Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
habt.«
»Ich verstehe«, sagte Mondino. Da der Prälat ihm bislang keinen Platz angeboten hatte, näherte er sich nun unaufgefordert dem Tisch und setzte sich auf einen Stuhl, von dem aus er durch das Fenster den Himmel sehen konnte. »Fragt mich bitte alles, was Ihr wollt.«
Diese Unterredung war ein heikles Wortgefecht, bei dem man erst einmal die Themen einkreisen musste, ohne sie direkt anzusprechen, ehe man zum Angriff überging. Mondino bestätigte alles, was der Inquisitor bereits wusste. Der stellte zunächst ein paar allgemeine Fragen und erhielt ebenso allgemein gehaltene Antworten, dann fragte Uberto den Arzt, ob er festgestellt habe, welche und wie viele Verletzungen zum Tode geführt hatten.
»Eine, Vater.«
»Eine einzige?«
Uberto wirkte beinahe enttäuscht, und Mondino konnte sich auch den Grund dafür denken: Für einen Mord konnte man nur so viele Leute zum Tode verurteilen, wie die Leiche Wunden aufwies. Der Inquisitor hatte wohl gehofft, auf einen Streich gleich mehrere Feinde loswerden zu können.
»Das überrascht mich allerdings nicht«, sagt Uberto.
»Warum?«, fragte Mondino.
»Bei diesen satanischen Ritualen stirbt das Opfer häufig erst nach langen Qualen durch einen einzigen Stoß.«
Endlich kam er zur Sache. Mondino überlegte, was er sagen konnte, ohne sich zu verraten, doch ihm fiel nichts Besseres ein, als die Worte des Priesters noch einmal fragend zu wiederholen.
»Satanische Rituale?«
»Ihr wollt doch hoffentlich nicht leugnen, dass es sich um so etwas handelt.« Die Stimme des Inquisitors klang plötzlich hart. »Dieser Tempelritter ist ihrem Götzenbild, dem Baphomet geopfert worden. Und ich glaube auch zu wissen, warum.«
»Warum?«
Mondino wusste, dass er nicht mehr lange einfach nur die Worte des Priesters wiederholen konnte. Doch er war fest entschlossen, nichts von Bedeutung zu äußern, solange der andere nicht gesagt hatte, was genau er von ihm wollte.
Uberto da Rimini ließ die höfliche Maske fallen. Sein Gesicht wurde hart, jetzt sah man nur noch schroffe Kanten und gerade Linien. »Weil gerade ein Prozess gegen die Templer stattfindet«, sagte er. »Und mit schändlichen Handlungen wie diesen hoffen sie, sich des Schutzes der dämonischen Kräfte versichern zu können. Oh, wenn ich nur daran denke, dass diese Schlangenbrut am Busen der Kirche genährt worden ist …« Uberto schüttelte den Kopf und verstummte.
Hätte Mondino nun seine Worte wiederholt, wäre das einer Provokation gleichgekommen, daher zog er es vor zu schweigen. Er blieb reglos und stumm vor dem Inquisitor sitzen und wartete darauf, dass dieser fortfuhr.
»Also«, sagte Uberto und fuhr mit dem Zeigefinger eine Holzmaserung in der Tischplatte nach, »bestätigt Ihr mir, dass Ihr in der Art und Weise, wie der Mord ausgeführt wurde, unzweifelhafte Anzeichen für Teufelsanbetung und moralischer Verkommenheit gesehen habt?«
»Das kann ich nicht bestätigen«, erwiderte Mondino. »So etwas habe ich nicht gesehen.«
Nun hatte er sich offen dem Willen des Inquisitors entgegengestellt. Damit waren die Grenzen abgesteckt. Jeder hatte Stellung bezogen. Jetzt war der Moment zum Angriff gekommen.
Uberto da Rimini schien über seine Worte nachzudenken. Fast wollte es erscheinen, als erwäge er ernsthaft, ob er sich in seiner Beurteilung womöglich geirrt haben könnte und der Tod des Deutschen doch kein Ritualmord war.
»Und doch«, sagte er dann, fast als würde er eine innere Überlegung abschließen. »Das Herz dieses Mannes war in ein Stück Eisen verwandelt.«
Mondino wählte seine Worte mit Bedacht, ehe er sie aussprach. »Dies habe ich gesehen«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Das kann ich nicht leugnen …«
»Und?«
»Ein ungewöhnliches Phänomen, ich habe von Derartigem noch nie zuvor gehört oder gelesen. Aber das allein genügt nicht, um mit Sicherheit zu wissen, dass der Teufel mit im Spiel war. Ein Alchimist hätte das …«
»Ein Alchimist!«
»Vater«, sagte Mondino und hob beschwichtigend die Arme. »Ich weiß, dass das merkwürdig klingt, aber Ihr wisst besser als ich, dass das metallische Prinzip, das in der Materie enthalten ist, wie es Geber in seinem Trakat von der Zusammensetzung der Alchimie erklärt …«
Mondino verstummte, als er das grimmige Lächeln bemerkte, das sich auf den Lippen des Inquisitors breit machte. Er begriff sofort, dass er einen Fehler begangen hatte, doch nun war es zu spät. Instinktiv machte er den Rücken krumm und bereitete sich
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