kommandierten. Eilig kleidete sie sich an und griff nach ihrer Tasche. Im Zelt des Kaisers würde sie am schnellsten erfahren, was passiert war. Es war kühl, ein feiner Nieselregen überzog die Ebene mit einem faden Grau und setzte sich wie Staub auf Haut und Kleider. Auf dem zentralen Platz vor dem Herrscherzelt versammelten sich bereits Ritter. Messdiener trugen einen Tisch heraus und stellten ein Kruzifix dahinter auf. Also würde es einen Gottesdienst geben, was auf einen bevorstehenden Angriff deutete.
    Die Männer der Leibwache musterten sie und ließen sie ins Zelt treten. Am Verhandlungstisch stand der Kaiser, umringt von mehreren Dienern, die seinen Harnisch schnürten und ihm die Beinschienen festzurrten. Beatrix saß auf dem Thronsessel und polierte emsig den Helm, der mit einem großen Busch schwarzer und gelber Straußenfedern geschmückt war.
    Als sie Judith erblickte, legte sie ihn auf den Tisch. »Sei willkommen. Heute geht es mir gut. Der Tee scheint zu helfen. Ich habe sogar schon etwas gegessen.« Sie zog sie in eine andere Ecke des Zeltes. »Ich muss dir danken für deine Fürsprache gestern Abend«, flüsterte sie. »Ich

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