Das Geheimnis der Götter
weiterhelfen.«
»Trotzdem.«
Zögernd gab der Oberpriester nach.
»Die Wüstenwachleute haben von harmlosen kleinen Unregelmäßigkeiten in der Nähe des Thot-Hügels berichtet. Dieser Ort ist so abgelegen, dass dort nur sehr selten jemand nachsieht, ob alles in Ordnung ist. Ein Lump soll sich eingebildet haben, er könnte dort einen Schatz finden, und hätte sich dann mit leeren Händen aus dem Staub gemacht.«
Mit einem ziemlichen genauen Plan, den ihr der Oberpriester gegeben hatte, überquerte Isis den Nil und erreichte das westliche Ufer.
Auf einmal kam ihnen die Sonne stechend vor, und die drückende Hitze bremste ihr Vorankommen.
»Seid wachsam«, mahnte Sarenput, der einen Hinterhalt befürchtete.
Als erfahrene Krieger untersuchten die Bogenschützen jede Stelle, an der sich ein Angreifer hätte verbergen können. Das Aufblitzen von Metall warnte den Mann, der das Schlusslicht bildete.
»Auf den Boden!«, schrie er, und die kleine Truppe gehorchte.
Nur die junge Frau blieb stehen und beobachtete die verdächtige Stelle.
»Legt Euch bitte hin«, flehte Sarenput, »so gebt Ihr ein nicht zu verfehlendes Ziel ab.«
»Wir haben nichts zu befürchten.«
Nachdem kein Pfeil geflogen kam, standen alle verunsichert wieder auf.
»Wir gehen hier weiter«, befahl Isis.
»Dieser Weg ist so eng und steil, dass wir im Gänsemarsch gehen müssen und nur sehr langsam vorankommen«, jammerte Sarenput.
»Ich gehe voraus.«
»Das ist viel zu gefährlich, einer meiner Männer soll vorausgehen.«
»Thots Hügel wird uns einen freundlichen Empfang bereiten.«
Der Provinzfürst beharrte nicht länger darauf. Inzwischen kannte er die Entschlossenheit der jungen Frau und wusste, dass sie nichts auf gut gemeinte Ratschläge gab. Der Weg erwies sich als schwierig und anstrengend. Das Geröll rutschte ihnen unter den Füßen weg und stürzte in die Tiefe. Zum Glück waren alle schwindelfrei.
Am Gipfel gelangten sie auf eine sonnenüberflutete Hochebene mit einem bescheidenen Heiligtum in der Mitte, dessen Mauern Brandspuren aufwiesen.
Die Soldaten waren halb verdurstet und erfrischten sich erst einmal. Isis betrat das Gebäude mit seinen rauchgeschwärzten Wänden. Bis auf ein kleines, teilweise beschädigtes Bild des Gottes Thot war der Raum leer. Mit seinem unversehrten spitzen Schnabel deutete er in ihrem Korb auf die Hieroglyphe, die »Meisterschaft« bedeutete.
Da erinnerte sich Isis an eine der wesentlichen Lehren aus Abydos: Die Macht der Götter kommt von Thot, der uns Großmut schenkt.
Trotz der verheerenden Wirkung des Feuers leuchtete das Gesicht des Ibis.
Vorsichtig berührte Isis den Schnabel des Vogels. Plötzlich verschwand ihr Korb in einer Höhle, die sich auftat. In ihrem Inneren befand sich ein kleines goldenes Zepter, das dem glich, das bei der Feier der Mysterien des Osiris verwendet wurde und für übernatürliche Kräfte zu sorgen hatte.
Die Aufständischen hatten Thots Heiligtum umsonst in Brand gesetzt.
Sarenput war überglücklich, als die Oberpriesterin von Abydos unversehrt wieder zum Vorschein kam. Er zeigte ihr ein kurzes Schwert, das in der Nähe gefunden worden war.
»Das war der Grund für das verdächtige Glitzern vorhin. Wie es aussieht, handelt es sich um eine syrische Waffe. Ich werde dem Fürsten empfehlen, die ganze Gegend hier durchkämmen zu lassen.«
»Als Erstes muss ich dem ka des Pharaos die Ehre erweisen und ihn fragen, ob diese Provinz eine andere Opfergabe für uns bereithält.«
Der Prozessionsweg zum Tempel von Deir el-Bahri war mit Statuen des Sesostris mit über dem Lendenschurz gekreuzten Händen gesäumt.
Bei der Verehrung ihres Vaters trat seine Tochter mit ihm in Verbindung. Unabhängig davon, welche Entfernung zwischen ihnen lag, konnten sie sich ihre Gedanken mitteilen. Sie befragte ihn und erhielt eindeutige Antworten. Ja, sie sollte ihre Suche fortsetzen, ihre Enttäuschung überwinden und vor keinem Hindernis zurückschrecken. Ja, Iker lebte noch, seine Seele schwebte zwischen Himmel und Erde und war noch nicht endgültig im Jenseits.
Sie erinnerte sich an das »Schöne Talfest«, das hier gefeiert wurde, bei dem Verstorbene und Lebende gemeinsam ein Festmahl in den Grabkapellen begingen. Viele Jahre lang hatte die Statue des Amun Karnak auf einem königlichen Schiff verlassen und den Nil überquert. Am Westufer, im Land des Lebens, verlieh sie dann den dortigen Tempeln der Millionen Jahre neue Kräfte. Nachts beleuchtete man die Totenstädte
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