Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
wusste, er würde den zarten Körper Habibis vermissen; die Eifersucht schüttelte ihn, wenn er daran dachte, dass Benedetto sie nun ganz für sich allein haben würde. Neben sich hörte er seine Frau atmen. Beschämt nahm er ihre Hand und drückte sie. Sie murmelte etwas und lächelte im Schlaf. Hector schloss die Augen und versuchte, sich Habibi vorzustellen, wie sie seinen Körper mit Küssen bedeckte, über und über. Er wusste nicht, wie es hatte so weit kommen können. All die Jahre hatte er sich von ihr ferngehalten, hatte schlecht geredet über die, die ihr verfallen waren, und dann, eines Tages … Er stöhnte auf. Kein Weib konnte das, was dieses elfengleiche Geschöpf vermochte. Sie war eine Zauberin der Lust und hatte ihn in ihren Bann gezogen. Hector seufzte. Seine Alondra war eine gute Frau. Und sie war Momo eine gute Mutter. Und er liebte sie, aufrichtig, aber Habibi … Für Habibi empfand er ein quälendes Verlangen nach Umarmung und Nähe. Seit er sie zum ersten Mal besessen hatte, war der Hunger nach ihr in ihm gewachsen wie ein böses Geschwür, und wenn er ihr sagte, dass sie ihn eines Tages noch verrückt machen werde, lächelte sie stumm und blickte zu Boden. Und nun trug sie sein Kind, und er wollte, dass sie es zur Welt brachte. Wieder tauchte ihr geschmeidiger Körper vor ihm auf; er glaubte, ihre Brüste fassen zu können, so wirklich war die Erscheinung. Hector atmete schwer. Es musste ein Ende haben, und es hatte ein Ende, bald schon. Benedetto würde Wort halten, das wusste er.
Auch Benedetto fand keinen Schlaf. Unruhig wälzte er sich auf seinem Lager hin und her. Er hatte nicht oft die Gelegenheit gehabt, Habibis Lager zu teilen, aber wenn, dann hatte sie ihm alles gegeben und seine Wünsche erfüllt, bevor er sie ausgesprochen hatte. Sie konnte in den Augen der Männer lesen, die bei ihr lagen, und was sie tat, tat sie aufrichtig und mit Liebe. In seinen Augen hatte sie die Sehnsucht nach Jolande gesehen, und sie hatte ihn gehalten, wie es Jolande getan hatte. Sie war eine Frau mit einem großen Herzen, aber sie war und blieb eine Hure. Und nun sollte er diese Hure zum Weib nehmen und den Bastard eines anderen Mannes großziehen.
Benedetto fühlte sich durch das Wort gebunden, das er Hector gegeben hatte, und er wusste, wenn er es brechen würde, könnte er nicht hier im Lager bleiben. Was kann ich besser ertragen, dachte er, eine Hure an meiner Seite oder die Einsamkeit? Nein, allein sein wollte er nie wieder. Es hatte ihn so viel Kraft gekostet, all die Jahre bei Gianni, immer ahnend, dass er nicht dorthin gehörte, und nun, wo er endlich angekommen war, wo er zu Hectors Familie gehörte, wollte er dieses Leben weiterführen. Vielleicht wird sich Habibi ändern, überlegte er, wenn es ihr gelingt, mich zu lieben, wird sie vielleicht auf ihre Ausschweifungen verzichten. Das Kind wird Habibi verwandeln, machte er sich weiter Mut. Sie wird Mutter sein, und das Kind wird der wichtigste Mensch in ihrem Leben sein, und die Liebhaber werden mit der Zeit verblassen. Und wenn nicht, dachte Benedetto, dann werde ich sie allesamt zum Teufel jagen. Und Habibi …
Ein Geräusch ließ ihn hochschrecken. Benedetto glitt unter seiner Decke hervor und setzte sich auf, horchte. Da war jemand an der Palisade. Lautlos schob er sich aus seinem Wagen. Mit den Augen suchte er den Lagerplatz nach etwas Ungewöhnlichem ab, aber er konnte nichts entdecken. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, jederzeit auf einen Angriff gefasst. Er griff nach seinem Messer, zu spät. Eine große Hand legte sich auf seinen Mund, drückte ihn zu Boden. Dann spürte er eine Messerspitze an der Kehle.
»Ruhig«, sagte eine tiefe Stimme. Benedetto entspannte sich und wartete darauf, dass der Angreifer ihm ins Gesicht sah. Als der Benedetto erkannte, warf er das Messer von sich und umarmte den Freund. Benedetto grinste und tippte dem nächtlichen Besucher an die Brust.
»Nwuma, du hast nachgelassen. Früher hätte ich dich nicht gehört. Aber heute hast du Krach gemacht wie ein hungriges Wildschwein.«
Der andere zuckte mit den Schultern und grinste zurück. In der Dunkelheit war von seinem Gesicht nur das Weiß der Augen und der Zähne zu sehen. Nwuma schüttelte den Kopf und zeigte auf sein rechtes Bein.
»Ich bin verletzt, Benedetto, darum bin ich hier. Es ist schwer, mit einem gebrochenen Bein keinen Krach zu machen, Bruder.«
Der Zigeuner nickte. Erst jetzt bemerkte er, dass das Bein notdürftig geschient
Weitere Kostenlose Bücher