Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
einberufe.«
Vara lächelte befriedigt.
»Ich bin einverstanden«, erklärte Geloë. »Trotzdem gibt es noch vieles, das wir nicht …«
Sie brach ab, als Simon in der Türöffnung erschien. Als er nicht gleich eintrat, winkte Josua ihm ungeduldig zu.
»Kommt herein, Simon. Wir sprechen gerade über eine seltsame Botschaft und einen vielleicht noch seltsameren Boten.«
Simon fuhr zusammen. »Einen Boten?«
»Man hat uns einen Brief geschickt, vielleicht aus Nabban. Aber kommt doch herein. Habt Ihr ein Anliegen?«
Der hochgewachsene junge Mann schluckte. »Vielleicht ist die Zeit jetzt nicht günstig.«
»Ich kann Euch versichern«, bemerkte Josua trocken, »dass Ihr mich um nichts bitten werdet, das im Vergleich zu den Schwierigkeiten, auf die ich heute bereits gestoßen bin, nicht eine Kleinigkeit wäre.«
Simon schien immer noch zu zögern. »Nun …«, sagte er und trat in das Zelt. Jemand folgte ihm.
»Gesegnete Elysia, Mutter unseres Erlösers«, murmelte Strangyeard mit seltsam erstickter Stimme.
»Nein. Meine Mutter nannte mich Aditu«, erwiderte Simons Begleiterin. So fließend sie sprach, hatte ihr Westerling doch einen eigentümlichen Akzent. Man konnte schwer sagen, ob ihre Worte spöttisch oder ernstgemeint waren.
Sie war schlank wie eine Lanze, mit hungrigen goldenen Augen und einer großen, schäumenden Woge schneeweißer Haare, die ein graues Band zusammenhielt. Auch ihre Kleidung war weiß, sodass sie in dem dämmrigen Zelt beinah zu leuchten schien, als sei ein kleines Stück Wintersonne zur Tür hereingerollt.
»Aditu ist die Schwester meines Freundes Jiriki«, sagte Simon und fügte unnötigerweise hinzu: »Sie ist eine Sitha.«
»Beim Baum«, flüsterte Josua, »beim heiligen Baum .«
Aditu lachte, ein plätscherndes, melodisches Geräusch. »Sind diese Worte, die Ihr sagt, Zaubersprüche, die mich bannen sollen? Falls ja, scheinen sie keine Wirkung zu haben.«
Die Zauberfrau erhob sich. Auf ihrem verwitterten Gesicht wechselte eine undurchschaubare Mischung von Gefühlen. »Willkommen, Kind der Morgendämmerung«, grüßte sie langsam. »Ich bin Geloë.«
Aditu lächelte, aber sanft. »Ich weiß, wer Ihr seid. Erste Großmutter sprach von Euch.«
Geloë streckte die Hand aus, als wollte sie die Erscheinung berühren. »Amerasu war mir lieb, obgleich ich ihr nie von Angesicht zu Angesicht begegnet bin. Als ich von Simon hörte, was geschehen ist …« Überraschend stiegen ihr Tränen in die Augen und zitterten an ihren Wimpern. »Man wird sie vermissen, Eure Erste Großmutter.«
Aditu neigte kurz den Kopf. »Man vermisst sie sehr. Die ganze Welt trauert um sie.«
Josua trat vor. »Verzeiht meine Unhöflichkeit, Aditu.« Er sprach den Namen sorgfältig aus. »Ich bin Josua, dies sind meine Gemahlin, die Herrin Vara, und Vater Strangyeard.« Er strich sich mit der Handüber die Augen. »Können wir Euch etwas zu essen oder zu trinken anbieten?«
Aditu verbeugte sich. »Vielen Dank, aber ich habe erst vor Tagesanbruch aus Eurer Quelle getrunken und bin auch nicht hungrig. Ich bringe eine Botschaft von meiner Mutter Likimeya, Herrin des Hauses der Tanzenden Jahre. Vielleicht möchtet Ihr sie hören.«
»Natürlich.« Josua konnte die Augen kaum von ihr abwenden. Hinter ihm starrte auch Vara den Ankömmling an, wenn auch mit anderem Ausdruck als der Prinz. »Natürlich«, wiederholte er. »Bitte nehmt doch Platz.«
Die Sitha sank in einer einzigen Bewegung, leicht wie Distelflaum, zu Boden. »Seid Ihr sicher, dass die Zeit günstig ist, Prinz Josua?«, fragte sie unbefangen. »Ihr seht nicht gut aus.«
»Es war ein ungewöhnlicher Morgen«, erwiderte der Prinz.
»Das heißt, sie sind bereits nach Hernystir geritten?«, fragte Josua nachdenklich. »Das sind in der Tat unerwartete Neuigkeiten.«
»Ihr scheint nicht erfreut«, bemerkte Aditu.
»Wir hatten selbst auf die Hilfe der Sithi gehofft – obwohl wir nicht damit rechneten oder sie auch nur zu verdienen glaubten.« Die Miene des Prinzen verdunkelte sich. »Ich weiß, dass Ihr keinen Anlass hattet, meinen Vater zu lieben, und deshalb auch keinen Grund, meinem Volk oder mir Zuneigung entgegenzubringen. Trotzdem freue ich mich, dass die Hernystiri den Klang der Sithihörner hören werden. Ich hätte gern mehr für Lluths Volk getan.«
Aditu reckte die Arme über den Kopf, eine merkwürdig kindliche Gebärde, die zum Ernst des Gesprächs nicht recht passen wollte. »Das hätten wir auch. Aber wir haben seit langer Zeit jede
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