Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
beiden anderen davor stehen, bis Jiriki wieder herauskam und ihnen zuwinkte.
»Bitte habt Verständnis dafür, dass meine Mutter die Gebote der Höflichkeit vielleicht manchmal ein wenig vernachlässigt«, flüsterte der Prinz ihnen zu. »Wir trauern um meinen Vater und um Erste Großmutter.« Er führte sie in den umspannten Raum. Das Gras war trocken, der Schnee weggefegt. »Ich bringe Euch Graf Eolair von Nad Mullach«, sagte er, »Isorn Isgrimnurssohn von Elvritshalla und Ule Frekkessohn von Skoggey.«
Die Sitha blickte auf. Sie saß auf einer Decke aus hellem, blauschimmerndem Stoff, umgeben von Vögeln, die sie gerade gefüttert hatte. Trotz der weichen, gefiederten Körper auf ihren Knien und Armen hatte Eolair sofort den Eindruck, dass er einem Wesen gegenüberstand, das so hart war wie Stahl. Sie hatte flammendrotes Haar, über der Stirn mit einem grauen Schal umwunden. In den Zöpfen hingen ein paar lange, rußfarbene Federn. Wie Jiriki trug sie eine Rüstung, die aus Holz zu bestehen schien, aber ihre war glänzend schwarz wie ein Käferpanzer. Darunter waren ein taubengraues Wams und weiche, bis über die Knie reichende Stiefel in derselben Farbe zu sehen. Ihre Augen leuchteten, ganz wie die ihres Sohnes, wie geschmolzenes Gold.
»Likimeya y’Briseyu no’e-Sa’onserei«, verkündete Jiriki mit lauter Stimme. »Königin der Kinder der Morgendämmerung und Herrin des Hauses der Tanzenden Jahre.«
Eolair und seine Gefährten beugten das Knie.
»Bitte erhebt Euch.« Sie sprach mit einem kehligen Murmeln und schien die Menschensprache weniger gut zu beherrschen als Jiriki.»Dies ist Euer Land, Graf Eolair, und die Zida’ya sind nur Gäste hier. Wir sind gekommen, unsere Schuld einzulösen.«
»Ihr ehrt uns, Königin Likimeya.«
Sie winkte mit der Hand. Ihre Fingernägel waren lang. »Nennt mich nicht ›Königin‹. Es ist ein Titel, von dem wir nur bei ganz bestimmten Gelegenheiten Gebrauch machen.« Sie musterte Eolair, der sich mit seinen Begleitern erhob, mit hochgezogenen Brauen. »Wisst Ihr, Graf Eolair, dass es eine alte Geschichte darüber gibt, dass im Haus von Nad Mullach einst Sithiblut floss.«
Der Graf war einen Augenblick verwirrt, weil er dachte, sie spiele auf ein Unrecht an, das den Sithi vielleicht einmal in der Burg seiner Vorfahren zugefügt worden sei. Als er begriff, was sie wirklich meinte, erschrak er und bekam eine Gänsehaut. »Eine alte Geschichte?« Er hatte das Gefühl, sein Kopf löse sich von den Schultern. »Verzeiht mir, Herrin, ich weiß nicht, ob ich Euch recht verstehe. Wollt Ihr sagen, dass meine Ahnen Sithiblut in den Adern hatten?«
Likimeya lächelte – ein rasches, wildes Aufblitzen der Zähne. »Wie gesagt, es ist nur eine alte Geschichte.«
»Und wissen die Sithi, ob etwas Wahres daran ist?« Spielte sie ein Spiel mit ihm?
Sie bewegte die Finger. Eine Wolke von Vögeln stob auf und flog in die Zweige über ihr, sodass die schwirrenden Flügel sie einen Moment verdeckten. »Vor langer Zeit, als Menschen und Zida’ya einander näherstanden …« Sie machte eine seltsame Gebärde. »Es könnte sein. Wir wissen, dass es möglich ist.«
Eolair fühlte sich jetzt entschieden auf unsicherem Boden und merkte überrascht, wie schnell seine diplomatische und staatsmännische Gewandtheit ihn im Stich ließ. »Das heißt, es ist vorgekommen? Das Schöne Volk hat sich mit Sterblichen … vermischt?«
Likimeya schien das Interesse am Thema zu verlieren. »Ja. Aber es ist schon lange her.« Sie gab Jiriki ein Zeichen. Er brachte weitere schimmernde Seidentücher, breitete sie vor dem Grafen und seinen Begleitern aus und lud sie ein, Platz zu nehmen. »Es ist schön, wieder auf dem M’yin Azoshai zu sein.«
»So nennen wir diesen Hügel«, erläuterte Jiriki. »Shi’iki und Sendituhaben ihn Hern geschenkt. Er war für unser Volk das, was Ihr einen heiligen Ort nennen würdet. Dass er einem Sterblichen überlassen wurde, um sich dort anzusiedeln, ist ein Beweis der Freundschaft zwischen Herns Volk und den Kindern der Morgendämmerung.«
»Bei uns gibt es eine Legende, die ungefähr das Gleiche erzählt«, meinte Eolair. »Ich habe mich oft gefragt, ob sie wahr ist.«
»Die meisten Legenden haben einen wahren Kern«, bemerkte Jiriki lächelnd.
Likimeya hatte die hellen Katzenaugen von Eolair abgewendet und betrachtete nun seine beiden Kameraden, die sich unter dem Gewicht ihres Blickes beinahe zu ducken schienen. »Und Ihr seid Rimmersmänner«, sagte sie und
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