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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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sie die Tür und ließ Gabriellas Freunde wieder zu ihr. Sie wusste, es blieb ihnen nicht mehr viel Zeit, um Abschied zu nehmen.
    Pietro Martini trat nach einem Stein und schnalzte vergnügt mit der Zunge. Er war auf dem Weg zur Kirche; der Prete hatte ihn inständig gebeten, seine Seele durch die heilige Beichte zu erleichtern. Der Stadtvogt tat nichts lieber als das. War das doch nur eine Umschreibung dafür, dass eine wichtige Persönlichkeit ihn sprechen wollte, ohne erkannt zu werden. Zufrieden sah er in die Runde. Alles war ruhig und friedlich in seinem schönen Grosseto. Der große Markt zu Pfingsten war vorbei, alle Händler und Bauern hatten sich bereits wieder auf den Heimweg gemacht.
    Martini blickte in den Himmel. Wie ein strahlend blaues Tuch breitete sich der Himmel über ihm aus; keine noch so kleine Wolke war zu sehen. Ja, der Prete. Ein Tölpel wie er, was die kleine Zigeunerhure betraf, aber äußerst geschickt in seinem Vorgehen, wenn es um Politik ging. Nun, er konnte sich denken, wer ihn da sprechen wollte, und er hatte sich seine Antworten bereits genau überlegt. Er würde Scudos fordern, viele Scudos, aber nicht zu viele. Raffgier kann tödlich sein, dachte er und versuchte, alle Gedanken an Geld aus seinem Kopf zu verdrängen. Dann zog er den schweren Ledergürtel zurecht, der seinen stattlichen Leib stützte, und betrat die Dorfkirche.
    Es genügten wenige Augenblicke, und der Vogt hatte sich an die Dunkelheit gewöhnt. Vom Altar her kam ein Geräusch. Das war der Pfarrer. Er hatte Martini entdeckt und bewegte sich nun mit wieselschnellen Schritten auf ihn zu. Beide Männer sparten sich die Begrüßung. Der Prete wies mit dem Kinn zum Beichtstuhl.
    »Es ist alles bereit«, sagte er leise und deutete eine Verbeugung an. Dann verschwand er ebenso schnell, wie er gekommen war, im Vorraum zur Sakristei. Dem Stadtvogt entfuhr ein Grunzen. Der andere war also schon da, soso. Er würde sich nicht beeilen. Gemächlich bewegte er sich zum Beichtstuhl und kniete sich davor. Im selben Moment wurde der Vorhang ein wenig zur Seite gezogen. Es war so dunkel, dass nur das Profil eines angenehm geschnittenen Gesichtes zu sehen war. Martini wartete.
    »Du bist sicher, dass sie es ist, die wir suchen?«
    »Absolut, Herr.«
    Martini bekreuzigte sich. Auf seine Kundschafter konnte er sich verlassen. Besonders dann, wenn sie so dumm waren, dass sie gar nicht merkten, wie er sie ausfragte. Dieser Scherenschleifer war ein solcher Ochse gewesen! Haarklein hatte er ihm alles berichtet. Der Mann im Beichtstuhl räusperte sich.
    »Nun … dann wirst du tun, was getan werden muss.«
    Der Vogt hörte, wie der andere aufstand und etwas Schweres auf den Boden fallen ließ. Er schnalzte mit der Zunge. Das waren Silberlinge, und wie es sich angehört hatte, war der Beutel schwer.
    »Wie beim letzten Mal«, sagte der Fremde, und seine Stimme geriet dabei zu einem Flüstern, »eine Hälfte jetzt, die andere Hälfte, wenn es vollbracht ist.«
    Martini spitzte die Ohren. Der Mann verließ den Beichtstuhl mit schnellen, harten Schritten. Die Sporen an seinen Stiefeln klingelten. Der Vogt versuchte, sich jeden Laut einzuprägen. Er wusste – was er damals getan hatte und was er nun tat, war nichts anderes als Verrat, und er konnte nicht sicher sein, dass sich das Blatt eines Tages nicht auch gegen ihn wenden würde.
    Sein Herz raste; er spürte das Blut heiß durch seine Adern jagen. Nur noch ein paar Augenblicke Geduld, mahnte er sich. Um sich abzulenken, betete er lustlos ein paar Vaterunser, dann hielt er es nicht mehr aus. Mit wenigen Schritten war er im Beichtstuhl. Und wirklich. Ein großer wildlederner Beutel lag vor der Holzbank, die dem Geistlichen gewöhnlich als Sitzplatz diente. Er wog den Beutel, öffnete ihn. Bei allen Heiligen. Das war ein Vielfaches von dem, was er hatte fordern wollen. Für einen kurzen Augenblick freute er sich, doch dann überzog eine grimmige Miene sein Gesicht. Wenn man ihm freiwillig so viele Scudos gab – und es war ja nur die erste Hälfte –, war dieses Mädchen mehr als lästig für den, der sie loswerden wollte. Und er, Martini, hatte das nicht erkannt. Der Vogt stampfte schlecht gelaunt mit dem Fuß auf. Der Fremde hatte ihn mal wieder reingelegt.
    Er dachte an die erste Begegnung mit dem Mann zurück. Viele Jahre waren seither vergangen. Als sie sich zum ersten Mal im Beichtstuhl trafen, hatte er gerade den Zehnten veruntreut. Der Auftrag des Mannes, der freimütig zugab, von

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