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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Morgen kam Tante Elliott zu Lilly ins Zimmer. Lilly war noch im Nachthemd. Ihre Tante nahm Lillys kräftige Hände in ihre eigenen, zarten.
    »Mein Liebes, es tut mir so leid. Du musst dich furchtbar fühlen.«
    »Ich weiß nicht, wie ich mich fühle.«
    Ihre Tante drückte ihr die Hände. »Wie kann ich dir helfen?«
    Lilly atmete tief ein. »Indem du mir alles sagst, was du weißt.«
    Ruth Elliott zögerte. »Deine Mutter und ich haben uns als Kinder fast alles anvertraut, aber über das, was nach ihrer Heirat mit deinem Vater passierte, weiß ich so gut wie nichts.«
    »Und davor?«
    »Ich glaube nicht, dass du … ich glaube nicht, dass irgendjemand etwas über die Romanzen seiner Eltern hören möchte, jedenfalls nicht über die Romanzen, die nicht das andere Elternteil betreffen.«
    »Erzähl es mir trotzdem.« Lilly setzte sich auf das Bett, das sie bereits gemacht hatte, und klopfte auf den Stuhl, der daneben stand.
    Ihre Tante setzte sich, machte aber einen sehr unglücklichen Eindruck. »Bevor deine Mutter deinem Vater begegnete, bildete sie sich ein, einen anderen Mann zu lieben. Hat sie dir je davon erzählt?«
    Lilly schüttelte den Kopf und ihre Tante fuhr fort: »Er war ein schneidiger Typ. Ein Marineoffizier. Sie glaubte, dass er sie heiraten würde.«
    »Wie hieß er?«
    Ruth Elliott drehte an den Ringen, die sie trug. »Ich glaube, es schadet nichts, wenn ich es dir sage. Es war Kapitän Ernest Quincy. Aber alle nannten ihn Quinn.«
    Der Name sagte Lilly nichts.
    »Sie erzählte mir ständig, dass Quinn eines Tages eine eigene Flotte haben und weite Reisen machen wolle. Und sie wollte er mitnehmen.«
    Lilly nickte nachdenklich. Sie konnte verstehen, dass ein solcher Mann – und ein solches Angebot – verlockend für ihre Mutter war. Hatte sie nicht stundenlang mit ihr über ihrer geliebten Weltkarte gesessen?
    »Rosamond war damals überglücklich«, fuhr Ruth fort. »Doch dann stand plötzlich in der Times , dass Quinn sich verlobt hatte, und zwar mit Daisy Wolcott, einer sehr viel besseren Partie, nehme ich an, denn ihr Vater war außerordentlich wohlhabend. Rosamond war völlig am Boden zerstört.
    Und plötzlich, keine vierzehn Tage später, erzählte sie mir, dass sie einem anderen Mann begegnet sei und dass dieser Charles Haswell alles sei, was Quincy nicht war. Offenbar hielt er Rosamond für das begehrenswerteste und vollkommenste Wesen, das je gelebt hatte. Das war damals zweifellos Balsam für ihr gekränktes Herz. Doch wie du inzwischen weißt, fand die Familie Elliott Charles ganz und gar nicht passend. Kein Geld. Nicht von Familie. Keine Verbindungen.« Sie sah Lilly sorgenvoll an. »Es tut mir leid, aber so ist es.« Dann holte sie tief Luft. »Natürlich wollte Rosamond das alles nicht einsehen. Sie sagte, er würde schon bald ein gutes Einkommen haben und seine Aussichten seien ebenfalls gut. Aber mehr noch, sie wusste, dass dein Vater sie von London, dem Schauplatz ihres Unglücks, wie sie es sah, wegholen würde – und ich glaube, darin lag für sie seine eigentliche Anziehungskraft.
    Er machte ihr bereits nach wenigen Tagen einen Heiratsantrag und Rosamond nahm an. Wir alle versuchten, es ihr auszureden. Hätte dein Großvater noch gelebt, hätte er es nie zugelassen, aber er war damals schon tot. Rosamond bat Jonathan, ihr eine Sondererlaubnis zu beschaffen, damit sie und Charles so schnell wie möglich heiraten konnten. Schließlich heiratete sie zwei Tage vor Quinns Hochzeit. Nur ihre Mutter, Jonathan und ich waren dabei. Ich glaube, Rosamond hat sich damals oft ausgemalt, wie sehr Quinn sein Verhalten bereuen würde, wenn er erfuhr, dass sie einen anderen geheiratet hatte. Bei der Hochzeit sah ich, wie ihre Augen immer wieder zum Seiteneingang wanderten, als sei sie sicher, dass Quinn jeden Augenblick hereinstürmen und Einspruch gegen die Heirat erheben würde.«
    Ruth Elliott schüttelte bedauernd den Kopf. »Dein Onkel beschloss, den Beruf deines Vaters geheim zu halten. Wenn wir gefragt wurden, sprachen wir ganz allgemein von seinem ›Besitz‹ irgendwo in Wiltshire. Die beiden reisten gleich nach der Hochzeit ab, sehr zu Rosamonds – ja zu jedermanns – Erleichterung, muss ich leider sagen.«
    Ihre Tante schwieg. Plötzlich war es viel zu still im Zimmer. Die Uhr über dem Kamin tickte, unten wurde irgendwo eine Tür geschlossen, von draußen drang schwach das Geräusch von Pferdehufen und vorbeifahrenden Kutschen herein.
    Lilly sagte: »Ich verstehe, dass du mir

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