Das Geheimnis der Götter
Untersuchungen, die im Gange waren.
Wie üblich wurde er von Sekaris Auftauchen überrascht, dessen Begabung, sich unsichtbar zu machen, keineswegs nachgelassen hatte.
Der Wesir erhob sich.
»Ich muss dich davon unterrichten…«
»Nein, erst ich«, unterbrach ihn Sekari. »Ich habe eben ein Versteck der Aufständischen ausgemacht.«
Die beiden Männer beugten sich über eine Karte von Memphis, die der frühere Kommandeur der Sicherheitskräfte selbst angefertigt hatte. Sekaris Zeigefinger deutete auf einen Punkt.
Sobek machte ein ärgerliches Gesicht.
»Dieses verflixte Haus haben wir bestimmt zehn Mal durchsucht! Immer ohne Ergebnis.«
»Ein neuer Versuch lohnt sich auch nicht. Es käme sowieso nichts dabei raus.«
»Warum bist du dann so zuversichtlich?«
»Weil ich jetzt weiß, dass wir dumm und blind waren. Der Krauskopf versteckt sich dort sehr wohl, aber wir werden ihn nicht finden, weil unsere Vorgehensweise dafür ungeeignet ist.«
»Jetzt erzähl mir nichts von Gespenstern!«
»Nein, die Wahrheit scheint mir handfester.«
»Mach schon, erklär es mir, ich habe keine Lust auf Rätselraten.«
»Sie sind nicht im Haus, sondern darunter.«
Sobek schlug mit der Faust auf die Karte.
»Unterirdische Gänge – sie haben Gänge gegraben, in denen sie sich wie Ratten verkriechen! Da kannst du Recht haben, das wäre eine einleuchtende Erklärung.«
»Wenn wir jetzt sofort zuschlagen, könnten wir einen Teil ihres Trupps vernichten.«
»Ausgeschlossen! Meine angebliche Krankheit und die Falschmeldung von General Nesmontus Tod müssen
unweigerlich zu aufschlussreichen Unternehmungen führen. Sobald sich der Großteil der Widerständischen aus der Deckung begibt, greifen wir ein. Ich will hart zuschlagen und den Kopf der Bande bekommen.«
»Das scheint mir sehr gefährlich!«
Mit einem Mal verdüsterte sich Sobeks Miene. »Du hast sehr gute Arbeit geleistet, Sekari. Das würde ich eigentlich gern mit dir feiern, aber ich muss dir eine furchtbare Nachricht mitteilen.« Dem neuen Wesir zerriss es fast das Herz: »Iker ist tot.«
»Tot? Bist du dir da ganz sicher?«
»Leider ja. Diesmal konnte er dem Todesstoß nicht entgehen.«
Fassungslos ließ sich Sekari auf einen Stuhl sinken. Diesen Freund zu verlieren, seinen Bruder, den Gefährten seiner vielen Abenteuer, tat ihm unendlich weh.
»Tot… Wie ist er denn gestorben?«
»Er wurde ermordet.«
»In Abydos? Das kann doch nicht sein.«
»Nach dem, was der König dazu berichtet hat, ist der Prophet der Täter.«
Zu Sekaris großem Schmerz gesellte sich jetzt auch noch Entsetzen.
»Heißt das, der Prophet hat das heilige Reich von Osiris entweiht?«
»Der Pharao hat angeordnet, dass du Memphis verlässt und zu Isis in den Süden reist. Sie wird dir alles erklären, und sie braucht unbedingt deine Hilfe.«
Am liebsten hätte Sekari aufgegeben und um seine Entlassung gebeten. Den Propheten und seine Horde von Ungeheuern zu besiegen, schien schlicht unmöglich zu sein.
»Nein, Sekari, nicht du«, widersprach ihm Sobek. »Du darfst nicht aufgeben, das würde dir Iker nie verzeihen.«
Schwerfällig erhob sich Sekari wieder.
»Falls wir uns nicht Wiedersehen sollten, Wesir Sobek, weine nicht um mich. Wenn ich mich dem Gegner als unterlegen erweisen sollte, habe ich kein anderes Schicksal verdient.«
Sobek konnte einfach nicht einschlafen. Er dachte an Iker, den er so lange verdächtigt hatte, mit dem Feind gemeinsame Sache zu machen, an diesen mutigen, zuverlässigen Schreiber und dessen glanzvollen Aufstieg. Wie hätte er ahnen sollen, dass dem Königlichen Sohn in Abydos auch nur die geringste Gefahr drohte und dass es der Prophet wagen würde, mitten im Reich von Osiris zuzuschlagen?
Der Zorn übermannte ihn, am liebsten hätte er alle Sicherheitskräfte zusammengerufen und das Viertel dem Erdboden gleichgemacht, in dem sich die Aufständischen versteckten. Dann wollte er sie eigenhändig einen nach dem anderen langsam, sehr langsam erwürgen.
Würde er damit aber nicht sein Amt missbrauchen und den König verraten? Weder er noch die übrigen Mitstreiter des Pharaos durften in blinde Raserei verfallen und den Überblick verlieren. Der Prophet wartete vermutlich nur auf eine derartige Schwäche, die er sofort ausnützen würde, um die Zerstörung des Gesamtkörpers voranzutreiben.
Daran gab es keinen Zweifel: Iker, der Königliche Sohn und Einzige Freund, der erklärte Nachfolger von Sesostris, war unersetzlich.
Seit Ausbruch dieses
Weitere Kostenlose Bücher