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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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stand Umberto, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Genau wie Martinis Schwester machte er einen gut gelaunten Eindruck. Nachdem der junge Zigeuner seine Bitte vorgetragen hatte, klopfte er ihm auf die Schulter.
    »Dein Vater und seine Freunde sind hier jederzeit willkommen. Sag ihnen das. Ich erwarte sie zum Nachtmahl.«
    »Francesca hat euch etwas zu berichten.«
    Umberto nickte der Schwester Martinis zu. Diese blickte in die Runde und spürte vier Augenpaare auf sich ruhen. Sie war so froh, dass sie sich dem neuen Vogt anvertraut hatte. In all ihrer Verbitterung hatte sie schon fast vergessen gehabt, was es bedeutete zu vertrauen. Doch Umberto hatte sie nicht nur ernst genommen, vielmehr schien es ihr, als hätte er nur darauf gewartet, so etwas von ihr zu hören. Sie sammelte sich und erzählte. Von dem Fremden, der sie nach der Beerdigung ihres Bruders besucht und versucht hatte, sie zu erpressen. Von Mario, der sie ebenfalls bedroht hatte. Die Männer hörten ihr gebannt zu.
    »Langsam fügen sich die Dinge«, sagte Nwuma. Seine schwarzen Augen glänzten. Hector und Benedetto nickten zustimmend. Sie konnten sich denken, wer dahintersteckte.
    »Hast du wirklich alles durchsucht, Francesca?«
    Umberto wandte sich mit sanfter Stimme an die Frau, die auf einmal wie verjüngt schien und statt Verbitterung Lebendigkeit ausstrahlte. Vorsichtig berührte er ihre Hand; den drei Besuchern entging diese Geste nicht, und sie wechselten Blicke. Der neue Vogt räusperte sich.
    Francesca berichtete, dass sie das Haus von oben bis unten durchkämmt hatte – mehrmals. Aber sie hatte nichts entdeckt. Kein Silber, keine Urkunden, nichts.
    »Vielleicht hatte Martini irgendwo ein Versteck«, überlegte Hector laut.
    »Vielleicht bei jemandem, dessen Treue er sich sicher sein konnte«, setzte Benedetto nach.
    »Du denkst an den Wirt?«, wollte Umberto wissen, doch der Zigeuner schüttelte den Kopf.
    »Der Wirt ist dumm. Ich dachte an jemanden, der über jeden Verdacht erhaben ist. Ich dachte an den Prete.«
    Kein einziger Sonnenstrahl durchdrang die schwere Wolkendecke, als sie Ascanio di Cavalli zu Grabe trugen. Fast eine Woche war seit seinem Tod vergangen, aber die Contessa hatte darauf bestanden, einen Boten nach Gaiole zu senden, um Carlo zu benachrichtigen. Wie sie gehofft hatte, war er gekommen. Er trug bereits die Tracht der Vallombrosaner; der weiße Überwurf wies ihn als Novizen aus. Als Donata die beiden ungleichen Brüder betrachtete, wie sie ergriffen am Sarg ihres Vaters standen, wurde ihr bewusst, wie schnell die Jahre hier am Hofe in Lucca vergangen waren. Den Jahren der Verzweiflung und des Schweigens war eine kurze, aber tröstliche Zeit der Versöhnung und des gegenseitigen Respekts gefolgt. Sie horchte in sich hinein. Nein, sie hatte ihren Gemahl nie geliebt. Trotzdem fühlte sie Trauer über den Verlust. Gemeinsam mit den Söhnen folgte sie dem Pfarrer in die Hauskapelle. Hier, unter den Steinplatten im Altarraum, würde Ascanio neben seinen Eltern und seiner geliebten Vivica die letzte Ruhe finden.
    Nach der Zeremonie folgte das traditionelle Mahl, mit dem der Verstorbene geehrt wurde. Auch den Dienern war es erlaubt, sich von den Speisen zu nehmen und ihres Herrn zu gedenken. Donna Donata, die neben dem Pfarrer an der Tafel Platz genommen hatte, fühlte Unruhe in sich hochsteigen. Als der Koch auftauchte und Speisen und Getränke brachte, begriff sie: Mahmut fehlte. Sie hatte ihn schon während des Begräbnisses nirgendwo entdeckt. Mit einem Kopfnicken befahl sie Rocco zu sich.
    »Hast du Mahmut gesehen, Koch?«
    Rocco errötete. Er wusste, dass es sich für ihn nicht gehörte, den Herrschaften die Speisen vorzulegen, diese Aufgabe kam gewöhnlich dem Leibdiener des Conte zu, aber er hatte den Araber nirgendwo gefunden. Er blickte zu Boden und sagte leise:
    »Ich konnte ihn nicht finden, meine Contessa. Deshalb seht Ihr mich hier an dieser Tafel. Ich weiß, dass es sich nicht ziemt, verzeiht!«
    Donna Donata machte eine wegwischende Handbewegung. Es war noch nie vorgekommen, dass sich Mahmut mehr als ein paar Ellenlängen vom Hof entfernt hatte, ohne etwas zu sagen. Wenn ihm etwas zugestoßen war? Seine Erschütterung über Ascanios Tod hatte ihn in den vergangenen Tagen mehr und mehr zusammenfallen lassen; heute Morgen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, war sie über seinen Anblick erschrocken. Die Contessa bemerkte, dass Rocco immer noch neben ihr stand.
    »Schick ein paar Stallknechte los. Sie

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